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Bundestagswahl 2017: Soziale Netzwerke: Wie Politiker im Internet auf Wählerfang gehen

Bundestagswahl 2017

Soziale Netzwerke: Wie Politiker im Internet auf Wählerfang gehen

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    Twitter, Facebook und Co. - nicht nur der amerikanische Präsident nutzt soziale Netzwerke, um seine Wähler zu erreichen. Auch deutsche Politiker setzen die Plattformen gezielt ein.
    Twitter, Facebook und Co. - nicht nur der amerikanische Präsident nutzt soziale Netzwerke, um seine Wähler zu erreichen. Auch deutsche Politiker setzen die Plattformen gezielt ein. Foto: Tobias Hase, dpa

    Es gibt da diese Fotos: Angela Merkel im Zoo, Martin Schulz beim Tischkickern und FDP-Chef Christian Lindner in der Imbissbude. Was nach Schnappschüssen klingt, ist in Wirklichkeit gut inszenierter Wahlkampf. Wo? Auf Instagram.

    Wahlkampf: Über Instagram erreichen Politiker vor allem Erstwähler

    Auf der Social-Media-Plattform, die zum Facebook-Konzern gehört, können Nutzer Fotos plus einen kurzen Text veröffentlichen. Das nutzten bisher hauptsächlich junge, sport-, shopping- und reisebegeisterte Menschen. Obwohl eine Foto-Plattform nicht direkt zur Diskussion politischer Inhalte einlädt, entdecken vor der Bundestagswahl immer mehr Politiker Instagram für sich.

    Kulturwissenschaftler Wolfgang Ullrich, der Instagram-Kanäle von Politikern in seinem Blog verfolgt, erklärt: "Instagram ist vor allem in der jüngeren Generation extrem beliebt, auch bei Erstwählern. Insofern ist das für Politiker kein unattraktiver Ort." Mit Bildern können Politiker den Eindruck erwecken, Menschen an ihrem Leben teilhaben zu lassen. "Damit kann sich auf Instagram besser erfüllen als auf anderen Plattformen, was sich Politiker erhoffen: authentisch sein." Im Ranking der meistgenutzten Social-Media-Communities liegt Instagram mit weltweit 700 Millionen Nutzern auf Platz zwei hinter Facebook mit mehr als zwei Milliarden Nutzern. In Deutschland tummeln sich etwa 30 Millionen Facebook- und 15 Millionen Instagram-Nutzer. Den Kurznachrichtendienst Twitter besuchen deutschlandweit jeden Monat zwölf Millionen Nutzer.

    Doch hat Social Media angesichts der hohen Nutzerzahlen auch das Potenzial, den Wahlkampf zu entscheiden? Politikexperte Martin Fuchs, der unter anderem schon CDU, Grüne und Linke beraten hat, sagt: "Das ist die große Glaskugel-Frage." Letztlich könne keiner sagen, was den Ausschlag gebe – ein Luftballon am Wahlstand, ein Plakat oder doch ein Video auf Facebook. "Fakt ist: Immer mehr Menschen verbringen ihre Zeit in sozialen Netzwerken. Die Politiker müssen dahin, wo Menschen sind. Und das tun auch immer mehr."

    Allerdings ist nicht jeder überall aktiv: So ist Bundeskanzlerin Angela Merkel auf Twitter überhaupt nicht und auf Instagram lediglich durch die offiziellen Fotografen der Bundesregierung vertreten. CSU-Spitzenkandidat Joachim Herrmann verzichtet ebenfalls auf einen Twitter-Account. Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch, Spitzenduo der Linken, haben keine Instagram-Accounts. Und Alexander Gauland, Teil der AfD-Spitze, ist auf keiner der drei Social- Media-Plattformen vertreten.

    Bundestagswahl 2017: Nicht alle Politiker setzen auf Social Media

    Haben diese Politiker einfach einen Trend verschlafen? "Nein", meint Kulturwissenschaftler Ullrich: "Es gibt gute Gründe, warum die, die keine Accounts haben, sich so entschieden haben. Für Sahra Wagenknecht zum Beispiel sind Facebook und Twitter wichtige Medien, da sie sich stark über das Wort und die Rede definiert." Sich auf Instagram in Szene zu setzen, sei für linke Parteien schwieriger als für wirtschaftsliberale. Wolfgang Ullrich erklärt: "Instagram ist, salopp gesagt, ein Ort, an dem man damit angibt, wie cool man ist – Stichwort: Wettbewerb – und somit maßgeschneidert für das Wahlprogramm der FDP."

