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Dillingen: Im Prozess wegen des toten Dreijährigen in Dillingen sagen Soldaten aus

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Im Prozess wegen des toten Dreijährigen in Dillingen sagen Soldaten aus

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    Blick in das Strafjustizzentrum Augsburg. Dort befindet sich auch das Landgericht, wo der Fall des toten Buben aus Dillingen verhandelt wird.
    Blick in das Strafjustizzentrum Augsburg. Dort befindet sich auch das Landgericht, wo der Fall des toten Buben aus Dillingen verhandelt wird. Foto: Silvio Wyszengrad (Symbol)

    Hätte der 24-jährige Soldat aus der Dillinger Kaserne aufgrund seiner soldatischen Ausbildung einen anderen Menschen, ein kleines Kind, bewusst verletzen, gar töten können? Auch diese Frage stellte sich am sechsten Verhandlungstag im Verfahren um einen toten dreijährigen Buben aus Dillingen vor dem Augsburger Landgericht. Dort muss sich besagter 24-jähriger Hauptgefreiter verantworten.

    Ihm wird vorgeworfen, den Sohn seiner Lebensgefährtin im Oktober 2019 in der gemeinsamen Wohnung so schwer verletzt zu haben, dass das Kind starb. Ein halbes Dutzend Zeugen aus dem beruflichen Umfeld des Angeklagten als Soldat der 4. Kompanie in Dillingen wurden jetzt vom Gericht angehört.

    Ein 48-jähriger Berufssoldat berichtete von der Selbstverteidigungsausbildung, an der der Angeklagte bei ihm teilgenommen hatte. Dabei stellte er auf Nachfrage klar, dass diese militärische Selbstverteidigung prinzipiell defensiv angelegt sei. Es gehe darum, Angriffe auf die eigene Person abzuwehren, wobei ein Hauptaugenmerk auf Aktionen gegen Augen, Ohren, Nase und die Geschlechtsteile eines Aggressors liege. Aktive Angriffs- oder Tötungstechniken seien nicht Bestandteil dieser Ausbildung. Den Angeklagten schätzte der Ausbilder in Hinsicht auf dessen Selbstverteidigungsfähigkeiten damals als „Anfänger“ ein.

    Prozess um toten Dreijährigen: Bundeswehr-Psychologen sprachen mit Angeklagtem

    Ein 39-jähriger Offizier und Vorgesetzter des Angeklagten berichtete dem Gericht von dem bundeswehrinternen Prozedere, dem der Angeklagte neben den „zivilen“ Ermittlungen unterzogen worden war. So habe es einige Wochen nach dem 21. Oktober 2019, als der dreijährige Sohn der Lebensgefährtin des Angeklagten gestorben war, ein Gespräch zwischen ihm, dem Offizier, und dem Angeklagten gegeben. Es sei bis dahin zur Bundeswehr durchgesickert, dass gegen den Hauptgefreiten als Verdächtigen in besagtem Todesfall ermittelt werde. Dies sei auch von ihm, dem Zeugen, für die Bundeswehr abgefragt worden, nachdem die Kriminalpolizei Entsprechendes bestätigt hatte. Der Offizier beschrieb den Angeklagten als ruhige, unauffällige, gut integrierte Person, der die Struktur bei der Bundeswehr gutzutun schien. Anders, als es über seine privaten Lebensumstände zu hören gewesen sei, seien die Stube und der Spind des Angeklagten bei der Bundeswehr in vorbildlicher Ordnung gewesen. Der Offizier berichtet, dass mit dem Angeklagten nach dem Vorfall zweimal von Psychologen der Bundeswehr gesprochen worden sei. Aus seinem eigenen Gespräch mit dem Angeklagten erinnerte sich der Offizier, dass man sich darüber unterhalten habe, ob der später verstorbene Bub etwa bei einer Rangelei mit seiner Schwester oder mit dem Angeklagten gestürzt sei. Das sei nicht der Fall gewesen, habe er zur Antwort erhalten. Auch hätten weder der Angeklagte noch die Kindsmutter die beiden kleinen Kinder aus Erziehungsgründen körperlich gezüchtigt. Bis auf Zigarettenpausen des 24-Jährigen vor der Wohnung seien die Kinder am Vortag des Todes nicht unbeaufsichtigt gewesen, auch sei niemand in der Wohnung zu Besuch gewesen, sei ihm gesagt worden, so der Zeuge. Was die Zukunft des Angeklagten bei der Bundeswehr anbelangt, könne es eine solche wohl nur im Falle eines Freispruchs aufgrund erwiesener Unschuld in dem laufenden Totschlags-Verfahren geben, vermutete sein Dienstvorgesetzter.

    Mehrere der Soldaten berichteten im Zeugenstand davon, gehört zu haben, dass es bei dem Dreijährigen Magen-Darm-Probleme gegeben haben soll. Gesehen hatte den Angeklagten mit dem Kind niemand jemals.

    Der Dreijährige aus Dillingen starb trotz Reanimation

    „Supertyp“, freundlich, hilfsbereit, ruhig, guter Kamerad – durchweg positiv fielen die Beschreibungen aus, die die Soldaten als Zeugen vor Gericht über den Angeklagten abgaben. Seine Beziehung zu der Mutter der Kinder sei bekannt gewesen, und dass deren beide Kinder ein großes Glück für den 24-Jährigen gewesen seien. Über das, was am 20. Oktober 2019 vorgefallen sei, hatten die Zeugen zum Teil selbst mit dem Angeklagten gesprochen, zum Teil davon von Dritten erfahren. Immer wieder wurde berichtet, dass der dreijährige Bub am Nachmittag nach dem Mittagsschlaf irgendwann aufgehört hätte, zu atmen.

    Trotz Reanimation durch die Notärzte starb das Kind wenige Stunden später an seinen Verletzungen. Der heute 24-jährige ehemalige Lebensgefährte der 22-jährigen Kindsmutter wird verdächtigt, dem Kind die Verletzungen durch Schläge oder durch heftiges Schütteln beigebracht zu haben. Der Angeklagte selbst schweigt bislang vor Gericht. Das Verfahren wird fortgesetzt.

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