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Test Deus Ex: Human Revolutions: Der philosophischer Trip der Mensch-Maschine im Jahr 2027

Test Deus Ex: Human Revolutions

Der philosophischer Trip der Mensch-Maschine im Jahr 2027

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    Im Test überzeugt das Action-Rollenspiel Deus Ex Human Revolutions.
    Im Test überzeugt das Action-Rollenspiel Deus Ex Human Revolutions. Foto: Square Enix

    Auf leisen Sohlen schleicht Adam Jensen in Deus Ex: Human Revolutions an der Wand entlang; vorsichtig erhascht der Sicherheitsmann des Biotechnik-Unternehmens Sarif Industries einen Blick um die Ecke. Da steht die Wache, deren Umriss in schwachem Grau auf dem Radar zu sehen ist. Ihre Augen blicken in Jensens Richtung. Aber hat sie ihn auch entdeckt? Wenn ja, dann schlägt das Radar sofort an. Dann heißt es abhauen oder den sofortigen Tod, denn eine Rüstung wie Robocop hat der Cyborg nicht. Jensen hat Glück. Der Ex-Cop hat den Kopf rechtzeitig wieder eingezogen, der Radar bleibt stumm. Erneut wagt der Protagonist einen Blick; die Wache läuft von ihm weg. Nun ist Zeit, hinter das nächste Regal zu sprinten. Oder wäre es für Jensen doch besser gewesen, die Wache gleich auszuschalten? Es ist nicht die letzte Entscheidung, die der Held auf sein Reise durch Detroit und andere Städte des Jahres 2027 treffen muss.

    Deus Ex gehört ins Genre der Action-Rollenspiele

    Der Test zeigt, dass der neue Deus-Ex-Teil wieder in eine Art Action-Rollenspiel gegliedert ist. Er orientiert sich also nicht nur an einem Genre, sondern bedient sich mehreren. Die Story dreht sich um Ex-Swat Adam Jensen, der nach seinem Rausschmiss Sicherheitschef in der Biotech-Firma Sarif Indurstries wurde. Das Unternehmen steht im harten Konkurrenzkampf um die Vorherrschaft in der bionischen Medizin. Das sind jedoch nicht die Einzigen Widersacher, denen sich Jensen stellen muss. Denn viele Menschen liefern sich einen erbitterten Kampf gegen Unternehmen wie Sarif Industries, weil sie davon überzeugt sind, dass der Einbau von Prothesen (Augmentierung) im menschlichen Körper nicht der Natur oder dem Willen Gottes entspräche. Für Jensen werden diese Konstanten zum Verhängnis. Sarif Industries wird von einer militanten Gruppe überfallen. Er wird in einem Gefecht fast getötet, fällt ins Koma und kann nur noch durch den Einsatz von Augmentierung gerettet werden. Seine große Liebe ist tot. Nach einem halben Jahr Regeneration begibt sich ein erstarkter Adam Jensen auf die Suche, das Komplott gegen ihn in Deus Ex: Human Revolutions aufzudecken.

    Stringenter Ego-Shooter mit offenen Missionen

    Dabei muss sich Jensen - und damit der Spieler - vielen Entscheidungen stellen. Eidos hat den neuesten Teil der Deus-Ex-Trilogie zwar wieder stringent nach Vorbild eines Ego-Shooters gezeichnet; während der einzelnen Missionen gewähren die Entwickler dem Spieler allerdings viele Möglichkeiten, den Weg ans Ziel zu finden. Ob auf leisen Sohlen hinter den Wachen vorbeischleichen oder mit geballter Kraft den Weg frontal freischießen, muss jeder Spieler selbst entscheiden. Fest steht jedoch, dass die Erfahrungspunkte bei der zweiten Variante nicht so hoch ausfallen.

    Diese Erfahrungspunkte sind aber in Deus Ex: Human Revoulutions neben dem Missionserfolg von zentraler Bedeutung. Denn nur mit den erreichten Erfahrungspunkten lässt sich die Augmentierung von Adam Jensen fortführen. Sie ist extrem wichtig, um den Körper fit für den Kampf gegen das Böse zu machen. So lässt sich der Körper von Jensen mit neuen Beinen ausstatten, die höher springen können, einer Superlunge, die giftigen Gasen widerstehen, oder einem verstärkten Arm, der Wände durchschlagen kann, ausrüsten. Jensens Augen können irgendwann durch Wände schauen oder er ist des Bezirzens derart mächtig, dass Kontrahenten wie Wachs in seinen Händen erscheinen.

