Flirten macht Spaß. Und das nicht nur im Straßencafé, sondern genauso im Netz - das beweisen Dating-Portale, die sich immer größerer Beliebtheit erfreuen. Am Donnerstag haben Online-Partnerbörsen den "Tag der virtuellen Liebe" ausgerufen. Es gibt einige hartnäckige Vorurteile über die Partnersuche im Internet. Aber stimmen diese auch wirklich?
Sein Profil schärfen im Kampf um Aufmerksamkeit
Das Nutzerprofil ist beim Online-Dating quasi die persönliche Visitenkarte. Daher ist es natürlich verlockend, sich dort besonders positiv darzustellen. "Die Konkurrenz um Aufmerksamkeit ist online wesentlich größer als beispielsweise in der Disko", sagt der Soziologe Andreas Schmitz. Er forscht an den Universitäten Bonn und Bamberg zum Thema Partnermärkte im Internet.
Mit seinen Kollegen Susann Sachse-Thürer, Doreen Zillmann und Hans-Peter Blossfeld von der Universität Bamberg hat Schmitz in einem Forschungsprojekt zwischen 2007 und 2010 "Prozesse der Partnerwahl auf Online-Kontaktbörsen" untersucht. Dabei überprüften die Wissenschaftler auch die beliebtesten Klischees und Mythen über Online-Dating.
Kleine Schwächen werden gern kaschiert
Dass sich die meisten Menschen Online-Dating-Börsen zuwenden, weil sie im wahren Leben beim Dating keinen Erfolg haben, ist demnach ein Vorurteil. Viele Online-Dater, so schreiben die Forscher, schätzten sich selbst als sehr attraktiv und auch offline durchaus "erfolgreich" ein. Das Internet sei für sie so etwas wie eine aufregende Erweiterung des Partner-Marktes.
Dort will der Online-Dater freilich möglichst überzeugen. "Es ist eine verbreitete Strategie, eigene Schwächen bei der Selbstdarstellung zu verheimlichen oder zumindest im kleinen Bereich zu kompensieren", sagt Schmitz.
In einem allzu übertrieben guten Licht sollte man sich aber nicht präsentieren. Schließlich sollte man alle Erwartungen an die inneren und äußeren Eigenschaften, mit denen man sich in seinem Profil schmückt, auch bei einem Treffen im wahren Leben erfüllen können, wenn es mit der Partnerschaft etwas werden soll.
Lügner haben kurze Beine
Wie die Partnerwahlforschung herausgefunden hat, lassen wir uns bei der Paarbildung besonders von der äußerlichen Attraktivität und der Bildung des Gegenübers beeindrucken. Bei diesen beiden Punkten wird auch am Liebsten geflunkert.
Dabei orientieren sich Männer wie Frauen häufig an gesellschaftlichen Normvorstellungen, hat Schmitz beobachtet. Während sich Männer gerne ein paar Zentimeter größer machen, als sie sind, korrigieren viele Frauen in ihrem Profil ihr Körpergewicht nach unten. "Vergleicht man die Gewichtsangaben von Frauen auf Online-Partnerbörsen mit dem statistischen Mittelwert in Deutschland, sind die Frauen online im Durchschnitt interessanterweise leichter", berichtet Schmitz.
Frau Doktor fällt oft unter den Tisch
Auch in Sachen Bildung korrigieren Frauen ihr Profil häufiger nach unten. "Einen Doktortitel verschweigen Frauen beispielsweise häufig, weil er als strategischer Nachteil gesehen wird", erklärt der Soziologe. Schließlich besagt die überlieferte gesellschaftliche Konvention, dass der Mann wenn möglich eine höhere Position haben sollte als die Frau. Traditionelle Geschlechterrollen sind also offenbar noch in so manchem Kopf verankert.
Dieser Trend zur Schönheitskorrektur sollten Börsen-Nutzer aber nicht abschrecken. Im Gegenteil. "Beim Online-Dating wird nicht prinzipiell gelogen", stellt Soziologe Schmitz klar. Wie die Wissenschaftler herausfanden, bleiben die meisten Männer und Frauen in ihrer Selbstbeschreibung zumindest sehr nah an der Wahrheit.
Die Erfolgsquote ist gut
Immer mehr Menschen nutzen Dating-Plattformen: Im Jahr 2003 zählte das Statistik-Portal Statista noch rund 3,5 Millionen aktive Nutzer in Deutschland; 2011 waren es schon 7,3 Millionen. Übrigens nicht nur die Jungen: 2013 war knapp jeder zweite Nutzer von Single-Börsen im Internet laut einer Erhebung des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BDVW) über 50 Jahre alt.
Trotzdem zweifeln viele immer noch gerne an den Erfolgsmöglichkeiten des virtuellen Kennenlernens. "Online-Dating klappt nicht" ist ein beliebtes Vorurteil, schreiben die Soziologen.
Die Forschung kommt hingegen zu anderen Ergebnissen: Die Erfolgsquote, mit welcher Suchende online einen passenden Partner kennenlernen, sei sowohl bei Männern als bei Frauen durchaus beachtlich. Und in der Mehrheit der untersuchten Fälle erfüllte der virtuelle Flirt-Partner auch im realen Leben die Erwartungen.
Am Ende entscheidet - die Wellenlänge
Ob ein online begonnener Kontakt denn tatsächlich auch zu einer Beziehung führt, entscheide sich an exakt den gleichen Faktoren wie beim Kennenlernen in der Disko, sagt Schmitz. Allerdings verschiebe sich die Gewichtung der Faktoren beim Online-Dating, erklärt der Experte.
Während "offline" vor allem die geografische Nähe des potenziellen Partners und gleiche soziale Netzwerke von Bedeutung sind, tritt auf Partnerbörsen im Internet die Frage in den Vordergrund, ob der Lebensstil des anderen mit dem eigenen zusammenpasst.
Zeig mir, was du schreibst und ich sag' dir, wer du bist
"Wer sich online kennenlernt kann noch schneller wahrnehmen, ob man mit dem Gegenüber auf einer Wellenlänge ist", sagt Schmitz. Die Nutzer von Online-Börsen erfahren schon über das Profil viel über den anderen, tauschen sich rasch über die eigenen Vorstellungen und Vorlieben aus.
"Außerdem darf man den Sprachgebrauch nicht unterschätzen", sagt Schmitz. Seine Ergebnisse hätten gezeigt, dass gerade Frauen darauf sehr sensibel reagieren. "Viele Frauen brechen beispielsweise den Kontakt ab, wenn sich Rechtschreibfehler im Text des anderen finden."