Auf eine Debatte über den Sinn von Geschwindigkeitskontrollen will sich der Leiter der Verkehrspolizei-Inspektion (VPI) Donauwörth gar nicht einlassen. „Wenn man bei schweren oder gar tödlichen Unfällen die schlimmen Folgen des Rasens sieht, erübrigt sich eine Diskussion“, sagt Inspektionschef Ludwig Zausinger. Zusammen mit der Polizeiinspektion Dillingen und der Polizeistation Wertingen hat die VPI im vergangenen Jahr 280 Messungen im Landkreis durchgeführt – 106 mehr als 2019. Und dabei haben die Polizeibeamten deutlich mehr Verkehrssünder auf den Straßen im Landkreis Dillingen erwischt. An der Entwicklung habe auch die Corona-Pandemie ihren Anteil. „Das coronabedingt geringere Verkehrsaufkommen hat manchen dazu verleitet, aufs Gaspedal zu drücken“, stellt Zausinger fest. „Weniger Verkehr, mehr Verkehrssünder“, so lautet die Formel. Eine Feststellung ist dem Inspektionschef aber wichtig: Die große Mehrheit der Fahrerinnen und Fahrer halte sich an die Regeln. Im Verhältnis zu den Messungen sei die Zahl der Verwarnungen sogar gesunken.
Die Donauwörther Verkehrspolizei misst an ausgewiesenen Stellen mit digitalen Geräten. Autofahrer merken dabei gar nicht mehr, dass es blitzt. „Unsere Fahrzeuge stehen abgesetzt von der Messstelle“, erklärt Zausinger. Der Anstieg der Messungen im vergangenen Jahr sei auf die verstärkten Aktivitäten der Polizeiinspektion Dillingen und der Polizeistation Wertingen zurückzuführen, die mit der Laserpistole unterwegs seien. Daneben gebe es auch die Kommunale Verkehrsüberwachung, die im Landkreis innerorts und dabei vor allem in Tempo-30-Zonen tätig werde.
Im vergangenen Jahr gab es von der Polizei bei den Messungen im Landkreis 4212 Verwarnungen (2019: 3870) und 1573 Anzeigen (1189). Für 154 Fahrerinnen und Fahrer hat das Rasen ernste Konsequenzen, sie mussten nach einem Fahrverbot ihre Schlitten stehenlassen. 2019 hatte die Zahl der Fahrverbote noch bei 89 gelegen. Die Beanstandungsquote stieg auf 3,8 Prozent (3,5), allerdings sind hier die Werte der Dillinger und Wertinger Polizei nicht enthalten.
Schwerpunkt bei den Kontrollen ist im Landkreis Dillingen die B16 zwischen Schwenningen und Gundelfingen mit sechs Messstellen. Und die höchsten Beanstandungsquoten (bis zu 11,2 Prozent) gab es dabei an der Anschlussstelle Dillingen-Mitte. Allein an den beiden Messstellen östlich und westlich dieser Ausfahrt hagelte es 342 Anzeigen und 43 Fahrverbote. Der unrühmliche Spitzenreiter wurde hier mit 192 Stundenkilometern geblitzt, erlaubt sind 100 km/h. Den Negativ-Rekord des Jahres 2020 stellte ein Autofahrer auf der Bundesstraße 16 bei Gundelfingen auf, als er von der Polizei mit 198 Stundenkilometern gemessen wurde. Allein auf der B16 gab es 1301 Verwarnungen, 371 Anzeigen und 51 Fahrverbote – ein Drittel aller Fälle.
Auf den anderen Straßen im 100er-Bereich – hier gibt es elf Messpunkte – ist die Staatsstraße 2212 bei Lutzingen offensichtlich eine „Rennstrecke“, jedenfalls lag hier die Beanstandungsquote laut Zausinger mit bis zu sieben Prozent und gemessenen 156 Stundenkilometern am höchsten. Die negativen Höchstmarken setzten in dieser Kategorie Autofahrer, die am 2. Juni auf der Staatsstraße 2028 bei Zusamaltheim mit 169 Stundenkilometern und am 28. Mai auf der St 2028 bei Syrgenstein mit 163 km/h geblitzt wurden.
