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Hochschule: Anhaltende Kritik an TU-Präsidentin Rauch

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Anhaltende Kritik an TU-Präsidentin Rauch

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    Geraldine Rauch, Präsidentin der TU-Berlin, steht bei einem Fototermin mit der Deutschen Presse-Agentur.
    Geraldine Rauch, Präsidentin der TU-Berlin, steht bei einem Fototermin mit der Deutschen Presse-Agentur. Foto: Christoph Soeder, dpa (Archivbild)

    Nach dem Liken umstrittener Posts im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg reißt die Kritik an der Berliner TU-Präsidentin Geraldine Rauch nicht ab - obwohl diese im Nachhinein um Entschuldigung gebeten hatte. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) wies am Freitag auf die Verantwortung der Hochschulen hin: "An unseren Hochschulen darf kein Platz für Israel- und Judenhass sein", sagte sie der "Rheinischen Post". Vor allem die Hochschulleitung trage besondere Verantwortung und habe Vorbildfunktion. Hochschulen seien kein "rechtsfreier Raum".

    Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) pflichtete seiner Kabinettskollegin bei. Stark-Watzinger habe recht, schrieb er auf der Plattform X (vormals Twitter). "Aufgabe der Wissenschaft ist es, genau hinzusehen. Wer nicht genau hinsieht und deswegen nicht erkennt, dass er oder sie Sympathie für Antisemitismus bekundet, ist kein gutes Vorbild für angehende Wissenschaftler."

    Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, appellierte an die Universitäten, entschlossen gegen Judenhass vorzugehen. "Die Betroffenenperspektive ist unbedingt bei allen Maßnahmen im Kampf gegen Antisemitismus zu berücksichtigen", sagte er der Funke Mediengruppe (online). "Durch ihr persönliches Verhalten und ihre Amtsführung hat die Präsidentin der TU Berlin gezeigt, dass sie diese Grundsätze nicht in ausreichendem Maße beachtet."

    Die zuständigen Gremien der Technischen Universität Berlin (TU) beraten voraussichtlich ab kommender Woche über die mögliche Abwahl der seit 2022 amtierenden Uni-Präsidentin. "Das wird jetzt in der TU, dafür haben wir die Hochschulautonomie, in den zuständigen Gremien diskutiert und verhandelt, und die tagen ab nächster Woche", sagte TU-Kanzler Lars Oeverdieck im RBB-Inforadio. Das zuständige Gremium dafür sei der sogenannte Erweiterte Akademische Senat. "Das hat vor zwei Jahren die Präsidentin gewählt, und das wäre auch berechtigt, sie abzuwählen, und da muss das diskutiert werden."

    Rauch habe mit ihrem Verhalten auf der Plattform X einen erheblichen Reputationsschaden für die TU verursacht, so Oeverdieck. "Die Stimmung ist natürlich schlecht, alle laufen mit versteinerter Miene rum", sagte er mit Blick auf die Mitglieder des Gremiums. "Ein positives Ergebnis kann es gar nicht mehr geben, es gibt nur noch die Möglichkeit, den Schaden so schnell wie möglich und so gut wie möglich zu begrenzen."

    Die Wahl oder Abwahl von TU-Präsidenten gehört zu den wichtigsten Aufgaben des Erweiterten Akademischen Senats, dessen nächste reguläre Sitzung laut TU am 5. Juni um 13.00 Uhr ansteht. Er hat 61 stimmberechtigte Mitglieder: 31 Lehrkräfte, 20 sonstige Uni-Beschäftigte und 10 Studenten. Rede- und Antragsrecht haben aber auch zahlreiche weitere Personen, darunter die Präsidentin, die Vize-Präsidenten und der Kanzler.

    Das Kuratorium der TU wiederum kommt nach dpa-Informationen in der übernächsten Woche am 10. Juni um 9.00 Uhr zu einer Sondersitzung zusammen. Das Gremium ist für das Zusammenwirken zwischen Hochschule, Staat und Gesellschaft zuständig, ihm gehört unter anderem Berlins Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) an.

    Czyborra sagte der Deutschen Presse-Agentur am Freitag, es sei Aufgabe der TU sich zu dem Thema zu verhalten und den Verdacht zu entkräften, es werde nicht alles zum Schutz jüdischer Studierender und gegen Antisemitismus getan. Für ein Eingreifen des Senats oder der Wissenschaftsverwaltung gebe es keine Rechtsgrundlage. "Ich finde, wenn wir Hochschulautonomie und Wissenschaftsfreiheit ernst nehmen, dann ist es auch geboten, sich da zurückzuhalten. Wir sollten jetzt nicht Teile unserer demokratischen Verfasstheit in diesem Land mal eben zur Disposition stellen."

    Rauch hatte sich am Mittwoch nach viel Kritik entschuldigt und argumentiert, sie habe einen Tweet wegen seines Textes gelikt und das darunter gepostete Bild nicht genauer betrachtet. Sie nahm damit Bezug auf einen Beitrag mit Fotos von Demonstranten, die ein Bild des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu mit aufgemaltem Hakenkreuz hochhalten. Der Urheber des Tweets gibt an, dass auf den Bildern türkische Demonstranten zu sehen seien, die einen Waffenstillstand im Gazastreifen forderten und das Vorgehen der israelischen Armee in Rafah verurteilten.

    "Für mich stand das schriftliche Statement mit dem Wunsch für einen Waffenstillstand im Vordergrund", erklärte Rauch in einer Stellungnahme vom Mittwoch. "Ich möchte ganz ausdrücklich betonen, dass ich den Tweet nicht gelikt hätte, wenn ich die antisemitische Bildsprache aktiv wahrgenommen hätte oder wenn ich mich mit dem Account des Verfassers beschäftigt hätte." Auch nach der Entschuldigung gab es weiter Kritik an Rauch bis hin zu Rücktrittsforderungen etwa aus der CDU.

    Oeverdieck äußerte Verständnis für kritische Stimmen auch aus der Politik, betonte aber die Bedeutung der Hochschulautonomie bei solchen Entscheidungen. Diese sei ein hohes Gut, das nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden dürfe. "Einige fordern ja Konsequenzen aus der

    Zum Zentralrat der Juden, der die Entschuldigung der Präsidentin als nicht glaubwürdig zurückgewiesen hatte, sagte Oeverdieck: "Ich glaube, das ist eine Kritik, die nicht nur auf die Präsidentin zielt, sondern auch auf andere Dinge." Wenige Tage zuvor hatte der Zentralrat die Ernennung des Historikers Uffa Jensen als Antisemitismusbeauftragter der TU kritisiert, weil dieser nicht entschieden genug gegen alle Formen von Judenhass Position beziehe. "Insbesondere diese Kritik ist zurückzuweisen und ich glaube, das ist jetzt noch der Nachklapp gewesen", betonte der TU-Kanzler.

    Der Präsident des Zentralrats, Josef Schuster, hatte am Donnerstag erklärt: "Die Entschuldigung der TU-Präsidentin für das Liken von antisemitischen Tweets ist für mich nicht glaubwürdig."

    (dpa)

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