Rund 1500 Menschen betreut Regens Wagner mit 850 Mitarbeitern. 240 Bewohner und 110 Mitarbeiter wurden inzwischen gegen das Coronavirus geimpft. Doch nach welchen Vorgaben? „Obwohl die Impfverordnung ja alle Mitarbeiter einer Einrichtung ins Auge fasst, haben wir hier mit unserem Gesundheitsamt vereinbart, dass wir in einem ersten Schritt allen Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohnern die Impfung anbieten. Bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben wir vereinbart, dass alle Personen, die direkt mit den betreuten Menschen arbeiten, ein Impfangebot erhalten“, sagt Gesamtleiter Stefan Leser. Und die jeweiligen Wohnbereichsleitungen konnten sich impfen lassen, weil sie im Alltag ganz regelmäßig mit den Bewohnern in Kontakt stehen.
Wer kein Impfangebot erhalten hat
„Wir haben jede Stelle abgewogen“, betont Leser. Weder er noch sein Stellvertreter Matthias Kandziora seien bislang geimpft, aber alle vollstationären Bewohner und die Mitarbeiter, die sie direkt betreuen. Alle anderen Bereichsleitungen erhielten vom Gesamtleiter ebenfalls kein Impfangebot. Aus dem gleichen Grund wurden Hauswirtschaftskräfte, Küchenpersonal, Technischer Dienst und Verwaltung laut Leser bewusst nicht geimpft. Die betreuten Menschen sowie Mitarbeiter in der Werkstatt, in Tagesstätten und in Schulen erhielten ebenfalls noch kein Impfangebot. „Putzt eine Reinigungskraft in Räumen, wo zu dem Zeitpunkt niemand ist, wurde ihr kein Impfangebot gemacht. Etwas anderes ist es, wenn in den Zimmern immer jemand anwesend ist“, erklärt Leser. Man sei sehr behutsam und sorgfältig mit den Impfmöglichkeiten umgegangen. Wenn im Landkreis die über 80-Jährigen geimpft sind, werde man gemeinsam mit dem Gesundheitsamt die nächsten Schritte für Regens Wagner überlegen. Denn wie geht man mit mehrfach behinderten Kindern unter 16 Jahren um? Alle berechtigen Impflinge, die wollten, werden Ende der Woche geimpft sein.
Leser ist dankbar und froh, dass es bislang keinen einzigen Corona-Fall unter den Bewohnern gab. Vier oder fünf Mitarbeiter seien positiv getestet worden, 25 waren als Kontaktperson eins in Quarantäne. Alle 800 Mitarbeiter werden jede Woche ein Mal per Abstrich im Rachen getestet und das während ihrer Arbeitszeit.
Im ersten Lockdown wurde Einrichtung geschlossen
Als verschiedene Einrichtungen von Regens Wagner im ersten Lockdown schließen mussten, habe man sehr schnell für die Mitarbeiter in anderen Bereichen eine Betätigung gefunden. „Als die Werkstätten geschlossen wurden, mussten die Bewohner plötzlich auch tagsüber im Wohnbereich betreut werden. Auch da sprangen problemlos Mitarbeiter ein“, freut sich Leser. Das nehme er aus der Krise positiv mit: „95 Prozent der Mitarbeiter haben alles mitgemacht, haben das Infektionsrisiko in Kauf genommen, und es hat sich gezeigt, dass wir uns auf unwahrscheinlich viele Menschen sehr gut verlassen können.“ So hätten sich auf die Anfrage, wer auf der neuen – bislang nie gebrauchten – Corona-Station anpacken würde, überraschend viele freiwillig gemeldet. Auch eine Quarantäne-Station gab es, auch die wurde nicht gebraucht. „Wir haben viel getan, um einen Corona-Ausbruch zu vermeiden, und einiges richtig gemacht. Aber zu zwei Dritteln war es Glück, das nichts passiert ist“, findet Gesamtleiter Leser. Die Krise habe auf vielen Ebenen Positives gezeigt. Auch der Bezirk Schwaben habe sehr viel Wohlwollen bewiesen, wenn Mitarbeiter von Therapieangeboten, die nicht stattfinden konnten, woanders halfen.
Man sei zudem sehr erstaunt gewesen, wie gut die Bewohner mit den Hygieneauflagen zurechtgekommen sind. „Bis auf ganz wenige Ausnahmen können alle die Masken aufsetzen und auflassen.“ Man habe einmal mehr gesehen, wie anpassungsfähig Menschen mit Handicap sind und wie gut sie die Maßnahmen mitgehen. Was ihnen fehlt, das fehle allen anderen auch. Das Abstandhalten verlange viel Fingerspitzengefühl. Manche Behinderte verstehen das nicht. „Das ist mit die schwierigste Herausforderung.“
Das Besuchsverbot im Pflegeheim sei dagegen weniger problematisch gewesen. Denn viele Behinderte wohnen schon sehr lang bei Regens Wagner und werden generell nicht oft besucht, erklärt Leser. Bei den jüngeren, die übers Wochenende heimfahren, hatte er gebeten, diese Fahrten zu reduzieren, um wechselnde Kontakte zu vermeiden. Manchen sei das leichter gefallen, als anderen, manche Eltern hatten mehr Sehnsucht, andere nicht so sehr. Die Maßnahmen zum Infektionsschutz seien zwar emotional belastend, doch eine Lösung habe man immer gefunden. Die Notbetreuung war bei Regens Wagner immer aufrechterhalten worden. Ein Viertel der Kinder, zwischen 30 und 40, war immer in der Schule. In dem Zusammenhang lobt Leser die Zusammenarbeit mit den Behörden. „Das klappt im Landkreis erstaunlich und hervorragend gut. Es gibt einen kurzen Draht. Und es werden einem keine unnötigen Steine in den Weg gelegt.“
Boni für das Personal?
Angesprochen auf die Boni für Pflegepersonal erklärt Leser ein vermutlich gängiges Problem: „Nicht alle bekamen das Geld, und wer aus dem Raster fiel, fühle sich ungerecht behandelt. Für die Betroffenen aber war es gut.“ Ein Verpflegungsbonus dagegen habe nur einem winzigen Teil überhaupt genutzt.
Inzwischen sei aber eher die Frage, was die Impfung hilft, wenn auch da weiterhin den ganzen Tag die FFP-2-Maske getragen werden muss, wo sowohl die Bewohner als auch die Mitarbeiter nun geimpft sind. Da fehle zum Teil das Verständnis für das Tragen der Maske. Das sei anstrengend, gibt Leser zu. Doch noch gebe es keine Entwarnung, auch nicht seitens der Staatsregierung. „Alle hoffen doch jetzt auf den Frühling, dass man wieder hinaus kann, Gemeinschaft und Nähe wiederherstellen kann.“
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