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Datenschutz: Das passiert mit unseren Daten im Internet wirklich

Datenschutz

Das passiert mit unseren Daten im Internet wirklich

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    Bei allen Internet-Diensten sollten immer die Datenschutzeinstellungen überprüft werden.
    Bei allen Internet-Diensten sollten immer die Datenschutzeinstellungen überprüft werden. Foto: Anne Wall

    Christian Gollner ist Rechtsreferent der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz und Spezialist für Datenschutz und Verbraucherrechte im Internet. Er erklärt, wie es um unseren Datenschutz steht.

    Ich suche mit Google, kaufe bei Amazon, stelle Bilder bei Facebook ein. Für Datenschützer bin ich ein hoffnungsloser Fall, oder?

    Christian Gollner: Jein. Das sind nun einmal die Marktführer, daneben bestehen nur wenige gute Alternativen. Aber Sie sollten sich im Klaren darüber sein, dass Sie damit einen Deal eingehen.

    Der heißt?

    Der Deal heißt Daten gegen Leistung. Die Unternehmen können mit Ihren Daten ein prächtiges Geschäft machen. Sie geben Google, Facebook und anderen persönliche Informationen wie ihr Alter, ihre Kontakte, ihre Vorlieben, was Sie wann kaufen und mit wem Sie sich umgeben. Im Gegenzug bekommen Sie Leistungen – und auch personalisierte Werbung.

    Personalisierte Werbung verleitet zu Impulskäufen

    Was ist daran schlimm, perfekt für mich passende Werbung angezeigt zu bekommen?

    Die Nachteile sind tatsächlich nicht immer leicht zu erkennen. Das beginnt bei Impulskäufen – Sie werden mitunter dazu verleitet, Dinge zu kaufen, die Sie vielleicht gar nicht haben wollten. Weitaus problematischer ist in unseren Augen aber, dass diese Form von Werbung auch diskriminierend sein kann.

    Wie denn?

    Nehmen wir an, ein Unternehmen weiß, dass Sie gut verdienen, zuverlässig bezahlen, viele Freunde kennen. Also bekommen Sie in der Online-Werbung für ein Produkt möglicherweise gleich noch einen Gutschein oder Rabatt angeboten. Ein anderer Kunde, der für die Firma nicht so interessant ist, bekommt diesen Rabatt nicht. Das nennt man „Price Steering“: Werbetreibende im Internet können bestimmten Kunden ein Produkt günstiger als anderen anbieten.

    Gibt es dafür konkrete Beispiele?

    Die gibt es. Ein amerikanisches Online-Reisebüro zum Beispiel hat offen zugegeben, dass Kunden, die mit einem Apple-Gerät auf die Webseite kamen, tendenziell teurere Produkte angezeigt wurden als die Kunden mit Microsoft-Geräten – eben weil man annahm, dass die

    Wohin führt das Ganze?

    Das ist WhatsApp

    WhatsApp wird 2009 in Santa Clara, Kalifornien, von Jan Koum und Brian Acton gegründet.

    WhatsApp ist eine Anwendung (App) für Smartphones. Mit dem Messenger können Nutzer Nachrichten austauschen.

    Zusätzlich zum normalen Nachrichtendienst können WhatsApp-Nutzer Gruppen erstellen und sich Bilder, Video- und Audiodateien zuschicken. Auch eine Anruf-Funktion gibt es.

    WhatsApp Messenger ist für iPhone, BlackBerry, Windows Phone, Android und Nokia erhältlich.

    Anfang 2014 übernimmt Facebook WhatsApp für 19 Milliarden US-Dollar.

    Seit Januar 2015 gibt es eine browsergestützte Version von WhatsApp, mit der auf bestehende Nachrichten zugegriffen werden kann.

    Anfang 2016 teilte das Unternehmen mit, über eine Milliarde aktive Nutzer zu haben.

    Nachdem zwischenzeitlich Gebühren von 89 Cent pro Jahr für WhatsApp eingeführt wurden, ist der Messenger seit 2016 wieder kostenlos.

    Die Vermarktung unserer Daten durch die Werbeindustrie ist das eine. Das andere ist, dass natürlich auch andere Branchen großes Interesse an unseren Daten haben. Denken wir an Krankenkassen, denen wir mitteilen, wie fit wir sind – und die uns dann entsprechende Tarife anbieten. Oder Autoversicherer, die unser Fahrverhalten protokollieren und danach ihre Prämien berechnen.

    Aber das machen wir doch alles freiwillig.

