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Kommentar: Schutz vor Kostenfallen im Internet? Kein Ruhmesblatt

Kommentar

Schutz vor Kostenfallen im Internet? Kein Ruhmesblatt

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    Schutz vor Kostenfallen im Internet? Kein Ruhmesblatt
    Schutz vor Kostenfallen im Internet? Kein Ruhmesblatt

    Abofallen im Internet sind eine Seuche. Nicht erst seit gestern oder seit ein paar Monaten; tatsächlich verunsichern Kostenfallen seit geschlagenen sechs Jahren die deutschen Verbraucher. Aktuellen Studien zufolge sind seitdem über fünf Millionen Bundesbürger Opfer von Abzockern im Netz geworden, die ihnen für scheinbar kostenlose Dienste plötzliche teures Geld abnehmen wollten. Die Verbraucherzentralen mussten zeitweise Sonderschichten fahren, um all die verunsicherten Opfer zu beraten.

    Und heute, endlich, reagiert die Bundesregierung. Eine sogenannte Button-Lösung soll es richten. Vor dem Abschluss eines kostenpflichtigen Vertrages im Internet sollen Nutzer mit der Maus einen Button - also einen Knopf auf der Webseite - klicken müssen. Damit sollen sie bestätigen, dass sie über die Kostenpflicht informiert wurden. Versteckte Preisangaben und untergeschobene Verträge sollen damit in Zukunft verhindert werden.

    Eine gute Idee? Nein. Ganz im Gegenteil ist die jetzt viel gepriesene Button-Lösung wahrlich kein Ruhmesblatt für die Politik.

    Zum einen, man muss es deutlich sagen, reagiert die Politik mit ihrem heutigen Beschluss um Jahre zu spät auf das Problem der Abofallen im Internet. Das "Geschäftsmodell", Verbrauchern angebliche Verträge unterzuschieben und sie dann mit Hilfe von Inkassofirmen und Anwälten zur Zahlung zu erpressen, hatte seine eigentliche Hochzeit in den Jahren 2007 bis 2009.

    Abzocker haben längst neue Methoden

    Inzwischen ist die Zahl der einschlägigen Seiten massiv zurückgegangen - auch weil die meisten Verbraucher mittlerweile sensibilisiert sind und nicht mehr unbesehen alles bezahlen. Und die Abzocker? Sie haben sich längst ihre goldene Nase verdient und wenden sich neuen Methoden zu - Abo-Fallen in Apps etwa. Die neue Button-Lösung belastet damit nicht etwa die Betrüger, sondern vor allem den seriösen Online-Handel.

    Man fühlt sich bei der Button-Lösung erinnert an den geradezu peinlichen Kampf der Politik gegen die illegalen 0190-Dialer. Auch da wurde dem üblen Treiben jahrelang tatenlos zugesehen. Die Lösung für das Problem - ein Kostenfenster - wurde erst eingeführt, als die Dialer ohnehin fast niemand mehr nutzte, weil sie über DSL nicht funktionierten.

    Ein weiteres Argument spricht gegen die Button-Lösung: Technische Funktionen sind stets technisch manipulierbar. So wie es in den Jahren 2002 oder 2003 möglich war, 0190-Dialer zur automatischen und vom Nutzer unbemerkten Einwahl zu bringen, so lässt sich mit einfachen Möglichkeiten auch ein Knopfdruck auf einer Webseite manipulieren. Der Dumme wäre der betrogene Verbraucher, der damit erst recht in Erklärungsnot gerät.

    Die Rechtslage bei Kostenfallen ist eindeutig

    Aus einem dritten Grund ist die neue Knopf-Lösung im Grunde unnötig: Die Rechtslage ist nämlich schon heute eindeutig. Wer die Kostenpflicht seines Angebots im Internet versteckt, hat keinen Anspruch auf Bezahlung. Das ist so, das war immer so - und es ist auch den Tätern bewusst. Zugute kam den  Abofallen im Internet also nicht etwa eine rechtliche Grauzone; das eigentliche Problem war, dass die Täter und ihre Komplizen bei ihren Opfern eine kaum noch auszuhaltende Droh- und Druckkulisse aufbauen durften. Ungestraft kündigten Inkassofirmen und Inkassso-Anwälte da negative Schufa-Einträge oder Kontopfändungen, sogar mit nächtlichen Besuchen zuhause drohten einzelne Inkassofirmen bei ihren Versuchen, Geld für rechtlich nicht existente Verträge einzutreiben.

    Politik und Justiz sahen - und sehen - diesem Treiben bis heute tatenlos zu. Und die Gerichte, die für die Zulassung von Inkassobüros zuständig sind, bekleckern sich auch nicht mit Ruhm wenn es darum geht, die schwarzen Schafe der Branche zu stoppen.

    Eine Button-Lösung, wie sie nun von Verbraucherministerin Ilse Aigner als großer Durchbruch gefeiert wird, löst die eigentlichen Probleme also nicht. Sie kommt zu spät, hilft Verbrauchern wenig und erschwert den Falschen das Geschäft.

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