HDTV ist endlich da. Das hochauflösende Fernsehen, das knackig-scharfe Bilder liefert, wird über Satellit ab dem 1. November bei RTL und Vox zu sehen sein. Im Januar 2010 folgen ProSieben, Sat.1 und Kabel Eins in HD.
Grund zum Jubeln? Jein. Zwar scheint nach etlichen mehr oder weniger erfolgreichen Testläufen nun endlich die Verbreitung des neuen TV-Standards zu beginnen, doch das war es auch schon mit den guten Nachrichten. Denn wenige Tage vor dem Start von HDTV droht die neue Fernsehnorm, die Industrie und Fachpresse seit Jahren anpreisen, in Deutschland zum Superflop zu werden.
Neue Gebühren, ein verwirrendes Empfangssystem und Interventionen seitens der Sender in bisher nicht bekanntem Maße sorgen beim Kunden für Irritationen. Und für mächtig viel Ärger.
Wir erklären, woran es hakt, worauf Sie achten sollten und was es kostet.
Wann geht es los? RTL und Vox werden einige Sendungen und Filme ab dem 1. November 2009 in HDTV ausstrahlen. HDTV lässt ein deutlich besseres Bild zu als die derzeitige PAL-Norm. Statt 576 Zeilen pro Bild sind bis zu 1080 Zeilen möglich. Das Ergebnis: ein gestochen scharfes Fernseherlebnis. Nach einigen Showcases und HD-Spartenkanälen läuft im deutschen Fernsehen jetzt langsam der HDTV-Regelbetrieb an. Im Januar 2010 sollen ProSieben, Sat.1 und Kabel Eins in HD folgen. Der Startschuss zur HDTV-Regelübertragung bei ARD und ZDF soll nach Senderangaben zu den Olympischen Winterspielen im kanadischen Vancouver (12. - 28. Februar 2010) erfolgen, parallel zum analogen Standard-TV.
Wie wird HDTV der Privatsender ausgestrahlt? Der Satellitenbetreiber Astra bündelt die HDTV-Programme der Privatsender in einer Sendeplattform: HD+. Über HD+ werden die hochauflösenden Inhalte übertragen. Kabelkunden werden sich gedulden müssen: Für das Kabelnetz ist Ausstrahlung der neuen HD-Angebote von RTL und VOX vorerst nicht geplant. Das Problem: Bei der HD-Ausstrahlung der Leichtathletik-WM bei ARD und ZDF im August 2009 gab es Unstimmigkeiten zwischen dem Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland und den Sendern. Knackpunkt war die Frage, wer etwaige Mehrkosten für die teurere HD-Einspeisung übernimmt. Und DVB-T-Nutzer? Die gucken in die Röhre: Eine HD-Ausstrahlung über den derzeitigen Standard ist nicht möglich.
Was brauche ich, um die Privaten in HDTV zu sehen? Eine digitale Satellitenanlage und einen HD+-fähigen Satelliten-Receiver, der mit einem Hd-ready- oder Full-Hd-Fernseher verbunden ist. In dem Receiver steckt eine Smartcard, die die HD-Inhalte entschlüsselt. Das Problem: Es gibt bereits seit Jahren HD-Receiver, die meisten jedoch ohne den neuen HD+-Standard. Besitzer dieser Geräte müssen auf ein Update hoffen. Oder sind zum Neukauf gezwungen. Mögliche Alternative: Receiver mit einem sogenannten CI-Plus-Modul. Ob diese Technik das Tor zur HD-Welt wirklich aufstoßen wird, ist aber noch unklar (siehe nächster Punkt).
Kann ich die HD-Sendungen wie bisher aufzeichnen? Nein. Die neuen CI-Module (Common Interface) in den heimischen Receivern erlauben es den Sendern theoretisch, Aufnahmen zu unterbinden. Werbeblöcke könnten außerdem nicht mehr vorgespult oder übersprungen, Aufnahmen nach einer gewissen Zeit automatisch gelöscht werden. Welche Möglichkeiten die Sender nutzen, ist noch unklar. Eine RTL-Sprecherin: "Entscheidend ist, die Umgehung der Werbung zu vermeiden, mit der wir unsere Inhalte finanzieren." CI-Plus-Module unterstützten diese Kontrolle der Sender nicht ausreichend.
Was wird in HD gezeigt? Die Bild-Zeitung berichtet, RTL wolle zunächst einige Serien und Filme hochauflösend ausstrahlen. Später sollen die Formel 1 und Spiele der Fußball-WM 2010 in bester Bildqualität in das heimische Wohnzimmer kommen.
Was kostet das? Ein "HD+"-tauglicher Receiver ist derzeit nicht unter 200 Euro zu bekommen. Für ein Gerät mit integrierter Aufnahmefunktion sind leicht 600 Euro und mehr fällig. Viel wichtiger: Der Empfang der "HD+"-Inhalte der Privatsender ist nur in den ersten zwölf Monaten kostenlos. Danach werden 50 Euro pro Jahr für eine neue Smartcard oder die erneute Freischaltung der alten fällig. Für die HD-Angebote der Öffentlich-Rechtlichen muss der Kunde neben der GEZ-Gebühr nicht zusätzlich in die Tasche greifen. Völlig losgelöst von dieser Diskussion ist das HD-Programm des Pay-TV-Senders Sky zu betrachten.
Lohnt jetzt der HD-Einstieg? HDTV wird nicht zu Unrecht der neue Fernseh-Standard. Wer einmal den Unterschied zu PAL-Signalen gesehen hat, ist von der Technik überzeugt. Doch die derzeitigen Unklarheiten bei der Hardware, die maue Verbreitung und die zusätzlichen Kosten lassen den Kunden zurecht zögern. Da aber beinahe in allen Punkten das letzte Wort noch nicht gesprochen ist und das gute alte PAL-Signal auch in Zukunft noch ausgestrahlt wird, lohnt sich das Warten. Für die Industrie eine Katastrophe, für die Verbreitung von HDTV ein weiterer Stolperstein. Bitter ist diese Entwicklung vor allem für jene, die ihre Technik daheim (Fernseher, Receiver, Satelliten-Anlage) bereits seit Jahren auf den HD-Standard gebracht haben und die immer noch auf den HD-Regelbetrieb warten müssen. Christian Paul