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Diemantstein/Bissingen: Die Emotionen kochen hoch: Nicht alle wollen eine Umfahrung für Diemantstein

Diemantstein/Bissingen

Die Emotionen kochen hoch: Nicht alle wollen eine Umfahrung für Diemantstein

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    In dem kleinen Ort im Kesseltal sind die Emotionen in den vergangenen Tagen hochgekocht: Soll in Diemantstein eine Umgehung gebaut werden? Wenn ja: Wie sieht diese aus? Und wenn nicht: Wie kann der Ort dann entlastet werden? Die Bürger haben dazu ganz unterschiedliche Meinungen.
    In dem kleinen Ort im Kesseltal sind die Emotionen in den vergangenen Tagen hochgekocht: Soll in Diemantstein eine Umgehung gebaut werden? Wenn ja: Wie sieht diese aus? Und wenn nicht: Wie kann der Ort dann entlastet werden? Die Bürger haben dazu ganz unterschiedliche Meinungen. Foto: Horst von Weitershausen

    Die Nachrichten, die unsere Zeitung erreicht haben, sind deutlich. Da heißt es „Schwachsinnig und zudem eine bodenlose Steuergeldverschwendung“, „Das ist doch wohl ein Witz!“, „Verschandelung unserer schönen Landschaft“ oder „Für uns hier im Oberdorf ist es ein Unding, dass durch die Umgehung der ganze Traktoren- und Lastwagenverkehr umgeleitet wird“. Diemantstein ist ein idyllischer Ort, umgeben von wunderbarer Natur und unzähligen Wanderwegen. Rund 270 Einwohner leben in dem kleinen Dorf im Kesseltal. Wer der Hektik des Alltags entfliehen will, der ist da richtig. Doch momentan kochen dort die Emotionen hoch.

    Die Bürger in Diemantstein sind sich nicht einig

    Die Bürger beschäftigt ein Thema, das schon viele Jahrzehnte alt ist. Es geht um die geplante Ortsumfahrung. Was ist der aktuelle Stand? Wie sehen die Planungen aus? Ist diese Umgehung überhaupt notwendig? Wie lange müssen die Anwohner in der Ortsmitte den Lärm noch ertragen? Was ist mit dem Flächenverbrauch? Und gibt es vielleicht noch andere Möglichkeiten, um die Bürger vom vielen Verkehr zu befreien? Diese und mehr Fragen stellen sich die Einwohner – und bei den Antworten sind sich die Frauen und Männer im Dorf längst nicht einig.

    Nach unserem Zeitungsbericht am Wochenende sind die Diskussionen in Diemantstein entfacht. Unzählige Anrufe und E-Mails haben die Redaktion erreicht. Viele mit dem Tenor: Verkehrsentlastung ja, aber Umgehung nein. Andere wiederum sind froh, dass überhaupt Bewegung in die Sache kommt. Den Stein ins Rollen haben Stefan Rieder und Karl Heider gebracht. Sie berichteten von einem nicht mehr hinnehmbaren Zustand. Vor allem die Argumente, die bei einer kürzlich veranstalteten Plakataktion von Naturschützern und Landwirten gegen die Umgehung gefallen sind, seien für die beiden nicht nachzuvollziehen.

    Lärmbelästigung: Lastwagen brettern durch die Ortsmitte von Diemantstein

    Jede Minute brettere ein 40-Tonner durch den Ort, eine Unterhaltung sei nicht mehr möglich, das Geschirr wackele in den Schränken – und die Straße sei lebensgefährlich. Rieder, der mittlerweile in Dillingen lebt, schilderte, dass sich die Verkehrssituation immer mehr verschärfe. Vor allem die Lastwagen nehmen zu. Er sagte: „Wer bei meinen Eltern im Haus einen Kaffee trinken und sich unterhalten will, der muss jede Minute für mindestens zehn Sekunden aufhören zu reden.

    Man versteht das eigene Wort nicht mehr.“ Er und seine Familie haben einen weiteren, traurigen Grund für den Schritt in die Öffentlichkeit: 1975 ist Peter, der Sohn und kleine Bruder, beim Überqueren dieser Straße tödlich von einem Lkw erfasst worden. Damit in Sachen Umfahrung endlich Bewegung in die Sache komme, hat Rieder Politikern und Planern einen offiziellen Brief mit Bitte um eine baldige Umsetzung geschrieben. Und Karl Heider pflichtete ihm bei: „Tatsache ist, dass der Durchgangsverkehr in den letzten Jahren massiv zugenommen hat. Vor allem der Schwerlastverkehr ist seit der Einführung der Mautpflicht auf der Strecke zwischen Dillingen, Donauwörth und Nördlingen lukrativer geworden“, so Heider. Diemantstein und auch Hohenaltheim würden „extrem leiden“.

    Der kleine Bruder ist vor dem Elternhaus tödlich verunglückt

    Das sehen aber längst nicht alle genauso. Claudia Grimm, die mit ihrer Familie ebenfalls in Diemantstein lebt, schreibt beispielsweise, dass die aktuelle Planung ihrer Meinung nach überarbeitet gehöre. Und weiter: „Das Ziel einer Umgehung sollte es sein, die Ortschaft mit minimalstem Eingriff in die Natur zu entlasten, Lkws auf die Bundesstraßen zu bringen und nicht diese Staatsstraße immer interessanter für noch mehr und mehr Verkehr zu machen.“ Aufgabe der Planungsämter sei, eine für das ganze Dorf akzeptable Entlastung zu entwickeln.

