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Kreis Augsburg: Bobinger kann mit Google sogar Grippewellen vorhersagen

Kreis Augsburg

Bobinger kann mit Google sogar Grippewellen vorhersagen

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    Prof. Hans-Peter Kriegel aus Bobingen gilt als einer der einflussreichsten  Wissenschaftler der Datenanalyse. Seine Arbeit wurde mit einer internationalen Auszeichnung gewürdigt.
    Prof. Hans-Peter Kriegel aus Bobingen gilt als einer der einflussreichsten Wissenschaftler der Datenanalyse. Seine Arbeit wurde mit einer internationalen Auszeichnung gewürdigt. Foto: Anton Fasching

    Die Suchmaschine Google weiß sehr viel über Hans-Peter Kriegel aus Bobingen. Sie findet in einer halben Sekunde 87800 Einträge zu ihm.

    "Technik ist neutral"

    Google listet auf Wunsch brav seitenweise Links zu Arbeiten von und über Hans-Peter Kriegel auf. Er selbst sagt einem hingegen gerne, was die Suchmaschinen und sozialen Netzdienste über uns Normalverbraucher alles wissen und warum er sein eigenes Handy mit viel Bedacht einstellt und nutzt: „Das Handy ist für die Wahrung des Privaten noch viel gefährlicher als das Internet. Doch das liegt im Grunde an jedem von uns selbst. Denn Technik ist neutral.“ Es komme nur darauf an, wer was damit macht.

    Der 67-jährige Informatiker ist Professor am Institut für Informatik an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Wie man Daten sinnvoll speichert, sucht und und auswertet, war bereits sein Thema, bevor Google, Facebook und Co. mit solchen Geschäftsmodellen den Durchbruch schafften. Kriegel erforscht und entwickelt eigene Verfahren – sogenannte Algorithmen – zur Analyse sehr großer, komplexer Datenmengen, die man heute mit dem Begriff Big Data bezeichnet.

    Mit Datenanalysen anstehende Grippewellen erkennen

    Seine Spezialität: In einer Unmenge komplexer Einzeldaten Zusammenhängendes, Trends und Ausreißer zu erkennen.

    Er arbeitet viel mit medizinischen Aufgabenstellungen. Einfachstes Beispiel: Datenanalysen können eine nahende Grippewelle erkennen, bevor sie bei uns ankommt. Das kann inzwischen auch Google. Die Suchmaschine sieht, in welchen Regionen nach Grippesymptomen gefragt wird und kann uns gleich entsprechende Arzneimittel in ihren Werberubriken anzeigen.

    Ob man das will oder nicht, ist eine Frage der persönlichen Einstellung und der unserer internetfähigen Geräte. Datenauswertung kann für sehr viele gute Dinge genutzt werden – für Fortschritt, zum Wohl und zum Komfort der Menschen.

    Kriegel würde sich keine sendefähige Kreditkarte zulegen

    Google spielt dabei sicherlich eine Rolle. Kriegel sieht sie so: „Google muss so viel wie möglich über einen herauskriegen, um ihm dann die entsprechende Werbung zuzusenden.“ Relevante Werbung kann für den Einzelnen sinnvoller sein, als für ihn unnütze Reklame. Doch Kriegel meint auch: „Mit der persönlichen Privatheit passt es nicht zusammen“, wenn Suchmaschinen alle Vorlieben, Hobbies und Interessen eines Menschen, seine Aufenthaltsorte und seine Einkäufe kennen.

    Zudem sei dann natürlich auch Missbrauch möglich: Betrug und Ausspähung, weiß der Forscher. Er würde sich zum Beispiel keine der neuen, sendefähigen Kreditkarten zulegen. Die müssen bei einem Einkauf lediglich in die Nähe eines Lesegerätes gehalten werden, schon erfolgt die Abbuchung. Doch so ein Lesegerät kann auch zur Karte gehalten werden, und schon sind die wichtigen Kontodaten gespeichert. Die Polizei kennt bereits Betrugsfälle, in denen Kriminelle auf diese Weise zum Beispiel in einer vollen Straßenbahn sendefähige Bankkarten in den Hosentaschen nichts ahnender Menschen auswerteten und dann damit Geschäfte auf Kosten ihrer Opfer machten.

    Einmal erfasste Daten gehen im Internet nie verloren

    Auch die Ortungsdienste der Smartphones können Segen oder Fluch sein. Sie stellen fest, wo wir uns befinden, wohin wir uns bewegen. Wer mit diesen Daten einmal etwas Unerwünschtes machen könnte, wissen wir nicht. Eines jedoch, so Kriegel, müsse jeder wissen: Einmal erfasste Daten gehen im Internet nie verloren, können dort nie vollständig gelöscht werden.

    Es macht dem Wissenschaftler aus Bobingen daher Sorge, wenn er die Freizügigkeit sieht, mit der junge Menschen persönlichste Dinge ihren Freunden über soziale Dienste mitteilen. Da könne sich manche Schilderung eines Partyabends später bei einer Bewerbung in einem Unternehmen als nachteilig erweisen. Der Rat des Experten: Wer Privates geschützt sehen wolle, sollte es privat halten.

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