    Ja, und ohne Freiwilligkeit wäre eine solche Datenauswertung derzeit auch rechtlich nicht möglich. Wie gesagt, es ist immer ein Deal, und wir müssen uns überlegen, ob die Vorteile überwiegen.

    Nehmen wir an, ich möchte mich nicht auf dieses Tauschgeschäft einlassen. Was muss ich tun?

    Wichtig ist aus unserer Sicht, dass Sie sich als Verbraucher mit den Datenschutzbestimmungen der Dienste befassen, die Sie nutzen.

    Ich soll mir 80 Seiten Nutzungsbedingungen von Apple durchlesen, bevor ich mich bei iTunes anmelde?

    Facebook: Auf diese Dateneinstellungen sollten Nutzer achten

    Wer Mitglied bei Facebook ist, sollte seine Datenschutz-Einstellungen genau im Griff haben. Das müssen Sie wissen:

    PUBLIKUM: Teilt man im sozialen Netzwerk einen Beitrag, ohne die Datenschutzeinstellungen anzupassen, so ist er in der Regel für jeden sichtbar. Wer das nicht möchte, kann mit einem Klick auf das kleine Schloss-Symbol in der Menüleiste den Menüpunkt "Wer kann meine Inhalte sehen" aufrufen. Hier lässt sich einstellen, ob alle, Freunde oder nur in bestimmten Listen geführte Freunde die Mitteilung sehen soll.

    LISTEN:Mit wenigen Klicks lassen sich Freunde in bestimmte Listen sortieren. So lässt sich beim Veröffentlichen eines Beitrags festlegen, ob ihn nur die engen Freunde, Bekannte oder Arbeitskollegen sehen sollen. Kontakte lassen sich auch mehreren Listen zuordnen.

    FOTOS: Wer nicht auf Fotos erkennbar markiert werden möchte, kann dies bei "Chronik und Markierungseinstellungen" festlegen. Ganz verhindern kann man es nicht, es lässt sich aber einstellen, dass man über Markierungen informiert wird und sie genehmigen muss - bevor sie für andere sichtbar werden.

    WERBUNG: Facebook finanziert sich über Werbung. Je genauer sie an die Vorlieben eines Nutzers angepasst ist, desto wertvoller. Liked man etwa eine Marke oder ein Produkt, kann es vorkommen, dass Freunde Empfehlungen für dieses Produkt sehen - verziert mit dem Profilfoto des Empfehlenden. Wer das nicht möchte, sollte das in den Einstellungen unter "Werbeanzeigen/Werbeanzeigen und Freunde" anpassen.

    APPS: Facebook bietet über sein App-Center zahlreiche Programme und Spiele von Drittanbietern an. Diese erhalten weitreichenden Zugriff auf persönliche Daten und das eigene Profil. Daher sollten in den Einstellungen unter "Apps" die aktuellen Einstellungen geprüft werden. Ratsam ist auch, nicht mehr verwendete Apps zu löschen, damit diese nicht weiter Daten sammeln. (drs/dpa)

    Weil die Bedingungen meist unübersichtlich sind, macht das kaum jemand, das ist richtig. Die Datenschutzeinstellungen können aber – wenn vorhanden – zumindest einen gewissen Überblick vermitteln, worauf man sich einlässt. Problematisch ist auch, dass viele Unternehmen Verbraucher vor eine Alles-oder-nichts-Entscheidung stellen: Um ihren Dienst nutzen zu können, muss man die kompletten Nutzungsbedingungen akzeptieren – oder man lässt es und kann den Dienst nicht nutzen.

    Was bleibt mir also übrig?

    Wir raten dazu, bei Diensten umgehend nach der Anmeldung die Datenschutzeinstellungen zu überprüfen. Das geht zum Beispiel bei Google und Facebook recht gut. Auch wer Windows 10 nutzt, sollte unbedingt nachsehen, welche Daten der Rechner an Microsoft schicken will und dies korrigieren.

    Kann ich denn überprüfen, was Konzerne über mich gespeichert haben?

    Ja, das können Sie. Bei Google geht das in Teilen recht bequem online, bei anderen muss man eine entsprechende Datenauskunft verlangen. Eine solche Anfrage ist für Verbraucher auch nicht mit Kosten verbunden. Sie werden möglicherweise erschrecken, was alles über Sie gespeichert ist.

    Große Unternehmen gehen nicht leichtfertig mit Daten um

    Als Google-Nutzer weiß ich, dass der Konzern jede Menge über mich protokolliert, zum Beispiel mein Suchanfragen. Muss ich damit rechnen, dass solche Daten in falsche Hände geraten?

