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Dillingen: Feucht-fröhlicher Abend landet vor Gericht

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Feucht-fröhlicher Abend landet vor Gericht

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    Bierpong ist ein beliebtes Trinkspiel. Dabei wirft man mit Tischtennisbällen auf Becher. Trifft man den Becher des gegnerischen Teams, muss das einen Becher leer trinken. Gewonnen hat das Team, das zum Schluss noch Becher stehen hat.
    Bierpong ist ein beliebtes Trinkspiel. Dabei wirft man mit Tischtennisbällen auf Becher. Trifft man den Becher des gegnerischen Teams, muss das einen Becher leer trinken. Gewonnen hat das Team, das zum Schluss noch Becher stehen hat. Foto: Mirko/stock.adobe.com (Symbol)

    Wer das Spiel „Bierpong“ kennt, weiß, dass es dabei in erster Linie darum geht, den Alkoholpegel in die Höhe zu treiben. Man wirft mit Tischtennisbällen auf Becher, trifft man, muss der Spielpartner einen davon austrinken. Es ist ein beliebtes Partyspiel, das relativ schnell für gute Laune sorgt. So war es auch in der Nacht vom 4. auf den 5. Januar dieses Jahres in einer Wohnung im Landkreis Dillingen. Zwei Frauen und zwei Männer brachten sich durch eine Partie „Bierpong“ mit Sekt in Stimmung. Man näherte sich an, küsste sich untereinander, offenbar auch über Kreuz. Einer der Männer wollte mehr, während eine der Frauen plötzlich überhaupt keine Lust mehr auf Zärtlichkeiten hatte. Diesem Willen widersetzte sich der 31-Jährige. So sehr, dass er sich nun wegen schwerer sexueller Nötigung vor dem Dillinger Amtsgericht verantworten musste.

    Mit Faustschlägen auf die Matratze soll er sie eingeschüchtert haben

    Die Frau, eine 24-Jährige, und der Mann, beide aus dem Landkreis, kannten sich zunächst nur über das Internet. Über Wochen schrieben sie sich immer wieder. Eines Abends wollte der 31-Jährige bei der Bekanntschaft vorbeischauen. Die Frau war einverstanden, auch damit, dass ihr unbekannter Chatpartner einen Freund mit in ihre Wohnung bringt. „Ich hatte ein ungutes Gefühl“, sagt sie vor Gericht. „Aber ich dachte, es kann nichts passieren.“ An jenem Abend trank sie zu Hause mit zwei Freundinnen. Eine von ihnen war bei Ankunft der Männer alkoholbedingt bereits außer Gefecht – sie übergab sich und legte sich in die leere Badewanne. Die verbliebenen vier spielten „Bierpong“ in der Küche. Die zunächst Fremden kamen sich näher, küssten sich.

    „Zuerst habe ich es erwidert“, sagt sie. „Dann habe ich mich geekelt.“ Sie wandte sich von ihm ab, wollte ihm deutlich machen, dass sie keine weitere Annäherung möchte. Dieses Signal kam bei dem 31-Jährigen offenbar nicht an. Er versuchte weiter, Zärtlichkeiten mit der Frau auszutauschen. Diese flüchtete ins Schlafzimmer, wo auch ihr kleiner Sohn schlief. „Mir wurde es zu viel“, sagt sie. Weinend setzte sie sich auf die Bettkante. Doch der Mann folgte ihr. Er soll, so die Anklage, sich auf dem Bett über die 24-Jährige gekniet, ihre Handgelenke festgehalten, sie gegen ihren Willen am Hals geküsst, über dem Oberteil an der Brust und am Gesäß berührt sowie mit der Faust mehrfach auf die Matratze, neben den Kopf der Frau, geschlagen und sie dadurch eingeschüchtert haben.

    Der Angeklagte streitet die Vorwürfe zunächst ab

    Im Prozess streitet der Angeklagte die Vorwürfe zunächst ab. „Ein paar Punkte stimmen gar nicht“, sagt der Mann, der mit Camouflage-Hose und Trainingsjacke vor Gericht erscheint und eine der Zeuginnen als „Kleine“ bezeichnet. Er berichtet von einvernehmlichen Küssen in der Küche. Was im Schlafzimmer passierte, wisse er alkoholbedingt nicht mehr genau. Er habe jedoch nichts gegen den Willen der Frau getan. Deshalb habe er sich auch nicht erklären können, weshalb eine Freundin der 24-Jährigen die Polizei rief, die den Mann nahe der Wohnung stoppte. Ein späterer Bluttest ergab bei ihm einen Alkoholwert von knapp 1,8 Promille.

    Im Prozess bezeichnet der Angeklagte den Fall als „lächerlich“. „Ich hätte nie gedacht, dass so etwas vor Gericht landet.“ Erst nach einem Gespräch zwischen Schöffengericht, Rechtsanwälten und Staatsanwältin räumt Verteidiger Florian Engert die Vorwürfe im Namen seines Mandanten weitestgehend ein. Ein Einlenken, das den Angeklagten wohl vor einer empfindlichen Strafe bewahrt. Das Opfer revidiert in seiner Aussage zudem den Vorwurf, am Gesäß berührt worden zu sein. Es sei eher die Hüfte gewesen. Die Frau habe sich jedoch minutenlang, während der Mann über ihr kniete, hilflos gefühlt. Er habe sie bedrängt, habe immer wieder gesagt, dass er eigentlich nicht nur das Eine wolle, aber heute Nacht …

    "Ich hatte ein ekelhaftes Gefühl und dachte, ich kann es abwaschen"

    Die Frau schrie schließlich, um sich Gehör zu verschaffen. Ihre Freundin kam, zog den Mann von ihr und rief die Polizei, woraufhin der 31-Jährige und sein Freund, der mit der Angelegenheit nichts zu tun hatte, die Wohnung verließen. Die 24-Jährige sackte daraufhin weinend in einer Ecke ihres Bades zusammen. Sie empfand das Bedürfnis, sich zu duschen. „Ich hatte ein ekelhaftes Gefühl und dachte, ich kann es abwaschen.“ Auf die Frage, wie es ihr heute geht, sagt sie: „Das macht etwas kaputt in einem.“

    Das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Patrick Hecken muss schließlich entscheiden, ob eine Bewährungsstrafe für den Mann ausreicht, der bereits drei Mal von einem Gericht verurteilt worden ist, unter anderem wegen Körperverletzung, Bedrohung und Beleidigung. In diesem Fall kommt der 31-Jährige um eine Haftstrafe herum. Hecken verkündet eine Bewährungsstrafe von einem Jahr. Zudem muss der Angeklagte 1500 Euro an den Weißen Ring zahlen. Zugunsten des Angeklagten wertet das Gericht laut Hecken, dass es sich um eine „missverständliche Situation“ gehandelt habe. Die Einladung nach Hause sowie der Verlauf des Abends habe bei dem Mann Erwartungen geweckt. Auch seien die sexuellen Handlungen „am unteren Rand“ anzusehen. Auch wenn diese Umstände die Tat in keiner Weise rechtfertigen würden, betont der Richter mehrfach. Das Urteil ist rechtskräftig.

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