Dass Demonstrationen gemeinhin dafür genutzt werden, um einer Meinung Ausdruck zu verleihen, ist bekannt. In Corona-Zeiten kommt es jedoch ganz besonders auf die Art der Meinungsäußerung an, und sei sie noch so subtil. Denn auch, wenn sich Menschen versammeln, um gegen geltende Regeln zu demonstrieren, müssen sie sich dennoch an eben jene Regeln halten. So will es das Gesetz, in diesem Falle die bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung. Denn, was sonst nicht der Rede wert gewesen wäre, ist in Pandemiezeiten eine Straftat.
Mitte Juli 2020 treffen sich zwischen 30 und 50 Menschen im Dillinger Taxispark zu einer Demonstration. Organisiert wird die Demo von den „Corona-Rebellen“.
Eine Rednerin fordert Teilnehmer auf, sich an den Händen zu fassen
Versammlungsleiterin ist an diesem Tag eine 46-Jährige aus Dillingen. Als gegen Ende der Demonstration eine Rollstuhlfahrerin das Wort ergreift und die Demonstrierenden dazu aufruft, sich an den Händen zu fassen, kommen einige der Teilnehmer dem nach.
So auch die 46-Jährige und ihr Mann. Was harmlos klingt, ist in diesen Zeiten jedoch verboten, denn Körperkontakt soll laut Auflagen strikt vermieden werden. „Die Rednerin sagte, in dieser Zeit von Stress sollten wir tief ein- und ausatmen und wer mag, soll sich an den Händen halten“, sagte die Frau, die zwar ohne Anwalt, aber mit ihrer Traumatherapeutin und vier Unterstützern erschienen war. Einer der Begleiter weigerte sich, im Gerichtsgebäude eine Maske zu tragen, und wurde daher von der Amtsrichterin an einen Fensterplatz beordert.
Frau erhob Einspruch gegen Strafbefehl
Nach der Demonstration erreichte die 46-Jährige ein Strafbefehl, gegen den sie Einspruch erhob. Dieser wurde an diesem Tag vor dem Dillinger Amtsgericht verhandelt. Die Frau gab an, dass bei anderen Demos die Polizei immer nachgefragt habe, ob Menschen, die den Mindestabstand nicht einhalten, zu einem Hausstand gehörten. Dies habe die Polizei an diesem Tag jedoch nicht getan. Die Händehalter seien aber aus gemeinsamen Hausständen gekommen, so die 46-Jährige. Es seien nur drei Paare gewesen, die sich an den Händen gefasst hätten.
Richterin Gabriele Held ließ das nicht gelten. „Sie als Versammlungsleiterin haben bestimmte Rechte und Pflichten. Bei so einer Versammlung ist die Polizei nicht in der Lage zu kontrollieren, wer zu welchem Hausstand gehört.“
Der Strafbefehl lautete auf 30 Tagessätze à 60 Euro. „Wollen Sie Ihren Einspruch zurückziehen, was ich Ihnen rate, weil billiger wird’s nicht“, sagte die Amtsrichterin. Doch die Dillingerin wollte nicht. Daher wurde der Fall weiterverhandelt.
Staatsanwalt glaubt Aussagen des Zeugen
Geladen war ein Zeuge aus den Reihen der Polizei. „Es waren definitiv mehr als drei Paare“, sagte der Beamte. Augenscheinlich seien es aber schon Menschen aus dem gleichen Haushalt gewesen. Geprüft habe er das jedoch nicht.
Für den Staatsanwalt war die Sache „relativ klar“: Es sei ein Verstoß gewesen und er sehe keine Zweifel, dass der Polizist die Wahrheit spreche. Zwar sei die 46-Jährige geständig, doch sie zeige auch keine Reue. Daher seien 40 Tagessätze à 65 Euro angemessen. Die Dillingerin zeigte sich erschüttert. Mit zitternden Händen verlas sie vor dem Urteilsspruch noch eine Erklärung. Man könne über ihre Beweggründe verschiedener Meinung sein, die Aktion habe keine Provokation sein sollen, sondern eine Geste der Menschlichkeit.
Das Urteil der Amtsrichterin fiel dennoch nicht zugunsten der Dillingerin aus. Es blieb bei den 30 Tagessätzen von jeweils 60 Euro. Jeder dürfe seine Meinung sagen, so die Richterin. Man müsse dabei jedoch nicht gegen Auflagen verstoßen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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