    Nutzerdaten sind für Konzerne wie Google ein sehr wertvoller Schatz. Den werden sie nicht leichtfertig an Dritte herausgeben. Große Unternehmen versichern zudem – meist in ihren Geschäftsbedingungen – dass Daten nicht ohne eine besondere Einwilligung an Dritte weitergegeben werden.

    Was ist dann das Problem?

    Für Verbraucher ist eher problematisch, dass sie zwar wissen, welche Daten von ihnen gespeichert sind, aber nicht, wie diese Daten tatsächlich verwendet werden und welche Rückschlüsse daraus gezogen werden. Und dann kommt natürlich noch hinzu, dass in der Vergangenheit mehrfach spektakuläre Fälle von Datendiebstahl bekannt geworden sind. Dagegen gibt es keinen hundertprozentigen Schutz.

    Datenlöschung kann verlangt werden

    Kann ich von Google, Amazon & Co verlangen, dass sie die über mich gespeicherten Daten löschen?

    Ja, Sie haben grundsätzlich das Recht, die Löschung dieser Daten zu verlangen.

    Und ich kann mich darauf verlassen, dass das dann auch geschieht?

    Kontrollieren können Sie das nicht. Sie müssen einfach darauf vertrauen.

    Das ist eine unbefriedigende Situation, oder?

    Das sagt ein Experte zu gefälschten Online-Identitäten

    Datenschutz-Experte: Lars Sobiraj (Bergisch-Gladbach) hat in diesem Jahr Schüler und Eltern an der Friedberger Realschule eindrücklich vor Fallstricken im Internet gewarnt. Wir sprachen mit dem Fachjournalisten und Seminarleiter über eine möglicherweise gefälschte Online-Identität (Fake-Profile) eines Lehrers der Beruflichen Oberschule Friedberg.

    Häufigkeit: Fälle von gefälschten Online-Identitäten kommen nach Auskunft von Sobiraj bisher häufig vor. Im Umfeld von Schulen allerdings eher unter Schülern. Lehrer sind seltener die Betroffenen.

    Schutz: Grundsätzlich empfiehlt der Experte, persönliche Angaben so wenig wie möglich im Internet preiszugeben. „Je freizügiger man mit eigenen Daten umgeht, umso leichter macht man es Betrügern“, sagt Sobiraj. Mittlerweile erschwere Facebook die Fälschung von Profilen, indem für einen neuen Eintrag eine Ausweiskopie gefordert wird.

    Wie reagieren? Sobiraj rät, gefälschte Identitäten und fremdenfeindliche Posts unverzüglich an Betreiber sozialer Netzwerke zu melden. Diese löschen dann üblicherweise die entsprechenden Einträge. Facebook gehe mittlerweile schnell gegen fremdenfeindliche Äußerungen vor. Weiterhin empfiehlt der Datenschutz-Experte, einen Fachanwalt für Medienrecht einzuschalten. Schließlich gehe es möglicherweise um Rufschädigung und somit eine Straftat. Chance Nach der Erfahrung von Sobiraj besteht bei Fake-Profilen durchaus die Chance, Täter ausfindig zu machen. Betreiber der sozialen Netzwerke könnten deren Identität in den meisten Fällen herausfinden. (scha)

    Umso mehr hoffen wir darauf, dass bald eine einheitliche neue Datenschutzrichtlinie in Europa eingeführt wird. Diese sieht deutlich höhere Sanktionen bei Verstößen gegen den Datenschutz vor, unter anderem Bußgelder, die sich nach dem Umsatz des betroffenen Unternehmens richten. Dies bezieht sich auch auf das neue „Recht auf Vergessenwerden“.

    Aber gibt es denn Recht auf Vergessen nicht heute schon?

    Der Europäische Gerichtshof hat dieses Recht schon im letzten Jahr klar umrissen: Sie können schon heute bei Google beantragen, dass Suchergebnisse zu Ihrem Namen gelöscht werden, wenn die Informationen veraltet oder falsch sind. Aber das betrifft nur die Suchergebnisse. Die eigentlichen Inhalte im Internet über Sie werden dabei nicht gelöscht. Dass Sie personenbezogene Daten im Netz umfassend löschen lassen können, wird erst mit der Verordnung für alle EU-Staaten ausdrücklich bestätigt.

    Was nützt mir das, wenn Konzerne wie Google oder Amazon in den USA sitzen?

    Genau hier soll das neue europäische Datenschutzrecht eine Verbesserung bringen. Unternehmen mit Sitz außerhalb der Europäischen Union werden sich an die europäischen Regeln halten müssen, wenn sie ihre Dienste im Binnenmarkt anbieten.

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