Auf dem Dachboden lagern alte Familienvideos, im Arbeitszimmer stehen Papas Lieblingsplatten, und irgendwo im Keller ist noch eine Kiste mit Hörspielkassetten. Das ist zwar alltäglich, aber nicht gerade ratsam. Denn wenn analoge Datenträger nicht professionell gelagert werden, sind sie irgendwann nur noch Staubfänger. "Es gibt Medien, die man langfristig digitalisieren muss", erklärt Christian Keitel vom Landesarchiv Baden-Württemberg in Stuttgart.
Dazu gehören zum Beispiel Musik-, Hörspiel- oder VHS-Kassetten. Wenn sie zu lange unbenutzt herumstehen, verkleben die Bänder und können, wenn überhaupt, nur noch von Experten gerettet werden. "Sie können die Lebensdauer von Tonbändern verlängern, indem sie sie einmal im Jahr ganz vor- und zurückspulen", sagt Keitel. "Aber wer macht das schon?" Langfristig sei es besser, alte analoge Medien zu digitalisieren. Das bedeutet, sie auf einen Computer zu übertragen und dann auf CD, DVD oder einer Festplatte abzuspeichern.
Der einfachste Weg dahin führt über einen Videorekorder oder Plattenspieler mit USB-Anschluss. Solche Geräte sind ab etwa 80 Euro erhältlich, sagt Thomas Schirmer, der mehrere Bücher zu dem Thema geschrieben hat. "Für den Hausgebrauch reicht das völlig aus." Wer noch ein altes Gerät ohne USB-Kabel besitzt, kann es per Klinken- oder S-Video-Kabel auch direkt an den Computer anschließen. Dabei kommt es aber schnell zu unschönen Störgeräuschen, sogenannten Brummschleifen. Schirmer rät daher, noch einen sogenannten Digital-Analog-Wandler dazwischenzuhängen: "Die Qualität wird damit tatsächlich besser." Die kleinen Kisten besitzen meist mehrere Anschlüsse für verschiedene Geräte und kosten ab 40 Euro.
Unabhängig von der Methode bedeutet Digitalisierung einen enormen Zeitaufwand. Denn um auf den Computer zu gelangen, muss das Medium in Echtzeit abgespielt werden. Damit ist es aber nicht getan: Um nervige Bild- und Tonfehler zu entfernen, muss das Ergebnis noch nachbearbeitet werden. USB-Geräten und Wandlern ist die erforderliche Software meist beigelegt. Die Anwendungen haben in der Regel Filter zur automatischen Nachbearbeitung. "Die erwischen aber nie alle Fehler", warnt Schirmer. Anspruchsvolle Nutzer kommen deshalb nicht darum herum, selbst Hand anzulegen. Ist keine Software beigelegt, ist für Audiodateien ein Open-Source-Programm wie Audacity empfehlenswert.
Selbst ein gut digitalisierter und aufwendig nachbearbeiteter Videofilm erreicht aber nie die Qualität einer DVD. Digitalaufnahmen von Schallplatten klingen für viele Ohren heute ungewohnt dumpf. "Ich würde immer nur die absoluten Schätze digitalisieren", rät Schirmer angesichts dieser Einschränkungen. Unersetzliche Familienvideos sind den Aufwand natürlich wert. Bei Spielfilmen ist es aber oft einfacher, sie neu auf DVD zu kaufen, das gleiche gilt auch für viele Schallplatten.
Erlaubt ist die Digitalisierung von Filmen und Musik in jedem Fall. Es handelt sich dabei um eine Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke, die auf dem Recht auf Privatkopie fußt, erklärt der Berliner Rechtsanwalt Oliver Brexl. "Voraussetzung ist allerdings, dass Sie sie nur für Ihre eigenen Zwecke benutzen." Eine Kopie für das eigene Archiv ist also erlaubt. Das Recht auf Privatkopie erlischt aber, wenn ein Kopierschutz vorhanden ist.
Doch auch Digitalisiertes währt nicht ewig, warnt Christian Keitel: "Es gibt schlicht kein unbegrenzt haltbares und hundertprozentig sicheres digitales Medium." Vergleichsweise kurz ist die Lebensdauer optischer Medien wie CDs oder DVDs. Schon nach zwei Jahren können diese bei schlechter Qualität an Lesbarkeit einbüßen. Experten raten daher eher zu magnetischen Speichern, also Festplatten. Die überdauern im Schnitt länger als optische Medien und schlagen dank eingebauter Fehlerprüfung bei Problemen Alarm. Grundsätzlich rät Keitel dazu, besonders wichtige Daten dreimal an verschiedenen Orten abzuspeichern.
Mehr Platz in Schrank und Speicher bringt die Digitalisierung aber nicht unbedingt. Manche werden sich freuen, die analogen Medien wegwerfen zu können, andere hängen an ihnen. Den Wert muss jeder für sich selbst bestimmen. "Niemand würde auf die Idee kommen, eine mittelalterliche Schriftrolle nach der Digitalisierung wegzuwerfen", erklärt Archivierungsexperte Keitel. Medien haben auch an sich einen Wert, und wenn es nur ein emotionaler ist. "Manche Menschen brauchen physische Objekte, an die sie ihr Herz hängen können." Das kann auch eine alte Schallplatte sein, eine Festplatte aber eher nicht - noch nicht. (dpa)