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Lauingen: Belästigungs-Vorwürfe an Gymnasium: Aufarbeitung könnte schwierig werden

Lauingen

Belästigungs-Vorwürfe an Gymnasium: Aufarbeitung könnte schwierig werden

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    Am Albertus-Gymnasium in Lauingen sollen mehrere Lehrer Schüler belästigt haben. Die Aufklärung der Fälle könnte schwierig werden. Das hat mit Mechanismen der sozialen Netzwerke zu tun.
    Am Albertus-Gymnasium in Lauingen sollen mehrere Lehrer Schüler belästigt haben. Die Aufklärung der Fälle könnte schwierig werden. Das hat mit Mechanismen der sozialen Netzwerke zu tun. Foto: Mathias Rogler (Archiv)

    Wilde Partys mit Schülern, Alkoholexzesse in lokalen Bars, unangemessen enger Kontakt zwischen Lehrern und ihren Schutzbefohlenen. Was ehemalige Schüler manchen Lehrkräften am Albertus-Gymnasium in Lauingen vorwerfen, wiegt schwer. Die Anschuldigungen reichen von körperlicher Nähe bis zu unpassenden Kommentaren in sozialen Netzwerken. Neben dem Kultusministerium und der Dienstaufsicht hat sich deshalb auch die Staatsanwaltschaft in den Fall eingeschaltet. Die Frage, die sich stellt: Wie eng darf die Beziehung zwischen Lehrern und Schülern sein?

    Am Schulwerk der Diözese Augsburg gibt es klare Vorgaben für Lehrer

    Dazu gibt es eine Stellungnahme des Kultusministeriums. Darin heißt es, dass Lehrer die Distanz zu ihren Schülern einhalten müssen – im echten Leben wie in sozialen Netzwerken. An den Schulen im Landkreis, das versichern befragte Rektoren, richte man sich auch danach. An der Donau-Realschule in Lauingen etwa. Dort war man von den Anschuldigungen gegen das Gymnasium entsetzt. Was den Kontakt zwischen Schülern und Lehrern auf sozialen Netzwerken angeht, verweist Schulleiterin Karin Leo auf die Vorgabe des Ministeriums: „Wir achten darauf, dass es da keinen Kontakt gibt.“ Statt Facebook, Whatsapp und Co. könnten Lehrkräfte über bestimmte Lernplattformen mit ihren Schülern in Verbindung treten. „Die Lehrer werden darauf hingewiesen, dass Kontakt über andere Medien nicht angemessen ist“, sagt Leo. Im Zuge des Unterrichts machen die Schüler der Schulleiterin zufolge auch einen Medien-Führerschein. Zudem werden Schüler wie Eltern über die Tücken sozialer Netzwerke aufgeklärt. Aber: Hundertprozentige Sicherheit, dass es zu keinem Kontakt kommt, gebe es nie.

    Die Einrichtungen des katholischen Schulwerks, zu denen die Bonaventura-Realschule, das gleichnamige Gymnasium sowie die FOS und die Akademie für Sozialpädagogik in Dillingen gehören, gehen einen rigoroseren Weg: An den Schulen gebe es einen Medien-Kodex, für den sich die Lehrer verpflichten. Freundschaftsanfragen von Schülern anzunehmen, ist demnach nicht erlaubt. Auch der Kontakt via Whatsapp sei allein aus Datenschutzgründen schon nicht gestattet. „Wir achten da sehr drauf“, erklärt Schulwerksleiter Peter Kosak. „Missbrauch von Schülern ist da schnell ein Thema. In der katholischen Kirche vielleicht mehr als in anderen Institutionen.“ Die Lehrer der kirchlichen Schulen besuchen deshalb seit Bekanntwerden der Missbrauchsfälle an katholischen Schulen im Jahr 2010 verpflichtend Präventionsveranstaltungen und werden für das Thema sensibilisiert. Ob es am Albertus-Gymnasium neben dem zweifelhaften Verhalten der Lehrkräfte wirklich zu einem Missbrauch kam, ist unklar. Bislang gehen die Anschuldigungen nicht in diese Richtung.

