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Leute: Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff gestorben

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Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff gestorben

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    Sibylle Lewitscharoff, Schriftstellerin, gestikuliert auf einer Pressekonferenz.
    Sibylle Lewitscharoff, Schriftstellerin, gestikuliert auf einer Pressekonferenz. Foto: Uwe Zucchi, dpa (Archivbild)

    Die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff ("Blumenberg") ist tot. Sie starb am Samstag in Berlin im Alter von 69 Jahren, wie der Suhrkamp Verlag unter Berufung auf das Umfeld der Autorin mitteilte. Die genauen Todesumstände sind bislang nicht bekannt. Sie litt seit Jahren an Multipler Sklerose.

    Die in Stuttgart geborene Schriftstellerin wurde vor allem für ihre frühen Arbeiten mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Ihr Stil galt als ebenso leichtfüßig wie wortgewaltig.

    Mit ihrer Erzählung "Pong" überzeugte sie 1998 beim Ingeborg-Bachmann-Preis in Klagenfurt. In den Jahren danach schrieb Lewitscharoff die Romane "Der Höfliche Harald" (1999), "Montgomery" (2003) und "Consummatus" (2006). Für den Roman "Apostoloff" wurde sie 2009 mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet.

    2013 wurde die Schriftstellerin mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet. Zweimal konnte sich Lewitscharoff auch Hoffnung machen auf den Deutschen Buchpreis. 2016 stand ihr Name auf der Longlist, fünf Jahre zuvor hatte sie sogar die Shortlist erreicht.

    Ein Jahr später sorgte Lewitscharoff mit ihrem Beitrag im Rahmen der traditionsreichen Dresdner Reden für Aufsehen und nachhaltige Kritik. Darin bezeichnete sie Retortenkinder als "Halbwesen".

    In der Rede hieß es: "Nicht ganz echt sind sie in meinen Augen, sondern zweifelhafte Geschöpfe, halb Mensch, halb künstliches Weißnichtwas." Sie verglich die Reproduktionsmedizin mit Praktiken aus dem Nationalsozialismus und sprach von "gegenwärtigem Fortpflanzungsgemurkse", das ihr "widerwärtig erscheint".

    Die Reaktion war gewaltig, die Ablehnung reichte vom Schwulen- und Lesbenverband über die Akademie der Wissenschaften bis hin zur Kirche. Kritiker forderten auch, ihr den Büchner-Preis abzuerkennen. Später distanzierte sich Lewitscharoff von ihren Äußerungen. "Ich habe das mit zwei, drei sehr dummen, sehr aggressiven Sätzen selbst verbockt", wurde sie dazu in der "Süddeutschen Zeitung" zitiert.

    In der umstrittenen Rede ließ sie auch die religiösen Überzeugungen anklingen, die sie ebenfalls prägten. "Mein Schicksal liegt in Gottes Hand", sagte sie. Sie kritisierte eine moderne Gesellschaft, "die fortlaufend bestrebt ist, keine höhere Macht mehr anzuerkennen als die Macht des Menschen". Viel davon findet sich in ihrem Roman "Das Pfingstwunder", mit dem sie ihre Leserinnen und Leser 2016 auf einen Weg durch Himmel und Hölle führte.

    Die Tochter eines bulgarischen Vaters und einer deutschen Mutter studierte Religionswissenschaften in Berlin, wo sie nach längeren Aufenthalten in Buenos Aires und Paris auch lebte. Lewitscharoff war auch Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung sowie der Berliner Akademie der Künste.

    (Von Gerd Roth, dpa)

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