    Keine Gewehr-Salven-Orgien wie bei Call of Duty

    Cyborg Adam Jensen kommt immer irgendwie ans Ziel. Man muss nur genug Geduld haben, denn sein Panzer ist nicht gerade stabil.
    Cyborg Adam Jensen kommt immer irgendwie ans Ziel. Man muss nur genug Geduld haben, denn sein Panzer ist nicht gerade stabil. Foto: Square Enix

    Call-of-Duty-Spieler dürften sich bei Deus Ex: Human Revolutions also relativ schnell langweilen. Denn die Entwickler haben eine Sperre eingebaut, mit der es Jensen nicht möglich ist, etliche Gegner hintereinander im Nahkampf auszuschalten. Denn diese äußerst anschauliche Kampftaktik funktioniert nur mit Energie. Zu Beginn hat der Supercop zwei Energiestreifen - pro Wache verliert er einen. Erst nach längerer Zeit lädt sich ein Balken wieder auf. Bekommt Jensen einen Schokoriegel in die Hand, lässt sich auch der zweite grüne Balken wieder aufladen. Damit zwingt einen Eidos trotz aller Offenheit indirekt, eine andere Lösung für seine Ziele zu suchen.

    KI in Deus Ex: Human Revolutions offenbart Schwächen

    Die KI des Spiels ist zum Teil richtig klug. Die Wachen laufen nicht nur geradlinig, sondern bewegen sich oft im Kreis, bleiben stehen, rauchen oder drehen sich während ihrer Patrouille auch mal um. Diese Programmierungen beleben das Geschäft in Deus Ex, denn die Hauptaufgabe von Agent Jensen ist es, sich unentdeckt zwischen den einzelnen Bedrohungen hindurch zu schleusen. Allerdings ist es manchmal auch etwas unglücklich. Denn auch wenn Adam Jensen direkt neben zwei Wachen die Tür öffnet, interessiert es die Beiden nicht wirklich. Sie bleiben einfach nebeneinander stehen und sprechen ihren Text runter, auch wenn die Tür nicht gerade sanft aufgeht. Das ist dann doch eine große Schwäche und hätte anders gelöst werden können. Auf der anderen Seite macht diese Schwäche das Spiel auch für Gelegenheitsspieler attraktiv, die vielleicht keine Lust haben, stundenlang mögliche Strategien zu überlegen, mit denen die Wachen, ohne Aufmerksamkeit zu erregen, zu überlisten.

    Fazit des Tests

    Deus Ex: Human Revolutions ist ein düsteres Action-Rollenspiel nach dem Vorbild von Ridley Scotts Kultfilm Blade Runner aus dem Jahr 1982. Das Spiel aus dem Hause Eidos erhebt Anspruch, eine Diskussion zu eröffnen, wie viel Maschine im Mensch möglich ist, ohne dass die Maschine den Mensch übernimmt. Immer wieder entstehen Dialoge im Spiel, in denen genau über diese Probleme sinniert wird.

    Deus Ex punktet allerdings nicht nur bei der Story. Das Spielgeschehen unterscheidet sich ebenfalls von vielen Ego-Shooter-Kollegen. Zum Glück setzt Eidos nicht darauf, dass die Deus-Ex-Fans in möglichst schneller Zeit möglichst viele Gegner per Waffengewalt auszuschalten. Human Revolutions zwingt den Spieler - mangels Energie, mangels genügend Munition und mangels Erfahrungspunkte - dazu, alternative Lösungen zu suchen. Dabei erinnert es ein bisschen an Splinter Cell oder Hitman.

    Gerade diese Emanzipation vom Genre-Einheitsbrei macht die Qualität von Deus Ex: Human Revolutions aus. Es ist faszinierend, dass ein Spiel tatsächlich den Käufer dazu anregt, über die Vernetzung des Menschen mit Maschinen nachzudenken. Ich erinnere mich noch an Homefront, das sich ebenfalls einem Themenschwerpunkt verschrieb und damit eine düstere Zukunft skizzierte. Nach überragendem Start war bei diesem Ego-Shooter schnell die Luft raus und viele Spieler bedauerten, dass Publisher THQ hier eine Menge Potential vernichtet hatten. Diesem heillosen Missgeschick ist Eidos mit ihrer Fortsetzung entgangen. Die Story ist fundiert, aber selbstverständlich auch gut gewählt. Denn bionische Medizin oder die Entwicklung von Cyborgs verzückt - und das nicht erst seit Filmen wie Blade Runner, Anatomie 2 oder dem südafrikanischen Olympia-Teilnehmer Oscar Pistorius, dessen Spitzname ebenfalls Blade Runner ist.  Ohne jeden Zweifel ist Deus Ex: Human Revolutions eines der besten und anspruchsvollsten Spiele in diesem Jahr.

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