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Dillingen: Die Zwei von der Sicherheitswacht Dillingen

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Die Zwei von der Sicherheitswacht Dillingen

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    Annette Märkl-Schwenkreis und Markus Schretzmayr gehören zum Team der Sicherheitswacht.
    Annette Märkl-Schwenkreis und Markus Schretzmayr gehören zum Team der Sicherheitswacht. Foto: Homann

    Es ist eine etwas andere Tour durch den Landkreis Dillingen. Bekannte Plätze gehören dazu, aber auch Hinterhöfe, dunkle Winkel, vermeintlich verlassene Ecken. Markus Schretzmayr und Annette Märkl-Schwenkreis setzen sich bei der Dillinger Polizei in einen Golf. Die beiden gehören zum Team Dillinger Sicherheitswacht. Los geht’s.

    Erster Stopp um 19.30 Uhr ist der Lauinger Auwaldsee. Am Haus der Wasserwacht sitzen ein paar Männer um eine Wasserpfeife herum. Daneben steigt noch ein älterer Herr zum Schwimmen ins Wasser. Schretzmayr, die Hände immer locker in den Hosentaschen, das Kreuz aufrecht, wünscht der Gruppe einen schönen Abend und fragt, wo alle herkommen. „Wittislingen, Gundelfingen, Dillingen“, zählen die Männer, die auf Decken sitzen, auf. „Habt einen schönen Abend zusammen, aber nehmt alles wieder mit und hinterlasst den Platz sauber“, erwidert Schretzmayr und geht. Das uniformierte Duo schlendert weiter Richtung Kiosk. „Wir gehen an öffentlichen Plätzen Streife“, erklärt der 52-Jährige unterwegs. Man zeige Präsenz, suche das Gespräch mit den Menschen, arbeite präventiv. Wenn das Team etwas Verbotenes sieht, wird die Polizei verständigt.

    Junge Männer mit Alkohol in Lauingen

    Nächster Stopp: Segrépromenade. Dort ist sehr viel mehr los. Zwischen den Garagen stehen ein paar junge Männer um ihre Autos herum. Wieder wünscht Schretzmayr einen schönen Abend. „Seid ihr alle aus Lauingen? Seht ihr, dass ihr Garagen zuparkt?“ „Kein Problem“, sagt ein junger Mann Anfang 20 lässig, „wenn jemand kommt, fahren wir weg.“ Damit ist der Uniformierte einverstanden. Alle wünschen sich einen schönen Abend.

    Auf der Treppe hinab zur Donau sitzen Männer mit Bier in der Hand. Auch sie werden gebeten, ihren Müll mitzunehmen – und wünschen dem Duo in Dunkelblau dann sogar noch eine „angenehme Schicht“. Da treffen sich ein paar Heranwachsende mit Rollern, der Kies staubt. „Was war denn das?“, fragt Schretzmayr, „etwas übermütig?“. Die Jugendlichen grinsen. „Nur ein bisschen angeben – da waren ein paar Mädchen.“ „Stellt’s mir ja nix an“, sagt Schretzmayr, immer noch die Hände in den Hosentaschen und dreht ab. Die Gruppe lacht.

    Corona: Abstandsregelungen machen es schwerer

    Als die Abstandsregeln wegen der Corona-Pandemie noch streng waren, seien die Touren anstrengender gewesen, erzählt Schretzmayr. Das Team musste sich dauernd auf dem Laufenden halten, was gerade erlaubt ist und was nicht. Derweil trafen sich Grüppchen illegal hinter Büschen, es gab wortreiche Auseinandersetzungen und nicht immer ein Einsehen. „Aber irgendwo müssen die Jugendlichen ja hin.“

    Annette Märkl-Schwenkreis ist froh, dass das Treffen in Gruppen jetzt wieder erlaubt ist. Beide sind Eltern. Beide wissen, wie es ist, wenn man nachts bangt, wenn der eigene Nachwuchs noch unterwegs ist. Deswegen sind beide dabei. Märkl-Schwenkreis, Mutter von drei Kindern, hat sich im Oktober dazu entschieden. 40 Unterrichtsstunden und eine kleine Prüfung später gehörte sie zum Team. Ihr Kollege ist von Anfang an, seit 1997 dabei. Vieles habe sich seitdem verändert. Die Uniform helfe, ernst genommen zu werden. Das Miteinander mit den Kollegen der Polizei sei richtig gut geworden. Vor allem aber der Respekt der Bevölkerung. „Die jungen Leute wachsen inzwischen mit uns auf, das hilft.“

    Die Dillinger Sicherheitswacht ist in den Städten Lauingen, Gundelfingen, Höchstädt, Wertingen und Dillingen unterwegs. Jeden Tag irgendwo. Dafür gibt’s acht Euro pro Stunde, eine Aufwandsentschädigung. Die Mitglieder können Personalien aufnehmen und Platzverweise erteilen. Auch Firmen können um einen Besuch der Sicherheitswacht bitten, wenn es etwa abends in ihren Tiefgaragen rund geht. Und teils bittet die Polizei auch die Kollegen um Unterstützung, zum Beispiel bei Lärmbelästigung. „Wir dürfen keine Wohnung betreten, aber wenn ein öffentlicher Parkplatz beschallt wird, dann können wir schon mal das Gespräch suchen. Manchmal reicht das ja“, erklärt Schretzmayr.