    Dafür spricht der Account von Christian Lindner. Seine Fotos zeigen ihn in geräumigen Autos, als Redner vor großem Publikum, in Laufschuhen oder im Urlaub auf einem Motorboot. "Wer das sieht, bekommt das Gefühl: Da ist jemand immer auf Hochtouren unterwegs", erklärt Ullrich. Die Botschaft: "Ich tue viel, habe aber auch ein tolles Leben." SPD-Kandidat Martin Schulz hingegen stehe für soziale Gerechtigkeit. "Wenn Schulz die Fotos posten würde, die Lindner postet, bekäme er ein Problem", sagt Ullrich.

    Um die Wählergunst im Netz zu gewinnen, investieren die Parteien viel Geld. Katrin Göring-Eckardt, Vorsitzende der Grünen, erklärte im Interview mit unserer Zeitung: "Unser Etat für Wahlwerbung liegt bei etwa zwei Millionen Euro. Rund die Hälfte davon geben wir für das Internet aus." Die FDP investiere Martin Fuchs zufolge rund 20 Prozent ihres Etats in den Online-Wahlkampf, CDU und SPD je zehn bis 15 Prozent. Genaue Zahlen zu nennen, sei jedoch schwierig: "Es gibt keinen reinen Online-Wahlkampf mehr. Guter Wahlkampf funktioniert inzwischen integriert", sagt Fuchs.

    So zum Beispiel bei der Union, die für den Haustürwahlkampf eine App nutzt, die große Datenmengen auswerten und so potenzielle Wähler gezielt ausmachen kann. "Connect17" heißt das Programm. SPD, Grüne und FDP greifen laut Fuchs für die bevorstehende Bundestagswahl auf ähnliche Anwendungen zurück, auch die Linke habe kürzlich ein solches Programm in Betrieb genommen.

    Experte: Politiker müssen raus aus der eigenen Blase

    Trotz der verschiedenen Kanäle, auf denen Politiker unterwegs sind, und hoher Summen, die die Parteien investieren, sieht Politikberater Fuchs immer noch Schwächen im Online-Wahlkampf: "Viele Parteien und Politiker gehen nicht dahin, wo Plattformen genutzt werden." Zwar hätten die meisten Politiker und Parteien inzwischen Profile in den sozialen Netzwerken. Die Digital-News-Umfrage des Hans-Bredow-Instituts zeigt aber, dass drei von vier erwachsenen Facebook-Nutzern keinem Politiker und keiner Partei folgt. Fuchs rät Politikern beispielsweise, in Facebook-Gruppen einzutreten, in denen Nutzer sich über ihre Heimatstadt austauschen. "Sie müssen raus aus ihrer eigenen Blase. Dorthin, wo der Diskurs stattfindet."

    Doch nicht alles, was auf Facebook kursiert, ist auch wahr. Spätestens seit der Präsidentschaftswahl in den USA stellt sich die Frage, ob auch die Bundestagswahl von gezielten Falschmeldungen betroffen sein könnte. Politikberater Fuchs glaubt das nicht: "Seit dem US-Wahlkampf hat es in Sachen Fake News eine große Sensibilisierung gegeben. Unsere Parteikultur ist zudem eine ganz andere, nicht so polarisierend." Während es in den USA hieß "Trump oder Clinton", treten hier in Deutschland 42 Parteien an, von denen aktuellen Prognosen zufolge wohl sechs den Einzug in den Bundestag schaffen werden.

    Fuchs sagt: "Fake News haben nicht das Potenzial, Meinungen zu verändern. Sie bestärken lediglich schon vorherrschende Meinungen." Zwar könnten Fake News dazu beitragen, Menschen zur Wahl zu mobilisieren, "aber sie werden keinen SPD-Wähler zum CDU-Wähler machen".

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