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Münchner Studentenprojekt: Digital Helpers: Computer für alle

Münchner Studentenprojekt

Digital Helpers: Computer für alle

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    Leopold Neuerburg (rechts) mit weiteren "Digital Helpers" bei der Projekt-Planung.
    Leopold Neuerburg (rechts) mit weiteren "Digital Helpers" bei der Projekt-Planung. Foto: privat

    Bis zu sechs Stunden täglich verbringt der 22-jährige Leopold Neuerburg an seinem Computer. "Schon irgendwie den Großteil meiner Zeit", überlegt der Wirtschaftsstudent. "Allein für die Uni nutze ich ihn viel." Dass jeder diese Möglichkeit hat, genauer gesagt einen eigenen PC, das ist das Ziel von Leopold und den anderen rund 25 "Digital Helpers". "Wir träumen von einem Deutschland, wo jeder Mensch, unabhängig von seinen wirtschaftlichen oder sozialen Umständen, uneingeschränkten Zugang zu internetfähigen Informations- und Kommunikationstechnologien hat", formuliert der Münchner Verein auf seiner Internetseite die gemeinschaftliche Vision. Mitglied Leopold sagt: "Das klingt sehr idealistisch, ist aber so." Fakt ist: Laut Statistischem Bundesamt lag 2011 der Anteil der privaten Haushalte mit Computern bei exakt 81 Prozent. 16 Prozent der Befragten geben zudem an, noch nie einen Computer benutzt zu haben.

    Die Studenten wollen der digitalen Spaltung entgegenwirken

    Digitale Spaltung lautet der Fachausdruck für das, was die Studenten, die sich alle ehrenamtlich engagieren, bekämpfen wollen. Der Begriff beschreibt das Problem, dass der Zugang zu Computern und zum Internet ungleich verteilt und stark von sozialen Faktoren abhängig ist. Dem Münchner Verein zufolge deutet vieles darauf hin, dass Menschen mit dem Zugang zu diesen Technologien bessere soziale und wirtschaftliche Entwicklungschancen haben. "Unternehmen informieren heute digital über ihr Stellenangebot, auch Bewerbungen verschickt man online", nennt Leopold ein Beispiel.

    Um diese digitale Kluft zu überwinden, organisiert der Münchner Verein Computerspenden. Hauptsächlich sind es Unternehmen, die ausrangierte PCs zur Verfügung stellen. 158 Computer und Monitore - Flachbildschirme, wie Leopold betont - verteilten die "Digital Helpers" so im vergangenen halben Jahr. "Bei uns gibt es immer das komplette Paket, sonst bringt das ja nichts", erklärt der Student. Und fügt hinzu: "Natürlich funktionieren alle Geräte einwandfrei. Das wird vorher überprüft."

    Welcher Abnehmer tatsächlich bedürftig ist und welcher nicht, das lässt sich laut Leopold für die Studenten selbst nur schwer ermitteln. Deswegen arbeiten die "Digital Helpers" eng mit sozialen Vereinen - wie etwa der Tafel - zusammen, die die Computer dann weitergeben. "So ganz genau wissen wir gar nicht immer, wo die PCs landen", sagt der 22-Jährige.

    Mit der Verteilung von Computern ist es nicht getan

    Prof. Klaus Bredl, der sich an der Universität Augsburg mit digitalen Medien beschäftigt, bestätigt das Problem der digitalen Spaltung in Deutschland: "Die sozialen Chancen durch den mangelnden Zugang zu digitalen Medien verringern sich. Dies kann sich noch verstärken, je mehr Medien nur noch online zur Verfügung stehen." Auch der Experte zieht das Beispiel Jobsuche heran. Sei der Weg zum Ausbildungsplatz nur online zu finden, seien "Offliner" klar im Nachteil. Das Münchner Projekt bezeichnet der Experte deshalb als "vielversprechend". Gleichzeitig warnt Bredl aber: "Nur mit der Verteilung von Hardware und Software ist es nicht getan."

    Das sehen auch die "Digital Helpers" so. Mit der Verteilung von Computern wollen sie zunächst eine Grundlage schaffen. Ausgeweitet werden soll in Zukunft laut Mitglied Leopold jedoch auch die Schulung im Umgang mit Technik und Internet. Denn wer einen PC bekommt, soll auch die richtige Handhabung lernen - natürlich auf digitalem Wege. Zwei Informatiker seien gerade dabei, spezielle Programme zu entwickeln. "Wir glauben an die Kraft des PCs", antwortet Leopold auf die Frage, ob es denn keinen gewöhnlichen Unterricht gebe.

    Argumente für die Teilnahme an der digitalen Welt gibt es für den 22-Jährigen genug. So will der Student selbst auch auf soziale Netzwerke wie Facebook nicht verzichten müssen. "Wenn ich mir vorstelle, von Freunden nicht mehr online zu Partys eingeladen werden zu können, wäre ich am Wochenende nur noch halb so oft unterwegs." Die digitale Welt ist dabei für Leopold ein "Mittel zum Zweck", wie er betont. "Ich gehe deswegen genauso mit Freunden in die Kneipe ein Bier trinken, nur die Verabredung läuft eben anders."

    Auch laut Bundesgerichtshof ist das Internet für den Alltag wichtig

    Wie wichtig das Internet für den Alltag der Menschen ist, wurde zuletzt sogar vor Gericht deutlich. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Januar erstmals einem Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz zuerkannt, weil er zeitweilig auf den Netzzugang verzichten musste. Geklagt hatte ein Kunde der Firma 1&1 Internet. Ein Fehler beim Tarifwechsel führte dazu, dass der Kläger seinen DSL-Anschluss zwei Monate lang nicht nutzen konnte. "Ganz klar eine Einbuße an Lebensqualität", kommentiert der 22-jährige Leopold das Urteil.

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