"Ich persönlich halte die Entscheidung des EuGH für sehr gut, und das wird auch vom Bundesinnenminister so gesehen", sagte Günter Krings (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium. Bei den exorbitant wachsenden Datenmengen im digitalen Zeitalter sei eine Abwägung notwendig. "Und das können Algorithmen nicht leisten, das muss durch Menschen gemacht werden."
Der Europäische Gerichtshof hatte am Dienstag für viele Beobachter überraschend entschieden, dass Google unter Umständen verpflichtet ist, Links zu Informationen über Personen in seinen Suchergebnissen zu löschen. Geklagt hatte ein Spanier, der die Verbindung seines Namens mit einer lange zurückliegenden Zwangsversteigerung als Verletzung seines Persönlichkeitsrechts ansieht.
"Ich hoffe, dass das Urteil den Prozess der Gesetzesbildung auf europäischer Ebene wieder beschleunigen wird", sagte der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix. In Brüssel arbeiten die Parteien an einer europaweit einheitlichen Datenschutzverordnung, die die verschiedenen Datenschutz-Gesetze der einzelnen Länder ablösen soll. Die Ausgestaltung werde aber sicher noch einige Zeit in Anspruch nehmen, sagte Krings. "Das ist nicht mit einem Schnellschuss zu lösen." So seien derzeit Datenschutzfragen etwa beim Internet der Dinge nur zum Teil durch das europäische Regelwerk abgedeckt.
Krings sprach sich aber auch gegen eine Überregulierung oder überzogenes Misstrauen aus. "Digitale Technologien spielen heute eine wesentliche Rolle für das wirtschaftliche Wachstum", sagte der Staatssekretär. Beispielsweise habe die Automobilindustrie auf der vergangenen CeBIT auch gezeigt, was sie alles mit Google noch vorhabe. Die Technologien seien der Schrittmacher der digitalen Revolution. "Wir wollen in der laufenden Legislaturperiode Deutschland zum führenden digitalen Standort machen."
Die Entscheidung des EuGH war in Deutschland und Europa auf ein geteiltes Echo gestoßen. Während viele Datenschützer die Entscheidung begrüßten, kritisierte etwa der Branchenverband Bitkom sie als inkonsistent. So solle etwa ein Ersuchen zum Löschen von Links auch dann rechtens sein, wenn der Inhalt dahinter nicht beanstandet werde.
Anders als bei früheren Einschätzungen habe der EuGH in seinem jüngsten Urteil darauf verwiesen, dass Google mit seinen Suchergebnissen auch Geld verdiene, sagte Thomas Hoeren, Professor an der Universität Münster. Deshalb gälten aus Sicht des Gerichts auch die Privilegien für Presseerzeugnisse nicht.
Der Medienrechts-Experte war aus der amerikanischen Elite-Universität Harvard zugeschaltet, wo er sich derzeit für ein Freisemester aufhält. In den USA stoße die Entscheidung auf völliges Unverständnis, erklärte Hoeren. "Das wird in den USA nicht verstanden." "Datenschutz ist hier auch unter Fachleuten überhaupt kein Thema", sagte Hoeren. (dpa)