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Dillingen/Augsburg: Toter Dreijähriger aus Dillingen: Gab der Angeklagte die Tat bereits zu?

Dillingen/Augsburg

Toter Dreijähriger aus Dillingen: Gab der Angeklagte die Tat bereits zu?

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    Hat der Angeklagte einen dreijährigen Buben in Dillingen getötet?
    Hat der Angeklagte einen dreijährigen Buben in Dillingen getötet? Foto: Nicolas Armer/dpa

    Ein schwer krankes Kind ist angekündigt, mehrere Ärzte der Kinderklinik in Augsburg bereiten sich auf die Ankunft des Patienten mit dem Rettungswagen aus Dillingen vor. Der dreijährige Bub könnte zuvor vom Lebensgefährten seiner Mutter schwer verletzt worden sein. Eine mehrstündige Notoperation folgt, dennoch ist das Kind wenige Stunden später tot. Seit einigen Wochen muss sich der 24-jährige Lebensgefährte der Kindsmutter wegen Totschlags vor dem Augsburger Landgericht verantworten.

    Mehrere Ärzte berichteten dem Gericht unter Vorsitz von Richter Roland Christiani von den Behandlungen an dem leblosen Dreijährigen wenige Stunden vor seinem Tod. Der Dienst habende Kinderchirurg sprach von einem „sehr schlechten Gesamtbild“ des Kindes hinsichtlich seines Gesundheitszustandes. Die Mediziner hätten von Anfang an „wenig Chancen für das Leben des Kindes“ gesehen, das rund eine Stunde lang nicht geatmet hatte und sich in einem schweren Schockzustand befunden habe. Dennoch, so der 39-jährige Facharzt, habe er sich nach Rücksprache mit seinem Oberarzt entschlossen, eine Notfall-Operation vorzunehmen. Man denke an manche „fantastische Wendung“, die man bei schwer kranken Kindern schon erlebt habe, so der Mediziner.

    Toter Dreijähriger: Ärzte sprechen von "massiv malträtiertem Darm"

    Auffällig sei der extrem aufgeblähte Bauch des Kindes gewesen. Er kenne keine Krankheit, die den Darm derart schädige, dass er so viel Luft in den Bauchraum entlasse. Dies bestätigte die Ärztin, die an jenem Tag in der Kinderklinik Dienst hatte. Die Medizinerin erklärte bezüglich seines Gewichts, dass der Bub seinem Alter entsprechend nicht ausreichend ernährt gewesen sei. Dies habe der unterdurchschnittliche Kopfumfang bestätigt.

    Die operierenden Ärzte haben die mehrfach durchlöcherte Schutzschicht des Darms des Kindes wieder zugenäht, ein rund 30 Zentimeter langes Stück des Dünndarms entfernt. Sie haben auch Blutadern wieder befestigt. „Ein massiv malträtierter Darm, wie man es nur selten sieht“, wie der Operateur den anfänglichen Zustand des Organs nannte. Es sei aber nicht gelungen, die durch einen Schock gehemmte Blutgerinnung wiederherzustellen. Wenige Stunden nach der Notoperation war der Dreijährige tot. Erst nach der Operation, so der Arzt, habe man sich Gedanken darüber gemacht, wie es zu einem Verletzungsmuster wie dem Vorliegenden habe kommen können. Dabei sei man unweigerlich auf eine Form von äußerer Gewaltanwendung gekommen. Der Operateur hielt als Ursache der Verletzung auch eine großflächige Gewaltanwendung wie „Auf dem Bauch des Kindes zu knien“ für denkbar. Eine derartige Darmruptur sei etwas, was sich einige Stunden vor der Operation habe ereignen können.

    Auf der Fahrt ins Gefängnis soll der Angeklagte die Tat zugegeben haben

    Einen Überblick über die Polizeiarbeit gab der stellvertretende Inspektionsleiter der Dillinger Kripo. Als Gesamtsachbearbeiter habe er die Polizeiarbeit seit dem Morgen nach dem Vorfall in Händen gehabt. Der Ermittler berichtet, wie er die Erkenntnisse vom Tat-Sonntag, 20. Oktober 2019, zusammengetragen hatte. Wie berichtet, hatte der heute 24-jährige Angeklagte an jenem Tag die beiden kleinen Kinder seiner Lebensgefährtin in der gemeinsamen Dillinger Wohnung beaufsichtigt, während die 22-jährige Mutter unterwegs war. Am Abend nach 18 Uhr hatte der 24-Jährige seine Lebensgefährtin angerufen, weil der dreijährige Sohn nicht mehr atmen würde. Die Mutter wiederum alarmierte den Notarzt, es begann ein stundenlanges Ringen um das Leben des Kindes. Am Tag nach dem Tod seien die Vernehmungen der Kindsmutter und des späteren Angeklagten fortgesetzt worden. Der Verdacht eines gewaltsamen Todes, der von Anfang an durch ein „traumatisches Ereignis gegen den Bauch“, etwa durch Faustschläge oder Fußtritte, bestanden habe, sei erhärtet worden, als das Ergebnis der Obduktion übermittelt worden sei.

    Da sei für die Ermittler klar gewesen, dass der Bub aufgrund körperlicher Gewalt gestorben sei. Einen Unfall oder eine länger zurückliegende Verletzung seien unwahrscheinlich. Was der Kripo-Ermittler auch in das Verfahren einführte: ein Geständnis des 24-Jährigen bei seiner Verhaftung Anfang Mai 2020, von dem ihm von Kollegen berichtet worden sei. Wohl auf der Fahrt ins Untersuchungsgefängnis habe er geäußert, dass ihm am Tattag der Geduldsfaden gegenüber dem schreienden Kind gerissen sei und er dem Buben zwei Faustschläge in den Bauch gegeben habe. Er sei mit der Situation überfordert gewesen. Vergleichbare Äußerungen hatte der Angeklagte bisher im laufenden Verfahren nicht getan, er schweigt vor Gericht bislang.

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