Der Mannschaftskapitän verlässt das Spielfeld. Nach fast 30 Jahren. Nicht, weil er schlecht gespielt hat. Sondern weil ihn eine gemeine Blutgrätsche in die Knie zwingt. Er muss verletzt seine Karriere beenden. Er wird ausgewechselt. Schlusspfiff. So beschreibt Lutz Trzeciak, Vorsitzender des TSV Bissingen, das Ende der Amtszeit von Michael Holzinger. Fast 30 Jahre war er der Erste Bürgermeister der Marktgemeinde Bissingen. Bis eine schwere Herzerkrankung ihn sein Amt nicht mehr ausüben ließ.
Wie Bissingens Rathauschef verabschiedet wurde
„Es ist mir eine große Ehre heute mit dabei zu sein. Danke für deine immerwährende Unterstützung. Danke, dass wir immer zu dir kommen konnten – und zwar alle Vereine“, sagt Trzeciak am Mittwochabend. In der Friedrich-Hartmann-Halle in Bissingen, einem der unzähligen Großprojekte in Holzingers Amtszeit, wird der langjährige Bürgermeister der Marktgemeinde feierlich verabschiedet.
Alle sind sie gekommen. Vereinsvertreter, Verwaltungsmitarbeiter, Unternehmer, Kommunalpolitiker aus den Landkreisen Dillingen und Donau-Ries, frühere und aktive Gemeinderatskollegen, langjährige Weggefährten, Freunde und Familie. Der Musikverein Kesseltal und das Doppelquartett spielen auf, 16 Fahnenabordnungen verleihen dieser besonderen Abschiedsfeier ihren Glanz.
Michael Holzinger sitzt mit seiner Ehefrau, Mutter und den erwachsenen Kindern samt Partnern in der ersten Reihe. Immer wieder schluckt er kräftig, Frau Gabi kullern zwischenzeitlich Tränen über die Wangen. Es ist ein emotionaler Abend für die Holzingers. „Es war mir eine Ehre, für die Gemeinde Bissingen zu arbeiten. Ich habe immer versucht, das Beste zu geben. Ich kann heute einfach nur Danke sagen“, so der ehemalige Bürgermeister. Danke an alle, die ihn in den vergangenen Jahrzehnten unterstützt und ihm zur Seite gestanden haben. Allen voran seine Familie.
Welche Projekte Michael Holzinger auf den Weg brachte
Ein Weggefährte ist auch Stephan Herreiner – lange als sein Stellvertreter im Gemeinderat. Vor wenigen Wochen hat er Holzingers Kapitänsbinde übernommen. „Es ist mir eine große Ehre, als neu gewählter Bürgermeister mich bei dir im Namen der ganzen Bürgerschaft für deine Verdienste um unsere Gemeinde zu bedanken“, sagt er. Herreiner versucht, bei seiner Rede die wichtigsten Projekte und Maßnahmen, die in der Amtszeit seines Vorgängers realisiert worden sind, aufzuzählen – „unmöglich“.
Leuchtturmprojekte, die immer mit dem Namen Michael Holzinger in Verbindung gebracht werden, seien unter anderem Neubau Rathaus, Kläranlage, Gewerbegebiet Breitenpark, Umbau Schule, Übernahme Kindertageseinrichtung, Feuerwehrgerätehaus, Kanal- und Straßenausbau … Herreiners Liste ist lang und dennoch unvollständig an diesem Abend. „Viele Menschen kannten bis vor kurzem nur einen Bissinger Bürgermeister und viele Menschen werden auch weiterhin den Namen Michael Holzinger mit Bissingen in Verbindung bringen. Fast 30 Jahre Amtszeit sind eine Ära.“
Was es mit der besonderen Auszeichnung auf sich hat
Genau deshalb habe der Marktgemeinderat vor wenigen Wochen in einer nicht öffentlichen Sitzung einstimmig beschlossen, dass Holzinger eine besondere Auszeichnung verdient habe. „Und zwar aufgrund deiner Verdienste und nicht wegen deines Alters“, betont Herreiner und überreicht dem ehemaligen Rathauschef eine eingerahmte Urkunde, die bescheinigt, dass sich Michael Holzinger von nun an Altbürgermeister – eine Ehrenbezeichnung – nennen darf.
Eine Überraschung, von der Holzinger nichts gewusst habe, aber geahnt, wie er verrät. „Ich kenne meine Mitarbeiter, auch wenn sie still gehalten haben“, sagt Holzinger und bedankt sich von Herzen für diese Auszeichnung. Eine, die, wenn es nach Erhard Friegel geht, eine Namensänderung brauche. „Wir sollten da im Gremium mal drüber sprechen“, sagt der Vorsitzende des Gemeindetages. Er ist einer von vielen langjährigen politischen Wegbegleitern von Holzinger.
Dazu zählen an diesem Abend auch die Landtagsabgeordneten Georg Winter und Johann Häusler sowie Landrat Leo Schrell. Sie bedanken sich alle nicht nur bei Holzinger für die Zusammenarbeit in all den Jahren. Sie beschreiben den 62-Jährigen unter anderem mit Eigenschaften wie Loyalität, Herzblut, Zuverlässigkeit, Weitblick, Aufgeschlossenheit, Kompetenz und unermüdliches Engagement – von Anfang bis Ende seiner Amtszeit und sogar darüber hinaus.
Warum Holzinger mit Standig Ovations verabschiedet wurde
Bei Bedarf steht Holzinger als Berater im Hintergrund der Gemeinde Bissingen weiter zur Verfügung. Auch für den Kreistag hat er sich erneut aufstellen lassen. Landrat Schrell betont: „Du kannst mit Stolz und Genugtuung auf deine Leistung zurückblicken und du bist auf die Zukunft gut vorbereitet, weil du loslassen kannst.“ Schrell sagt, dass Holzinger als Bürgermeister vor allem auszeichnete, dass er „gradraus und ehrlich“ war.
Johann Häusler sagt auch deshalb, dass Holzinger viele große Fußstapfen hinterlasse und: „Deine Amtszeit war ein Lebenswerk, das dir oft das Letzte abverlangt hat.“ Georg Winter betont, dass die enorme Entwicklung des Kesseltals vor allem auf das Wirken von Holzinger zurückzuführen sei. „Es ist eine großartige Erfolgsgeschichte. Meinen Dank und meine Anerkennung“, so Winter. Dem schließen sich auch Kreisbrandrat Frank Schmidt und Pater Georg an. Beide Institutionen – Feuerwehr und Kirche – hätten in all den Jahren in Holzinger immer einen Ansprechpartner und Unterstützer gefunden. Langer Applaus und Standing Ovations runden die Abschiedsfeier für Michael Holzinger ab. Der ist sichtlich bewegt. Jetzt ist Schluss. Das ist das letzte Spiel für die Gemeinde. Abpfiff. Der neue Altbürgermeister zitiert FC Bayerns Ex-Präsidenten Uli Hoeneß: „Das war’s. Ich habe fertig. Danke.“
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