Startseite
Icon Pfeil nach unten
Geld & Leben
Icon Pfeil nach unten

Interview: Ferber: "Gerade in Zeiten von Fake News braucht es Qualitätsjournalismus"

Interview

Ferber: "Gerade in Zeiten von Fake News braucht es Qualitätsjournalismus"

    • |
    Markus Ferber setzt sich derzeit verstärkt für einen europäischen Urheberrechtsschutz ein. Er ist Mitglied des Europäischen Parlaments und Bezirksvorsitzender der CSU Schwaben.
    Markus Ferber setzt sich derzeit verstärkt für einen europäischen Urheberrechtsschutz ein. Er ist Mitglied des Europäischen Parlaments und Bezirksvorsitzender der CSU Schwaben. Foto: Jochen Aumann

    Herr Ferber, Sie bemühen sich derzeit verstärkt um einen europäischen Urheberrechtsschutz. Das klingt abstrakt...

    Markus Ferber: Dabei hat jeder mit dem Thema zumindest indirekt zu tun, wenn er Google oder Facebook nutzt. Es ist ja so: Mit dem Buchdruck wurde Wissen einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Und es war in der analogen Welt auch lange Zeit ganz klar, dass dieses Wissen und diejenigen, die es erarbeiteten, geschützt werden muss. Das funktionierte in der analogen Welt, in der digitalen Welt funktioniert es leider nicht mehr.

    Warum?

    Ferber: Es geht um die Frage: Wer ist der Rechteinhaber von Inhalten? Sind es Plattformen wie Google oder Facebook, die Inhalte im Internet verbreiten, oder sind es Plattformen, die etwa Nachrichten erstellen wie die Redaktion beziehungsweise der Verlag, für den Sie als Journalist arbeiten? Der Vorschlag der EU-Kommission heißt: Derjenige, der den Inhalt erstellt, ist der Rechteinhaber. Und dieser muss selbstverständlich für seine intellektuelle Leistung entlohnt werden.

    Google schafft ein Nachrichtenangebot aus Inhalten anderer

    Das sehen die Plattformen anders.

    Ferber: Diese Unternehmen leben davon, dass andere Inhalte erstellen, mit denen sie Geschäfte machen. Ich kann nicht erkennen, dass es bei ihnen dafür ein Problembewusstsein gibt. Google etwa vertritt die Position, dass ohne Google Inhalte gar nicht weit verbreitet würden.

    Demokratie funktioniert ja nur mit einer unabhängigen Presse, die sich selbst finanzieren kann. Problematisch wird es, wenn die Kosten für die Erstellung von Nachrichten die Zeitungsverlage tragen – die Werbeeinnahmen aus der Verbreitung der Inhalte im Netz aber Plattformen wie Google zufließen.

    Ferber: Und das ist in der Tat ein großes Problem. Facebook hat alleine im zweiten Quartal dieses Jahres 3,9 Milliarden Dollar Gewinn gemacht, und zwar hauptsächlich mit Werbung. Nehmen Sie Google News, ein sogenannter News-Aggregator: Hier schafft Google ein Nachrichtenangebot aus Inhalten anderer und vermarktet diese.

    Es geht um die Pressefreiheit

    Was fordern Sie?

    Ferber: Wir wollen, dass Zeitungsverlage ihre Rechte nicht mehr wie bisher einklagen müssen, sondern eine Plattform wie Google News automatisch dafür bezahlen muss, wenn sie auf deren Inhalte zugreift. Zudem wollen wir Google und Co verpflichten, dass sie nicht Inhalte von Zeitungsverlagen in ihren Such-Anzeigen ausblenden. Es geht also einerseits um eine gerechte Honorierung. Andererseits geht es um die Pressefreiheit. Wenn Internetkonzerne mit ihren Algorithmen bestimmen, welche Informationen die Nutzer bekommen, ist das problematisch. Gerade in Zeiten von Fake News, in denen es Qualitätsjournalismus dringend braucht. Es muss sichergestellt werden, dass dieser auch in der digitalen Welt wirtschaftlich betrieben werden kann.

    All das soll das europäische Leistungsschutzrecht für Verlage gewährleisten. Aber wird es überhaupt kommen?

    Ferber: Ich bin da optimistisch. Ich hoffe, dass wir mit den Mitgliedstaaten der EU Anfang 2018 konkret über das Gesetzgebungsverfahren verhandeln können und dass das europäische Leistungsschutzrecht dann 2020 rechtswirksam sein wird.

    Die Türkei tritt die Pressefreiheit mit Füßen

    Was geschieht, wenn Inhalte einer unabhängigen Presse aus dem Netz verschwinden, sieht man in der Türkei. Gibt es eine Chance für die wegen angeblicher Terrorpropaganda inhaftierten deutschen Journalisten und Menschenrechtler, bald freizukommen?

    Ferber: Nein. Es ist ja nicht einmal zu erkennen, ob, oder wenn, weshalb genau Staatsanwaltschaften ermitteln. Die Türkei tritt rechtsstaatliche Prinzipien mit Füßen, in einer Vielzahl von Fällen. Kürzlich hat der Prozess gegen Journalisten der regierungskritischen Zeitung Cumhuriyet begonnen – und das am türkischen Tag der Pressefreiheit. Das empfand ich als besonders zynisch.

    Zur Person: Markus Ferber ist seit 1994 Mitglied des Europäischen Parlaments und seit 2005 Bezirksvorsitzender der CSU Schwaben.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden