Die bedeutendste der vielen mittelalterlichen Burgen im Kesseltal war einst die Hohenburg. Sie stand auf einem steilen und felsigen, auf drei Seiten von der Kessel umflossenen Bergkegel zwischen den beiden Ortschaften Fronhofen und Thalheim. Im Frühjahr des Jahres 1871, also vor genau 150 Jahren, stürzte die bis dahin noch weithin sichtbare Ruine in sich zusammen. Nicht mehr viel erinnert seither vor Ort an die mächtige und bedeutende Burg, die im hohen Mittelalter das Herrschaftszentrum des Kesseltals war. Einige wenige Mauerreste und ein runder Turmstumpf am südlichen Berghang sind noch zu sehen. Vor Jahren war auch die Stelle des einstigen Burgbrunnens noch zu finden. Wer den steilen Weg entlang des Osthanges hinaufsteigt, vorbei an Felsen und Magerrasen, der kann sich trotzdem sehr gut vorstellen, wie hier einst die Ritter und Dienstmannen hinaufritten.
Fronhofen, Diemantstein und Hochstein
Die Hohenburg war die mächtigste, aber nicht die einzige Höhenburg im Kesseltal. Nicht allzu weit entfernt lagen die Burgen Fronhofen, Diemantstein und Hochstein. Sie alle gehörten wohl im Hochmittelalter zu einem gemeinsamen Herrschaftskomplex, dessen Urfamilie aller Wahrscheinlichkeit nach von der Burg Fronhofen auf dem Michelsberg stammte. Die Michaelskirche an exponierter Stelle auf höchster Stelle der nur ein paar Hundert Meter entfernten Bergkuppe steht vermutlich genau dort, wo sich vor bald einem Jahrtausend die Burgkapelle der Burg Fronhofen befand. Erst nach dem Aussterben des Fronhofener Urgeschlechts stieg die Hohenburg, wohl zu Beginn des 12. Jahrhunderts, zum namengebenden Sitz einer Adelsfamilie auf. Deren letzter männlicher Nachkomme als Burgherr der Hohenburg, Friedrich von Hohenburg, taucht im Jahre 1270 in einer Urkunde auf.
Auch Güter in Zusamaltheim
Mit dessen gleichnamigem Sohn Friedrich von Hohenburg, welcher am 4. Juni 1319 als Ordensritter des Johanniterordens zu Kleinerdlingen im Ries in einem Kaufbrief als Zeuge genannt wird, starben die Hohenburger aus, denn nach 1319 ist kein Angehöriger dieses Adelsgeschlechts mehr in irgendeiner Urkunde zu finden. Die Bedeutung dieser Kesseltaler Adelsfamilie im hohen Mittelalter beweist sich durch weit verstreute Besitzungen im nordschwäbischen Bereich, zu denen unter anderem der Stettenhof bei Mödingen oder Güter in Zusamaltheim zählten, aber auch durch die erste urkundliche Erwähnung der größten und wichtigsten Burg der Region, der Harburg, im Jahre 1150. Hier spielten die verwandtschaftlichen Beziehungen der Fronhofen-Hohenburger zum deutschen Königshaus eine Rolle.
Seine Bedeutung demonstrierte das Hohenburger Adelsgeschlecht auch in einem stolzen Burgenbau. Wer zu der Burg von Osten her hinaufstieg oder ritt, passierte wohl zunächst auf dem vorderen Felskegel eine Vorbefestigung und anschließend einen künstlich vertieften, etwa acht bis zehn Meter tiefen Graben. Vorbei am Torturm mit etwa sieben Metern Durchmesser und eineinhalb Meter dicken Mauern, der bis heute zu erkennen ist, ging der Burgweg anschließend steil hinauf zur eigentlichen Vorburg mit Wirtschaftshof, hohen Umfassungsmauern und Wällen. An der höchsten Stelle schließlich lag die Kernburg mit einem Palas und dem Bergfried. Allein die Größe der Hauptburg belief sich auf etwa 20 mal 45 Meter. Der neun mal neun Meter umfassende Bergfried stand an der Nordwestseite auf der Außenmauer und zum Burginnenhof hin frei.
Dieser ganze stolze Burgkomplex, in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts erbaut, ist spätestens seit 1299 in den Händen der Grafen von Oettingen. Nicht klar ist, ob dieses Adelsgeschlecht aus dem angrenzenden Ries durch Kauf oder Erbschaft in den Besitz der Herrschaft Hohenburg kam. Nachdem diese Herrschaft zusammen mit dem dazugehörigen Markt Bissingen im Jahr 1455 von den Oettingern an die Schenken von Schenkenstein verkauft wurde, verlagerte sich der Herrschafts- und Verwaltungssitz immer mehr hinunter in den Marktort im unteren Kesseltal.
Als schließlich nach diversen Besitzerwechseln die Herrschaft Hohenburg-Bissingen im Jahr 1661 zurück an das Haus Oettingen gelangte, war die Hohenburg längst dem Verfall preisgegeben. Schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde sie als „Ruine“ bezeichnet. So war es kein Wunder, dass die noch verbliebenen, Wind und Wetter ausgesetzten Restmauern in der ersten Jahreshälfte des Jahres 1871 in sich zusammenstürzten. Über das genaue Datum dieses Ereignisses allerdings gibt es zwei widersprüchliche Angaben. Mit Wilfried Sponsel und Hartmut Steger schreiben zwei äußerst renommierte Heimathistoriker in ihrem Standardwerk über die Burgen des Rieses und Riesumfelds („Vergangene Burgen und Herrensitze“, erschienen 2004) mit Bezug auf Volker von Volckamer: „Ein Großteil stürzte in der Nacht vom 22. auf den 23. April des Jahres 1871 zusammen.“
Zeugnisse und Sagen
Oberlehrer Georg Engel aus Bissingen, ebenfalls ein passionierter Heimatforscher, nahm hingegen Bezug auf die Chronik der Pfarrei Fronhofen, als er wörtlich schrieb: „Anno 1871 den 12. Mai stürzte die Giebelmauer der Hohenburg, der letzte noch gut erhaltene Überrest der Ruine morgens 4 Uhr mit donnerähnlichem Gekrach den Berg hinab und ist mit ihm die schöne Ruine, eine Zierde des Kesseltals, bis auf unbedeutende Mauerreste verschwunden. Schaden wurde Gott sei Dank nicht angerichtet.“ Ob April oder Mai 1871, jedenfalls wurden die Steine der eingestürzten Ruine zu nicht unwesentlichen Teilen für andere Bauwerke genutzt, unter anderem auch ab 1908 für anstehende Arbeiten an der unterhalb der einstigen Burg gelegenen Hohenburger Mühle.
So bleiben heute neben den schriftlichen Quellen und den wenigen bildlichen Zeugnissen lediglich die eine oder andere Sage und die relativ dürftigen Überreste als Erinnerung an eine der bedeutendsten mittelalterlichen Burgen im Umfeld des Rieses. Ein beliebtes Ausflugsziel allerdings bildet die reizvolle Landschaft des oberen Kesseltals rund um die Hohenburg und den Michelsberg allemal, und das zu allen Jahreszeiten.
Lesen sie auch:
- Dieser Ort ist seit 550 Jahren ein beliebter Wallfahrtsort in Buggenhofen
- Was es mit der Sebastiani-Bruderschaft in Bissingen auf sich hat