Im 80er Bereich betreut die Polizei nur eine Messstelle beim Riedschreinerhof zwischen Höchstädt und Binswangen. Dort erwischten die Beamten einen Autofahrer mit 155 Stundenkilometern.
Im 70er-Bereich haben die Gesetzeshüter 13 Messstellen im Landkreis eingerichtet. „Die höchsten Beanstandungsquoten mit bis zu 17,5 Prozent registrierten wir auf der Kreisstraße DLG12 zwischen Gundelfingen und Bächingen“, erklärt der VPI-Chef. Hier fielen Verkehrssünder mit Spitzengeschwindigkeiten von 115 und 113 km/h auf. Und auch die 70er-Zone bei Lutzingen ist ein Raser-Hotspot. Hier wurde ein Autofahrer am 19. Mai mit 137 Stundenkilometern geblitzt – die Beanstandungsquoten seien mit bis zu 10,5 Prozent in diesem Bereich ebenfalls hoch, ebenso in der 70er-Zone auf der Staatsstraße 2383 in Hohenreichen (9 Prozent). Am 21. Oktober wurde dort ein Autofahrer mit 131 Sachen gemessen.
In Ortsdurchfahrten im Landkreis hat die VPI ein Netz von 27 Messstellen. Die höchste Beanstandungsquote von bis zu 15,5 Prozent gab es bei den Kontrollen im Bissinger Gemeindeteil Unterringingen. Die Spitzengeschwindigkeit lag bei 88 km/h. Und auch im Buttenwiesener Ortsteil Hinterried wird gerne viel zu schnell gefahren, die Beanstandungsquote auf der DLG 3 lag in diesem Bereich bei bis zu 14,8 Prozent, der Negativ-Rekord bei 90 km/h. Zu den Rennstrecken zählt auch die Ortsdurchfahrt in Frauenriedhausen, dort wurde ein Verkehrsteilnehmer mit 101 Stundenkilometern ertappt. Den Negativ-Rekord im 50er-Bereich stellte allerdings ein Autofahrer am 5. Juni in Höchstädt auf. Er wurde in der Donauwörther Straße mit 119 Stundenkilometern geblitzt.
Die Geschwindigkeitskontrollen seien nur ein Teil der Aufgaben der VPI Donauwörth, erläutert Zausinger. Verkehrsteilnehmer würden auch auf Alkohol und Drogen kontrolliert – oder ob sie beim Fahren das Handy am Ohr haben oder Nachrichten eintippen. Ein besonderes Augenmerk, so Zausinger, gelte der Überprüfung des Schwerlastverkehrs, denn die B16 im Landkreis sei hier eine stark belastete europäische Durchgangsstrecke. Der Inspektionschef spricht von einer „Lkw-Rennstrecke“, denn viele Fahrer von Sattelschleppern hielten sich nicht an die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 60 Sachen. Mit ihrem zivilen Fahrzeug, in dem eine Videokamera installiert ist, stellten die Beamten häufig eine tatsächliche Geschwindigkeit von um die 90 km/h fest, also 50 Prozent über dem erlaubten Limit. Massive Verstöße kämen aber regelmäßig auch beim Auslesen der digitalen Kontrollgeräte der Lastwagen ans Tageslicht. Bei 60 Prozent der Verstöße, die auf den Geräten dokumentiert waren, habe es sich um überhöhte Geschwindigkeit gehandelt – begangen von Fahrern im europäischen Güterverkehr.
Die Bilanz für 2020 zeigt nach Ansicht von Zausinger, dass es wichtig sei, den Verkehr zu überwachen und Raser zur Rechenschaft zu ziehen. Ansonsten würden sich die Straßen der Region allgemein in Rennstrecken verwandeln – mit noch mehr schweren und sogar tödlichen Unfällen als Folge. (mit wwi)"Kommentar