    Ein Schüler am Albertus sollte sich zu seinem Lehrer ins Bett legen

    Auch am Wertinger Gymnasium wird nach Aussage von Schulleiter Bernhard Hof genau auf die Einhaltung von Distanz geachtet – besonders auch im virtuellen Raum. Whatsapp, Facebook und Instagram seien für Kontakte zwischen Lehrern und Schülern tabu, Kommunikation geschehe über das Onlinesystem „Mebis“ oder per E-Mail. Der Preis dafür sei, dass etwa die Organisation bei Klassenfahrten oder P-Seminaren für die Lehrer umständlicher werde, da keine gemeinsamen Whatsapp-Gruppen mit ihren Schülern erstellt werden dürfen. Hof ist sich sicher, dass diese Richtlinien von seinem Kollegium eingehalten werden.

    Gerade jungen Referendaren ruft der Wertinger Schulleiter zu Beginn ihrer Laufbahn noch einmal ins Gedächtnis, dass die Rollenverteilung zwischen Lehrer und Schüler klar geregelt ist und keine engen persönlichen Beziehungen jeglicher Art zulässt. Der Altersunterschied von Referendaren zu den Schülern der höheren Klassen sei ja oft nicht besonders groß, sagt Hof. In seiner Zeit als Schulleiter des Wertinger Gymnasiums habe es aber noch keine Situation gegeben, in der er diesbezüglich habe einschreiten müssen.

    In einer weiteren Anschuldigung am Albertus in Lauingen geht es um exzessiven Alkoholkonsum eines Lehrers: Er soll in einer Bar so betrunken gewesen sein, dass seine Schüler ihn nach Hause bringen mussten. Dort soll er einen Schüler überredet haben, sich zu ihm ins Bett zu legen. Mehreren Schüleraussagen zufolge sei es nicht ungewöhnlich, Lehrer des Albertus’ in Bars in Lauingen zu treffen. Lehrer katholischer Schulen dürften sich so etwas nicht erlauben. „Das bedürfte einer ernsten Erklärung“, so Schulwerksleiter Kosak.

    Nach diesem Vorfall, so die Aussage eines betroffenen Schülers, habe dieser sich einer Lehrerin anvertraut. Sie entgegnete ihm seiner Aussage nach aber nur, dass er das „freundschaftlich“ sehen solle. Wie durch ein Interview des BR bekannt wurde, handelt es sich bei der Lehrkraft um eine Verbindungslehrerin.

    Schulleiterin Iris Eberl will von nichts gewusst haben

    Am Johann-Michael-Sailer-Gymnasium in Dillingen ist es ähnlich wie an den anderen Schulen: An die Vorgaben des Ministeriums, sagt Schulleiter Kurt Ritter, halte man sich. „Das Risiko geht hier keiner ein.“ Allerdings – das sagen alle Schulleiter – gebe es keine Kontrollmechanismen, um Verhalten in sozialen Netzwerken zu überprüfen.

    Im Falle einer Beschuldigung gegen einen Lehrer in Lauingen könnte das zum Problem werden: Er soll ein Bild einer Schülerin auf der Fotoplattform Snapchat unangemessen mit Sätzen wie „Sieht gut aus“ kommentiert haben. Die App allerdings löscht Bilder und die Kommentare darunter automatisch nach einer gewissen Zeit. Die Anschuldigung zu überprüfen, so eine Sprecherin des Kultusministeriums gegenüber unserer Redaktion, werde deshalb schwierig. In den dienstrechtlichen Ermittlungen müsse man sich vor allem auf Zeugenaussagen verlassen.

    Am Tag nach Bekanntwerden der Vorwürfe betont Albertus-Schulleiterin Iris Eberl, erst durch die Recherchen des BR von den Vorwürfen erfahren zu haben. Zum ersten Mal sei das Thema vor nicht einmal zwei Wochen aufgetaucht. Dass es schon lange Gerüchte bezüglich der Alkoholexzesse von Lehrern in Lauingen gab, will sie nicht gewusst haben. „Mein Vorgänger hat mir eine sehr gut geführte Schule hinterlassen. In meinem Computer steht alles Wichtige. Der erzählt mir aber keine Gerüchte“, so Eberl, die seit August am Albertus-Gymnasium tätig ist. Sie sei selbst noch daran, die Anschuldigungen nachzurecherchieren. „Ich wünsche mir, dass das möglichst schnell aufgeklärt wird.“

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