    Kritisch seien Situationen mit Menschen, die Alkohol oder Drogen konsumiert haben. „Manch einer weiß dann nicht mehr, was er tut. Aber bislang haben wir alles gemeistert, ohne dass jemand verletzt wurde“, sagt der Erfahrene. „Wir sollen ja deeskalieren.“ Die beiden 52-Jährigen haben jeweils Vollzeitjobs. Manchmal sei es anstrengend, nach einem acht-, neun Stunden Tag noch rund drei Stunden auf Tour zu gehen, sagen beide. Doch mit etwas Kaffee halte man gut durch. Wenn einer müde oder gestresst sei, gleiche der andere das aus. Ein Mal im Monat findet eine Dienstbesprechung mit den Kollegen statt. Dann gibt es auch eine Sporteinheit. Jetzt zwar mit viel Corona-Abstand, aber immer noch mit viel Spaß, sagt die Dillingerin begeistert.

    Brennpunkte im Landkreis Dillingen

    Wilde Kerle, keine 14, haben sich hinter der Lauinger Stadthalle versammelt und rangeln miteinander. Ihr Stimmen locken die beiden Uniformierten an. „Gibt’s Probleme?“, fragt Schretzmayr. „Nein, nein, wir kennen uns alle seit der ersten Klasse, wir machen nur Spaß“, sagt ein Jugendlicher. „Bitte hinterlasst’s keinen Müll“, entgegnet der Uniformierte. Das kann quasi gar nicht passieren, sagt einer der Jungs: „Wir verpetzen jeden an den Hausmeister, der seinen Dreck nicht wegräumt.“ „Alles klar“, sagt er und lacht, „den kenn’ ich.“

    Seit die Sicherheitswacht unterwegs sei, gebe es kaum noch Brennpunkte im Dillinger Land. Spielplätze und Parks seien sicherer und sauberer geworden. Die Städte hätten mehr Mülleimer aufgestellt. Schulen weisen die Jugendlichen mehr auf das Müllthema hin. Private Abschlussfeiern im Grünen enden nicht mehr mit Haufen von Unrat. „Unsere Arbeit trägt Früchte“, bilanziert der 52-Jährige. Vorbildlich quert er die Straße via Zebrastreifen. Und lauscht. Da, hinter einer Ecke auf dem Schulgelände sitzen sie: lauter Jungs, zwischen 15 und 18 Jahre alt, dazwischen eine Wasserpfeife. Die zwei von der Sicherheitswacht erkennen zwei Probleme: Der Jüngste darf in der Öffentlichkeit nicht rauchen und das Schulgelände ist nach dem Unterricht gesperrt. „Ich darf von zuhause aus rauchen“, sagt der Jüngste selbstbewusst. „Daheim vielleicht, aber in der Öffentlichkeit nicht“, entgegnet Schretzmayr entspannt aber bestimmt. „Ihr habt hier nichts zu suchen.“ Da packen die Sechs ihre Wasserpfeife und ziehen mit gesenktem Haupt ab. „’Tschuldigung“, sagt einer noch leise. Sie haben Glück gehabt. „Hätten wir den 15-Jährigen beim Rauchen erwischt, hätten wir die Polizei verständigen müssen. Die Kollegen hätten ihn zu seien Eltern gebracht“, erklärt Schretzmayr. „Aber sie waren verständig, wir haben sie zum ersten Mal erwischt und keiner hat gemault. Was will man mehr?“ ergänzt seine Kollegin.

    Das Lauinger Rathaus wird von der Abendsonne angestrahlt. Das Eiscafé ist voll, Aperol Spritz leuchtet von den Tischen. Cabrios fahren vorbei. Auf dem Platz gegenüber tummeln sich ein paar Menschen. Dort reicht ein Blick. Alles sauber, alles ordentlich. Im Luitpoldhain kein Mensch.

    Im Taxispark Dillingen

    Weiter geht die Fahrt nach Gundelfingen. Aber da ist auch niemand. Nirgends. Nicht am See. Nicht am Skaterplatz. Erst am neuen Kriegerdenkmal treffen die Sicherheitswachleute auf ein paar junge Männer, die es sich auf den Stühlen bequem gemacht haben. „Stellt nix an“, sagt Schretzmayr nach der üblichen Begrüßung freundlich. „Dafür sind wir schon zu alt“, sagt einer und alle lachen. „Man braucht eine positive Einstellung zum Leben und zum Menschen und muss sprachgewandt sein“, sagt er. „Wenn man kontaktscheu ist, hat man ein Problem“, sagt sie. Es geht zurück nach Dillingen.

    Im Taxispark ist es ruhig, in der Königstraße auch. Es wird dunkel. An einer Ecke entdeckt das Duo ein paar Jugendliche, Glasflaschen klingeln. Es ist Bier. Die Uniformierten lassen sich Ausweise zeigen und überzeugen sich davon, dass die jungen Leute es trinken dürfen. Andernfalls müsste man die Polizei rufen. „Sicherstellen dürfen wir nichts, auch kein Bier.“ Auf dem Dillinger Festplatz ist heute abseits der Kino-Leinwand mehr los als davor. Junge Leute treffen sich mit ihren Autos und fahren nach einem kurzen Plausch weiter. Es ist kurz vor 22 Uhr. In der Polizeiinspektion trägt der 52-Jährige in eine Liste ein, wer wo wie lange mit welchem Wagen unterwegs war. Dann fängt auch für die beiden das Wochenende an.

    Lesen Sie den Kommentar zur Geschichte von Cordula Homann:

    Sicherheitswacht Dillingen: Vorurteile gibt es nicht

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