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Internet: BGH-Urteil zur Störerhaftung: Das sollten Sie wissen

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BGH-Urteil zur Störerhaftung: Das sollten Sie wissen

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    Wie gut muss der eigene Wlan-Anschluss gesichert sein?
    Wie gut muss der eigene Wlan-Anschluss gesichert sein? Foto: Armin Weigel (Archiv) (dpa)

    Es ist eine Geschichte, wie sie vielen Internetnutzern Angst macht: Eine Frau tut im Netz nichts Unrechtes. Trotzdem soll sie Hunderte Euro an eine Filmfirma zahlen - weil ihr WLAN ohne ihr Wissen für illegale Uploads missbraucht wurde. Aber ist sie dafür wirklich verantwortlich? Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Donnerstag stellt klar, dass ein Internetanschluss zwar verpflichtet, die Verantwortung aber Grenzen hat (Az. I ZR 220/15).

    Hacker benutzte fremdes WLAN für illegale Tätigkeiten

    Warum sollte die Frau überhaupt haften?

    Urheberrechte an Filmen, Musik oder Computerspielen werden im Internet oft über Tauschbörsen oder sogenannte Filesharing-Netzwerke verletzt. Die Täter laden sich die Datei unerlaubterweise über eine Software auf ihren Computer und stellen die bereits heruntergeladenen Teile davon gleichzeitig Anderen zur Verfügung. Das passiert nicht ohne Spuren. Über die IP-Adresse lässt sich zurückverfolgen, von welchem Anschluss aus eine Datei angeboten wurde. Damit steht aber nicht unbedingt fest, wer der Täter ist. In WGs oder Familien sind mehrere Leute über denselben Anschluss im Netz unterwegs, und in dem Fall vor dem BGH hackte sich ein Unbekannter von außen in das WLAN der Frau. Deshalb kommt hier die sogenannte Störerhaftung ins Spiel.

    Störerhaftung - was ist das?

    Was ist Störerhaftung?

    Die so genannte Störerhaftung hat schon vielen Internetnutzern und Betreibern von Blogs oder auch von freien Wlan-Hotspots teure Abmahnungen beschert. Was bedeutet sie genau?

    Wer an der Verletzung eines geschützten Gutes - etwa des Urheberrechts an einer digitalen Datei - beteiligt ist, ohne selbst Täter zu sein, kann dennoch als sogenannter Störer zur Verantwortung gezogen werden. Diese «Störerhaftung» wird unter anderem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Sie gilt auch für Urheberrechtsverletzungen im Internet.

    Störer ist danach beispielsweise, wer auf einer Internetplattform per Link zu urheberrechtlich geschützten Inhalten verweist. Die Störerhaftung ist auch auf Betreiber von Auktionsplattformen anwendbar, wenn darüber etwa Produkte mit gefälschten Markennamen vertrieben werden.

    Allerdings haften Betreiber erst dann, wenn sie von den beanstandeten Inhalten Kenntnis erlangen und diese dennoch nicht sperren.

    Immer wieder abgemahnt oder auf Schadenersatz verklagt wurden Betreiber öffentlicher Hotspots, über die urheberrechtlich geschützte Dateien getauscht wurden - mit oder ohne Wissen des Betreibers.

    Da vielfach nur schwer auszumachen ist, wer welche Dateien in Umlauf bringt, wandten sich die Inhaber der Urheberrechte in der Regel an die Hotspot-Betreiber - und verwiesen auf die Störerhaftung. Nach der Novellierung des Telemediengesetzes soll das nicht mehr gehen. (dpa)

    Ein "Störer" ist nach der Rechtsprechung des BGH, "wer - ohne  Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt". Das kann also auch jemand sein, der nicht sichergestellt hat, dass sein Internetanschluss vor Missbrauch geschützt ist. Nach diesem Prinzip gehen einige Unternehmen in der Film- und Musikbranche systematisch gegen ermittelte Anschlussinhaber vor: Sie lassen Anwälte Abmahnungen verschicken und fordern für den entstandenen Schaden Geld.

    WLAN-Missbrauch: Wann müssen Anschlussinhaber zahlen?

    Wie häufig sind solche Abmahnungen?

    Nach einer Umfrage im Auftrag der Verbraucherzentralen sind sechs Prozent der Bundesbürger schon einmal abgemahnt worden. Die Verbraucherschützer haben außerdem Daten ihrer Berater und eine Online-Umfrage ausgewertet. Das Ergebnis ist nicht repräsentativ, vermittelt aber einen Eindruck. Demnach wollten die Abmahnkanzleien für einen außergerichtlichen Vergleich im Schnitt etwas mehr als 870 Euro. Dabei geht es meist um die Anwaltskosten. Schadenersatz dürfen die Rechteinhaber nur von Nutzern verlangen, die als Täter infrage kommen. Zum Schutz vor überzogenen Forderungen hat der Gesetzgeber die zulässigen Abmahnkosten 2013 in vielen Fällen gedeckelt. Die Verbraucherzentralen kritisieren aber, dass es Lücken gibt.

    In welchen Fällen muss der Anschlussinhaber zahlen?

    A und O ist seit einem BGH-Urteil von 2010, dass das private WLAN angemessen gesichert sein muss. Demnach kann erwartet werden, dass jemand die Standardeinstellungen seines Routers ändert und ein eigenes Passwort einrichtet. Es ist aber zum Beispiel nicht notwendig, auch danach immer auf dem neuesten Stand der Technik zu bleiben. Die Haftung für die eigenen Kinder, Angehörige oder Besucher hat ihre Grenzen: Kinder sind nachweisbar darüber aufzuklären, was verboten ist - ohne Verdacht müssen sie am Rechner aber nicht ständig kontrolliert werden. Volljährige sind für sich selbst verantwortlich und müssen auch nicht belehrt werden. Der Anschlussinhaber ist aber nur dann vor Forderungen sicher, wenn er glaubwürdig erklären kann, warum nicht er selbst, sondern ein anderer als Täter infrage kommt.

    BGH-Urteil: Frau musste voreingestelltes Passwort nicht ändern

    Was haben die Karlsruher Richter jetzt entschieden?

    Diesmal geht es um die Verschlüsselung des Routers. Die Frau nutzte ein Gerät, bei dem von Werk ein individualisierter Schlüssel aus 16 Ziffern nach gängigem Standard (WPA2) voreingestellt war. Sie beließ es dabei und gab nur dem WLAN einen neuen Namen. Erst gut ein Jahr nach dem Hacker-Angriff warnte der Anbieter seine Kunden - es hatte sich herausgestellt, dass die Codes mit einem unsicheren Verfahren generiert wurden und deshalb leicht zu knacken waren. Die Frage war, ob die Frau das Passwort hätte ändern müssen. Musste sie nicht: Nach Auffassung der Richter durfte sie der Verschlüsselung trauen. Solange jede Zahlenkombination nur genau einmal vergeben sei, gebe es keinen Anlass, daran zu zweifeln. Die Frau muss also nicht zahlen. dpa

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