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Dillingen: Geheimer Gang: So sieht es unter Dillingen aus

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Geheimer Gang: So sieht es unter Dillingen aus

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    Hier kommt in der Regel kein Mensch hin – in den unterirdischen Gang beim Dillinger Schloss. Vermutlich wurde er um das Jahr 1500 errichtet. Der Gang ist gut 50 Meter lang, durchschnittlich 4,50 Meter breit und etwa 4,70 Meter hoch.
    Hier kommt in der Regel kein Mensch hin – in den unterirdischen Gang beim Dillinger Schloss. Vermutlich wurde er um das Jahr 1500 errichtet. Der Gang ist gut 50 Meter lang, durchschnittlich 4,50 Meter breit und etwa 4,70 Meter hoch. Foto: Jan Koenen, Stadtverwaltung Dillingen

    Die meisten Besucher des Dillinger Schlossgartens laufen an diesem Turm vermutlich achtlos vorüber. Warum auch anders? Nur die Spitze des Bauwerks ragt über die Schlossmauer, und die Tür ist ja auch verschlossen. Der Geschäftsstellenleiter des Dillinger Finanzamts, Karl-Georg Deininger, hat sie aber jetzt für unsere Serie „Geheime Orte“ geöffnet.

    34 Stufen in einen Gang unter Dillingen

    Hier im Turm geht es 34 Stufen auf einer Wendeltreppe hinunter zum unterirdischen Gewölbe.
    Hier im Turm geht es 34 Stufen auf einer Wendeltreppe hinunter zum unterirdischen Gewölbe. Foto: Veh

    Und dieser Ort hat in der Tat etwas Geheimnisvolles. Im Turm führen 34 Treppenstufen nach unten. Der Gang auf dieser Wendeltreppe hat meditativen Charakter. Während oben eine drückende Schwüle herrscht, empfängt einen drunten eine angenehme Kühle. Und ein unterirdischer Gang, der einen gedanklich in einen Mittelalter-Historienfilm versetzt. Was im Himmel mag da alles passiert sein? Und für was brauchte es diesen mehr als 50 Meter langen, viereinhalb Meter breiten und 4,70 Meter hohen Gang? Karl-Georg Deininger zuckt mit den Schultern. Er weiß, dass dieses Gewölbe im ehemaligen Schlossgraben errichtet wurde.

    Stadtarchivarin Felicitas Söhner hat für unsere Zeitung recherchiert und ist dabei als Quelle auf das Jahrbuch des Historischen Vereins von 1898 gestoßen. Demnach war dieses Verlies lange Zeit aus dem Bewusstsein der Dillinger gewichen. Dieser unterirdische Gang wurde erst 1828/29 wiederentdeckt, als man den sogenannten kleinen Donaukanal der Stadt reguliert hat. Zu diesem Zweck wurden die Erde und der Schutt, der seit langer Zeit dort gelagert hatte, wieder weggeräumt – und der unterirdische Gang kam zum Vorschein. Söhner sagt: „Zunächst hielt man dieses Bauwerk für römisch, doch gibt es keine Beweise dafür.“ Die Seitenwände sind, wie die Pfeiler, aus großen Bruchsteinen gemauert, das Gewölbe selbst wurde aus Backsteinen hergestellt. Die Stadtarchivarin erklärt, dass der Turm mit seiner Wendeltreppe, über den das Gewölbe zugänglich ist, ein spätmittelalterlicher Bau ist. „Es ist wohl eine Bauzeit um 1500 zu vermuten“, sagt die Expertin.

    Ein verdecktes Fluchtgewölbe?

    Aber wofür brauchte man denn dieses Gewölbe? Darüber gibt es verschiedene Ansichten. So könnte das Bauwerk ein verdecktes Fluchtgewölbe für Fußgänger und Reiter gewesen sein. Andere Historiker vermuten, wie Söhner erklärt, dass dieses gesicherte, kellerartige Gewölbe zum Verstecken von Personen, Waffen und Vorräten jeder Art diente.

    Die Finanzamts-Geschäftsstellenleiter Karl-Georg Deininger und Isolde Saur gewährten Einblicke in den Schlossgang.
    Die Finanzamts-Geschäftsstellenleiter Karl-Georg Deininger und Isolde Saur gewährten Einblicke in den Schlossgang. Foto: Veh

    Das Jahrbuch des Historischen Vereins nennt weitere Details: Das Schlossterrain liegt gegen Süden zwölfeinhalb Meter höher als die Vorstadt. Das Gewölbe konnte in der Mitte seiner Länge durch ein Tor geschlossen werden. Und inmitten seiner nördlichen Stirnwand in Richtung der Mälzerei der Hofbrauerei fand man in etwa zweieinhalb Metern Höhe eine Türöffnung, ausgespart als Zugang zu einem unterirdischen Gang, „der so schmal und niedrig ist, dass man ihn nur gebückt passieren kann“. Der große Gang hat mehrere Seitennischen, in deren Decke ein nach oben gehendes, ins Freie mündende Loch ausgespart ist. Dies könnte zum Rauchabzug, zur Luftzufuhr oder zum Hinablassen von Gegenständen gedient haben. Bei der Besichtigung kommen einem sofort Ideen, wie man denn dieses Verlies nutzen könnte. Mit einer Bar etwa oder einem Café.

    Gang ist für nichts zu gebrauchen

    Doch Deininger winkt sofort ab. Es gebe dort kein Wasser, keinen Kanal und nicht ausreichend Strom. „Der Gang ist für nichts zu gebrauchen“, sagt der Geschäftsstellenleiter. Vor etwa vier Jahren wurde das Gewölbe „überarbeitet“ und mit einer Beleuchtung versehen. Eine Führung zu diesem geheimen Ort ist aber nicht möglich, sagt Deininger auf Anfrage. Denn außer der Treppe, die alles andere als komfortabel ist, gebe es im Ernstfall keinen Fluchtweg.

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