Drei kleine Fahrräder stehen vor dem Eingang. Im Gang sind ein paar Rucksäcke vom Haken geplumpst. An dem Tisch links von der Tür sitzen zwei Buben und schmatzen genüsslich um die Wette. Mit Marmelade und Salami sind ihre Brote belegt, wie sie stolz erzählen. Auf dem Boden liegen drei Mädchen. Sie schieben große Puzzleteile hin und her, lachen und überlegen. Der Lärmpegel an diesem Vormittag in der „orangenen Gruppe“ der Bissinger Kindertageseinrichtung ist hoch – „Aber dass gehört zu unserem Alltag“, sagt Leiterin Bettina Konrad und beugt sich zu dem blonden Mädchen vor ihr hinunter. Die Kleine mit dem pinken Pullover hat gerade mit der Praktikantin etwas Tolles gebastelt, wie sie ihr erzählt. Und husch – schon rennt der kleine Wirbelwind wieder lachend davon.
Dieser Trubel in der Kita im Kesseltal hat mehr als zwei Monate gefehlt. Erst seit rund zwei Wochen dürfen die Kleinen wieder in die Einrichtung, coronabedingt fand nur eine Notbetreuung statt – wie in allen ähnlichen Einrichtungen im Landkreis Dillingen. „Endlich sind sie wieder da“, sagt Bettina Konrad. Als die Buben und Mädchen am ersten Tag wiedergekommen sind, sei es so gewesen, als wären sie nie weg gewesen – für Kinder und Erzieher. Obwohl: „Sie sind groß geworden“, sagt die Leiterin lachend.
In Bissingen hat man Plexiglasscheiben für Elterngespräche installiert
Bald ein Jahr ist es nun her, dass der Ausbruch der Corona-Pandemie unser aller Leben beeinflusst und einschränkt. Auch der Alltag einer Kindertageseinrichtung, erst recht mit einer Größe wie der in Bissingen, sieht längst nicht mehr so aus wie vorher. An allen Eingangstüren hängen Zettel mit Hinweisen und Regeln. Eltern müssen ihre Schützlinge vor der Tür abgeben und draußen wieder abholen. In die Einrichtung selbst dürfen Mama und Papa nicht herein, so handhaben es Bettina Konrad und ihre Kollegen und Kolleginnen von Anfang der Pandemie an. „Gerade zu den üblichen Bring- und Abholzeiten könnte es an unseren kleinen Garderoben schnell zu eng werden. Wir wollen alles versuchen, dass das Virus nicht in die Einrichtung gelangt und bisher haben auch alle mit uns an einem Strang gezogen“, betont sie. So wurde beispielsweise auch die Mittagszeit um eine Viertelstunde verlängert, sodass sich die Abholzeit mehr entzerre.
In der Kesseltaler Einrichtung wurden außerdem Plexiglasscheiben für Elterngespräche installiert und das längst vorhandene Hygienekonzept aufgestockt. Unzählige Hygienespender – fest oder mobil – wurden im Innen- und Außenbereich angebracht, auch mit Unterstützung von Mamis und Papis. Jeden Tag müssen die Eltern in eine Liste eintragen, wer das Kind gebracht hat. Und es muss unterschrieben werden, dass ihr Schützling zu diesem Zeitpunkt gesund war. Konrad sagt dazu: „Wir bewahren alle Zettel auf, obwohl man ehrlich sagen muss: Wir wissen nicht genau für was das gut sein soll.“
Denn oftmals, da spreche sie aus Erfahrung, läuft die Nase bei den Kindern plötzlich oder die Erzieherinnen merken später am Vormittag, dass die Kleinen beispielsweise Bauweh haben. „Es kommt immer wieder mal vor, dass wir anrufen und die Kinder dann abholen lassen“, so Konrad weiter. Das sei vor Corona schon so gewesen, nun müsse noch verstärkter darauf geachtet werden. Gerade in diesen speziellen Situationen fehle der Kontakt zu den Eltern – vor allem die kurzen Gespräche zwischen Tür und Angel.
Aber seit Kurzem weiß sich die Bissinger Einrichtung zu helfen. Dank einer Kita-Info-App fürs Handy könnten alle Mütter und Väter schnell und direkt mit neuesten Informationen versorgt werden. Ohne viel Papierkram und ganz unkompliziert. Und: „Wir erreichen damit auch wirklich alle“, sagt Konrad. Nicht nur wichtige Corona-Updates könne sie so weiterkommunizieren, auch der Hinweis, dass beispielsweise ein Waldtag anstehe, sei wichtig. So wissen die Eltern, dass eventuell Mütze, Gummistiefel und Brotzeit für den nächsten Tag Sinn machen.
Besonders achtsam sind auch die Kinder selbst. Ob am Morgen, vor der Brotzeit oder nach dem Spielen: Die Kleinen waschen ganz selbstverständlich ihre Hände mehrmals am Tag in der Einrichtung. „Für sie ist es längst Routine“, so die Leiterin. Für sie und ihre Kolleginnen gehört es mittlerweile ebenfalls zum Kita-Alltag, dass immer wieder gelüftet wird, Tische und Spielmaterialien zwischendurch gereinigt werden. Und: Maske. Solange mit den Kinder gearbeitet wird, ist die Maske Pflicht. Das sei für die Kleinen mittlerweile normal, für die Erzieherinnen laut Bettina Konrad aber täglich eine Riesenherausforderung. Es sei anstrengend und vieles gehe mit Maske verloren – vor allem die Mimik, die auch im Umgang mit den Kindern so wichtig sei. „Aber wir müssen es machen zum Schutz für uns alle, es hilft nichts“, sagt die Leiterin, die sich, wie sie sagt, auf jeden Fall impfen lässt und froh um die Priorisierung ihrer Berufsgruppe ist.
Die Bissinger Kita-Leiterin hat einen Wunsch
Für sich ganz persönlich, aber vor allem zum Schutz von Personen von Risikogruppen, die jeder im eigenen Umfeld habe. Denn, und das habe sich trotz Corona und Maske nicht geändert: „Wenn ein Kind weint, dann nehmen wir es in den Arm und trösten es.“ Bettina Konrad fasst ihre Arbeit, die ihrer Kolleginnen in Bissingen und in anderen Einrichtungen deshalb so zusammen: „Vor der Pandemie stand die pädagogische Arbeit im Fokus. Nun ist Corona allgegenwärtig und wir versuchen, drumherum unseren Alltag aufzubauen. Einiges bleibt deshalb auf der Strecke.“
Gemeinsam singen, turnen oder anderes mit anderen Gruppenkindern tun – all das ist gar nicht oder nur eingeschränkt möglich. Trotzdem, und das hört, sieht und spürt man, wenn man in der Bissinger Kindertageseinrichtung Mäuschen spielt: Die Buben und Mädchen haben Spaß. Sie wachsen mit Corona ein Stück weit auf, Hygieneregeln gehören für sie längst dazu, wie Bettina Konrad feststellt. „Es ist einfach schön, dass wieder Leben ins Haus eingekehrt ist. Das hat lange gefehlt, zu lange. Die Kinder brauchen den Kontakt zu Gleichaltrigen dringend“, sagt sie. Und auch, wenn sich alle an die veränderte Situation, die vielen neuen Regelungen und auch an die Masken mittlerweile gewöhnt hätten, so wünscht sich die Kitaleiterin von Herzen: „Dass wir alle gesund bleiben und das Beste aus der Situation machen – vor allem für die Kinder.“
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