Anfang der 1990er Jahre: Im niedersächsischen Gorleben soll ein Atommülllager errichtet werden. Stefan Norder lebt damals in Nordhorn an der Grenze zu den Niederlanden. 390 Kilometer von Gorleben weg. Mit 14 Jahren, erzählt er, organisiert er als Stadtschülerratssprecher Fahrten zu den Demos gegen das Lager. Es ist das erste Mal, dass er politisch aktiv wird. Heute, fast 30 Jahre später, will Stefan Norder in den Bundestag. Aber nicht mehr für Niedersachsen. Sondern für seine neue Heimat, den Wahlkreis Donau-Ries.
Man trifft den Kandidaten von Bündnis 90/ Die Grünen an einem eher ungewöhnlichen Ort: im Garten der Orangerie von Schloss Haunsheim, das er seit etwa zehn Jahren mit seiner Frau und inzwischen seinen beiden Söhnen bewohnt. „Ich weiß gar nicht, ob ich inzwischen jedes Zimmer hier kenne“, sagt er und lacht.
Stefan Norder ist 43. Seit der Hochzeit trägt er den Namen „Freiherr von Hauch“. Doch der Adelstitel ist ihm nichts wert, wie er sagt. „Den Adel hat man 1918 aus guten Gründen abgeschafft.“ Den Namen habe er wegen seiner Kinder angenommen. „Das macht den Besuch beim Kinderarzt deutlich einfacher“, erklärt er grinsend.
Beruflich und politisch beschäftigt sich Stefan Norder mit dem Asylrecht
Auch wenn Norder erst seit ein paar Jahren Mitglied der Grünen ist – in der Politik fühlt er sich schon lange daheim. Mit 16 sitzt er in seiner Heimat im Kultur- und Bildungsausschuss, wird kreispolitischer Sprecher für Jugend und Bildung. Während des Jura-Studiums in Berlin wird er Mitglied des Fakultätsrats. Obwohl sein beruflicher Schwerpunkt auf Zivilrecht liegt, lernt er im Studium ein Thema besser kennen, das ihn bis heute beschäftigt – und worauf er sich im Bundestag unter anderem konzentrieren will: das Asylrecht – oder wie er es nennt: ein „Stückwerk, das reformiert gehört“.
Als Anwalt, sagt Norder, wolle er seinen Mandanten möglichst subsidiären Schutz ermöglichen und ihnen eine Ausbildungsstelle beschaffen. Er verweist bei dem Thema auch auf den Fachkräftemangel und die „super Integration“, die viele Ausbildungsbetriebe leisten. „Besser geht’s eigentlich gar nicht.“ Er betont auch: „Jeder hat in einem Asylverfahren Anspruch auf Gehör.“ Viele Flüchtlinge wüssten das aber gar nicht – und viele Politikerinnen und Politiker wollen das seinem Eindruck nach auch nicht.
Beim Thema Abschiebungen betont Norder, dass Straftäter in sichere Länder zurückgebracht werden müssten. Dass bis vor wenigen Wochen Menschen noch nach Afghanistan abgeschoben wurden, hält er für falsch. „Es gab schon Mandanten, die kamen nach Kabul und waren drei Tage später tot.“ Und das war lange bevor die Taliban die Macht vollständig an sich gerissen hatten.
Klimaschutz hat für den Bundestagskandidaten Stefan Norder auch etwas mit Bildungsgerechtigkeit zu tun
Als Grüner kommt man am Thema Umwelt- und Klimaschutz nicht vorbei. Norder spricht in dem Zusammenhang von Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit. Das Thema Klimaschutz müsse schon früh in den Schulen transportiert werden, damit alle Schichten der Gesellschaft das notwendige Gespür und Wissen dafür entwickeln. Und: Klimaschutz kann seiner Meinung nach nur funktionieren, wenn er mit sozialer Gerechtigkeit einhergeht.
Das Thema ist für den 43-Jährigen wichtig, spätestens seit den Anti-Atomkraft-Demos seiner Jugend, wie er sagt. Als Anwalt vertritt er vor Gericht auch Tierschutzorganisationen, die in Ställe einbrechen und Misshandlungen aufdecken. Und das macht er, wie er sagt, unentgeltlich. „Dabei handelt es sich immer um Hausfriedensbruch. Aber anders kommen solche Missstände ja nicht raus“, sagt Norder. Auch das wird ein Thema für ihn sein, wenn er in den Bundestag kommt.