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NetzDG: Muss beim Anti-Hass-Gesetz nachgebessert werden?

NetzDG

Muss beim Anti-Hass-Gesetz nachgebessert werden?

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    Experten gehen davon aus, dass soziale Netzwerke streitbare Beiträge aus Angst vor hohen Strafen löschen. Ist das Netzwerkdurchsetzungsgesetz schuld?
    Experten gehen davon aus, dass soziale Netzwerke streitbare Beiträge aus Angst vor hohen Strafen löschen. Ist das Netzwerkdurchsetzungsgesetz schuld? Foto: Franz-Peter Tschauner, dpa (Symbolbild)

    Andere zu beleidigen, das gehört sich nicht. Hass zu verbreiten oder gar zu Gewalt aufzurufen ist verboten. Das ist nicht neu. Die sichtbare Menge von Pöbeleien, von Nazi-Parolen und schlechter Kinderstube ist aber größer denn je. Was früher hinter vorgehaltener Hand oder geschlossener Tür posaunt wurde, findet sich heute mit ein paar Klicks.

    Im Netz verlieren einige offenbar sämtliche Hemmungen und übschreiten nicht nur die Grenze des guten Anstands, sondern auch des Gesetz. Verboten ist das schon immer, in der Vergangenheit war der Stuss einiger dennoch auf Twitter und Co. zu lesen. Durch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz soll sich das ändern. Doch nun steht das neue umstrittene Gesetz schon wieder auf der Kippe. Im Zweifel entschieden sich soziale Netzwerke aus Angst vor hohen Bußgeldern zur Löschung streitbarer Inhalte, meinen Kritiker. Ist die neue Regel zum Zensurgesetz geworden?

    Nicht einmal zwei Wochen nachdem das Gesetz in vollem Umfang in Kraft trat, ist der Ärger groß. Dabei war es bereits im vergangenen Jahr umstritten. Zum Oktober 2017 verlangte die neue Regel deutsche Ansprechpartner bei sozialen Plattformen, die strafrechtlich relevante Inhalte schnell entfernen. Seit Jahresbeginn drohen den Anbietern Strafen von bis zu 50 Millionen Euro, wenn strafbare Postings nicht binnen 24 Stunden entfernt werden.

    Bis zu 50 Millionen Euro Strafe für Twitter und Co.

    Die Regel gilt für jedes Netzwerk, das mehr als zwei Millionen registrierte Nutzer hat. In Deutschland sind das laut Justizministerium Facebook, Google+, Youtube, Instagram, Pinterest und Soundcloud. Explizit ausgenommen sind Karrierenetzwerke wie Xing oder Linkedin sowie Messengerdienste wie Whatsapp oder Threema.

    Wer Beiträge in diesen Netzwerken meldet, muss keine juristischen Folgen fürchten. Auch, wenn sich die Inhalte als nicht strafrechtlich relevant herausstellen. Das führt zu Meldeschlachten im Internet und zu viel Arbeit für die sozialen Netzwerke. Sie müssen die gemeldeten Beiträge überprüfen. Werden die Posts von den Plattformen nicht gelöscht, können sich Nutzer außerdem über ein Formular an das Bundesamt für Justiz wenden. Seit Jahresbeginn gingen bereits über 50 solcher Beschwerden beim Bundesamt ein. Bei rechtswidrigem Verhalten der Netzwerkbetreiber kann das Bundesamt ein Busgeldverfahren gegen Twitter und Co. einleiten.

    Neben den Bußgeldern für Internetriesen enthält das neue Gesetz auch weniger bekannte Regeln. Nutzer können nun leichter Auskunft darüber bekommen, wer sich hinter anonymen Profilen verbirgt. Außerdem müssen die Netzwerkbetreiber halbjährlich Auskunft darüber liefern, wie sie mit den Beschwerden verfahren sind. Die Ereignisse in der Debatte überschlugen sich in den vergangenen Tagen.

    Urteil gegen AfD Politiker Jens Maier

    In der Silvesternacht twitterte die AfD-Politikerin Beatrix von Storch von „barbarischen, gruppenvergewaltigenden Männerhorden“. Kurz darauf wurde der Tweet von Twitter entfernt und die Debatte um das neue Gesetz kam ins Rollen. Darf man so etwas schreiben? Muss man das löschen?

    Auch wenn die kurze Botschaft sicher nicht die feine Art ist, ob sie strafrechtlich relevant ist, darüber sind sich Rechtsexperten nicht einig. Ein erstes Urteil gibt es bereits gegen Storchs Parteikollegen Jens Maier. Das Berliner Amtsgericht erließ gegen den AfD-Politiker eine einstweilige Verfügung, nachdem Maier Noah Becker, den Sohn von Boris Becker, in einem Tweet als „Halbneger“ beschimpft hatte. Auch dieser Tweet wurde von Twitter gelöscht.

    Andere entfernte Inhalte sind nach einhelliger Meinung von Experten jedoch ohne strafrechtliche Relevanz entfernt worden. Als ein satirischer Beitrag des Magazins Titanic und zuletzt ein streitbarer Tweet von Justizminister Heiko Maas entfernt wurde, wandten sich auch viele Politiker und Verbandschefs gegen das neue Gesetz.

    Linkenpolitikerin Sarah Wagenknecht sagt: „Das Gesetz schlägt allen rechtsstaatlichen Grundsätzen ins Gesicht“. FDP-Generalsekretärin Nicola Beer spricht von einem „vermurksten Gesetz“. Grünen-Chefin Simone Peter sieht „deutlichen Nachbesserungsbedarf“. Auch der CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich macht sich für die Abschaffung des neuen Gesetzes stark.

    Lesen Sie hier einen Kommentar zum Thema: Das neue Lösch-Gesetz ist gut gemeint und schlecht gemacht

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