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Atomkraft: Gundremmingen das gefährlichste AKW? Behörde widerspricht

Atomkraft

Gundremmingen das gefährlichste AKW? Behörde widerspricht

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    Das Kernkraftwerk Gundremmingen.
    Das Kernkraftwerk Gundremmingen. Foto: Bernhard Weizenegger

    Das Atomkraftwerk (AKW) Gundremmingen ist das gefährlichste in Deutschland. Das schreibt zumindest das Nachrichtenmagazin Spiegel und beruft sich auf eine Analyse der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit, die im Auftrag des Bundesumweltministeriums Zwischenfälle in Kernkraftwerken untersucht.

    Ausgewertet wurden demnach Ereignisse, aus denen sich im Extremfall eine Kernschmelze hätte entwickeln können, so der "Spiegel". Mit 14 solcher Störungen in den beiden Blöcken führe das Kraftwerk die Statistik an – die allerdings nur von 1993 bis 2010 reicht. Und auf Anfrage unserer Redaktion relativiert die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit das ganze.

    Zwar unterziehe sie seit 1993 ausgewählte meldepflichtige Ereignisse den sogenannten Precursor-Analysen, doch die „ermittelten Eintrittshäufigkeiten für Gefährdungszustände“ könnten weder verallgemeinert noch könnten verschiedene Anlagen dabei verglichen werden, betont Pressesprecher Sven Dokter. Mehr könne er dazu nicht sagen, da die Weitergabe konkreter Informationen vom Bundesumweltministerium – dem Auftraggeber – genehmigt werden müsse.

    Kraftwerkssprecher Tobias Schmidt betont auf Anfrage ebenfalls, dass das AKW Gundremmingen über ein „anerkannt hohes Sicherheitsniveau“ verfüge, was diverse Stresstests bestätigt hätten. Die Blöcke B und C gelten demnach als Vorbild für internationale Siedewasser-Konzepte und stünden den noch laufenden Druckwasserreaktoren in Deutschland bei der Sicherheit in nichts nach. Auch hebt er hervor, dass alle meldepflichtigen Ereignisse seit 1993 auf der internationalen Bewertungsskala der niedrigsten Stufe zugeordnet worden seien. „Das bedeutet: Sie hatten keine oder geringe sicherheitstechnische Bedeutung“, erklärt Schmidt.

    Wie die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit betont auch er, dass die Aussagekraft der Precursor-Analysen nur begrenzt sei, und beruft sich auf die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen im Bundestag aus dem vergangenen Jahr. Dort heißt es in der Tat, „dass die Aussagekraft der (...) Analysen teilweise eingeschränkt ist, weil (...) nicht immer ausreichende Daten über die einzelnen Anlagen vorlagen“. Zudem werde nur bewertet, so erläutert Kraftwerkssprecher Schmidt, wie sich ein Ereignis „in Kombination mit dem Ausfall weiterer Systeme theoretisch entwickeln könnte und weist entsprechende statistische Wahrscheinlichkeiten aus.“ Dabei werde angenommen, dass weder die Automatik noch das manuelle Eingreifen funktioniere.

    Ministerium: Gundremmingen erfüllt Sicherheitsvorgaben

    Das Bayerische Umweltministerium als Aufsichtsbehörde bestätigt gegenüber unserer Redaktion, dass das AKW Gundremmingen alle Sicherheitsvorgaben erfülle. „Die Anzahl der von der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit durchgeführten, technischen Precursor-Analysen bei einem Kernkraftwerk ist kein Maß für die Sicherheit der Anlage“, hebt ein Sprecher des Ministeriums hervor. Die Auswertung der beiden Ereignisse im Jahr 2010 habe auch keinen Hinweis auf Sicherheitsdefizite ergeben.

    Die Bürgerinitiative Forum jedoch gibt sich damit nicht zufrieden. „Die bayerische Atomaufsicht unter Ministerin Ulrike Scharf scheint wegzuschauen“, schreibt der Vorsitzende Raimund Kamm in einer Mitteilung. „Jahrzehntelang wurde von der Staatsregierung gepredigt, dass die AKW in Deutschland sicher seien. Störmeldungen werden nicht aufgeklärt und den Ursachen von Fehlern wird nicht nachgegangen.“

    Allein in diesem Jahr hatten vor allem zwei Zwischenfälle für Aufsehen gesorgt: Im März wurde durch einen menschlichen Fehler ein Druckluftsystem deaktiviert und die Reaktorschnellabschaltung eingeleitet, im November riss beim Umsetzen eines Brennelements ein Teil ab. Landtagsabgeordnete der SPD haben mittlerweile die Staatsregierung aufgefordert, über den letztgenannten Vorfall Bericht zu erstatten.

    Die Initiative fordert angesichts der Zwischenfälle, die Atomaufsicht in Gundremmingen „endlich sicherheitsorientiert“ durchzuführen, die Vorfälle aufzuklären und die Bevölkerung über die Ursachen zu informieren. Beide Reaktoren müssten schnellstmöglich abgeschaltet werden und Block C dürfe nicht länger als Block B laufen. Die Energiewende müsse vorangebracht werden, damit es erst gar keine Notwendigkeit mehr gebe, Atomkraftwerke überhaupt noch laufen zu lassen.

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