    Heißt für sie: Zufahrtsstraßen belassen, durch Verkehrsinseln oder Geschwindigkeitsbeschränkungen entschleunigen und auf der Umgehung einen effektiven Schallschutz einzuplanen. „Leider ist die momentane Planung so, dass der alte Anschluss an die Ortschaft zurückgebaut wird und dadurch Ansässige, Lieferanten und Metzgereikunden aus Richtung Süden genau die abschüssige Straße von Warnhofen kommend benutzen werden. Sodass sie vorbei an Friedhof, Kirche, Schulweg und den Häusern von rund 20 Kindern den Berg runterbrechen, was viele Fahrzeuge jetzt schon nicht mit angepasster Geschwindigkeit tun“, schreibt Grimm.

    Laut Anwohnern ist dieses Bild Alltag: Lkw an Lkw, direkt an den Häusern.
    Laut Anwohnern ist dieses Bild Alltag: Lkw an Lkw, direkt an den Häusern. Foto: Horst von Weitershausen

    Auch Reinhold Zitzlsperger hat sich gemeldet. Er wohnt seit 30 Jahren in Diemantstein und sagt: „Ich bin ein Gegner der Umgehungsstraße und war auch an der Folienaktion beteiligt.“ In Bezug auf den Unfalltod von Peter Rieder, was „schrecklich und sehr tragisch“ sei, sagt er, dass es andere Maßnahmen brauche, um den Kindern mehr Sicherheit zu bieten. Seine Vorschläge: eine 30er-Zone, eine Radarüberwachung, damit die Geschwindigkeitsbeschränkung auch ernst genommen werde, und eine Fußgängerampel an der Bushaltestelle. Eine Umgehungsstraße helfe nicht weiter – auch wenn die direkt betroffenen Anwohner an der Durchgangsstraße eine Entlastung brauchen würden. Auch dort würde seiner Meinung nach eine 30er-Zone helfen. „Wer breitere Straßen baut, erntet mehr Verkehr. Die dadurch erzeugte höhere Lärmbelastung, vermutlich auch nachts, – bisher sind wir wenigstens vor nächtlichem Verkehrslärm verschont –, wird von dem Diemantsteiner Felsen und von unserer Kirche über das ganze Dorf verteilt werden“, so Zitzlsperger.

    Mehr Dreck und Abgase durch die Brücke?

    Er fürchtet zudem mehr Dreck durch Abgase beim Bau einer Umgehung. Die Argumentation des Diemantsteiners: „Über die Kessel soll eine Brücke auf acht Meter hohen Pfeilern gebaut werden. Der Dreck und die Abgase werden von der Brücke ins Kesseltal fallen und vom Westwind mitten ins Dorf geblasen.“ Für ihn ein weiterer Grund gegen die Umgehung.

    Auf Nachfrage beim Staatlichen Bauamt Krumbach antwortete Behördenleiter Wilhelm Weirather, dass „die planerischen Arbeiten sehr weit gediehen sind, wir aber immer noch auf Anregungen und Hinweise aus der Gemeinde beziehungsweise aus der Bevölkerung reagieren und versuchen, die Dinge planerisch zu verarbeiten“. Über einen Realisierungszeitraum könne er keine Aussage treffen. Das bestätigt auch Bissingens Bürgermeister Stephan Herreiner. Er betont: „Aktuell liegen erste Studien vor. Mehr nicht.“

    Vor einigen Monaten habe sich der Gemeinderat für die Planung der Umgehung ausgesprochen, das Staatliche Bauamt sei am Zug, diese Planung zu entwickeln. Abstimmungen mit allen Vertretern, Betroffenen, Behörden sowie Optimierungen und Anpassungen würden dazu zählen. „Wir führen Gespräche, mehr ist nicht passiert. Wir versuchen, auf den ein oder anderen Wunsch einzugehen und die verschiedensten Aspekte zu berücksichtigen. Wir können aber nicht alle befriedigen“, so Herreiner weiter. So fand diese Woche ein Treffen mit Bauamt, Landwirten und Landtagsabgeordnetem Georg Winter statt, erklärt der Bissinger Bürgermeister. Man wolle gemeinsam erarbeiten, was machbar ist und was nicht. „Dabei stehen wir ganz am Anfang, es ist nichts entschieden“, sagt Herreiner. Woher die aktuelle Aufregung um die Straße komme, sei ihm deshalb „nicht ganz klar“. Nur so viel: Er wolle nicht auf Stimmen von „außen“ hören, sondern mit den Menschen reden, die es direkt betrifft.

    Aber: „Sobald es eine gute Grundlage, die das Staatliche Bauamt derzeit mit uns parallel erarbeitet, gibt, gehen wir damit ins Rennen. Wir loten im Vorfeld aus, was alles möglich ist. Das ist Schritt eins.“ Erst dann könne und wolle er Bürgerversammlungen oder Ähnliches organisieren. "

    Lesen Sie den Kommentar unserer Autorin Simone Bronnhuber:

    Lesen Sie die ganze Geschichte:

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