"Claudia Roths politische Biografie kündet unmissverständlich vom lebenslangen Engagement gegen Antisemitismus und Rassismus", heißt es unter der Überschrift "Nicht in unserem Namen" in dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Zu den 50 Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern zählen etwa Daniel Barenboim, Daniel Cohn-Bendit, Daniel Kahn, Barrie Kosky, Igor Levit, Rachel Libeskind, Meron Mendel, Eva Menasse, Jerry Merose, Jerzy Montag, Michael Naumann, Susan Neiman, Miriam Rürup, Sasha Marianna Salzmann, Julius Schoeps, Paula-Irene Villa Braslavsky, Albert Wiederspiel, Mirjam Zadoff oder Moshe Zimmermann.
Roth hatte auf Einladung des Zentralrates der Juden in Deutschland an der Veranstaltung am Freitag vergangener Woche in Frankfurt/Main teilgenommen. Während ihres Grußwortes kam es zu lautstarken Protesten einzelner Personen im Publikum. Zur Begründung wurde unter anderem auf die Debatten um die documenta fifteen in Kassel verwiesen, bei der 2022 Arbeiten als antisemitisch kritisiert wurden.
"Protest ist das eine, die niedergebrüllte Rede eines geladenen Gastes etwas anderes", heißt es in dem jetzt am Freitag veröffentlichten Brief. Zudem werde behauptet, Roth nehme Sorgen über Antisemitismus im Kulturbetrieb nicht ernst. "Dem wollen wir deutlich widersprechen", so die Unterzeichnenden.
"Ohne mit allem, was sie tut, einverstanden zu sein: Ihr ist es unter anderem zu verdanken, dass die künftige Arbeit von Gedenkstätten und Institutionen, die sich mit der Geschichte der nationalsozialistischen Verbrechen befassen, abgesichert ist", heißt es in dem Schreiben.
"Bei allen berechtigten Sorgen um steigenden Antisemitismus, der auch in den digitalen Medien angeheizt wird, kann die Staatsministerin für Kultur und Medien in einer offenen Gesellschaft nicht für umstrittene Inhalte verantwortlich gemacht werden." Roth habe die schwere Aufgabe, "in diesem Spannungsfeld die demokratischen Normen und die Freiheit der Kunst im Auge zu behalten, weil Kunst zwar politisch ist, aber politische Eingriffe in die Kunst unterbleiben müssen".
Kulturschaffende bräuchten eine politische Umgebung, in der sie ungehindert arbeiten könnten. "Viele Juden gestalten in Deutschland den Kulturbetrieb mit - es muss liberaler Konsens bleiben, dass Religionsgemeinschaften keinen Einfluss darauf nehmen." Das Judentum lebe von Vielstimmigkeit, Pluralismus und Debatte.
Verwiesen wurde darauf, mehr als die Hälfte der in Deutschland lebenden Juden gehörten keiner jüdischen Gemeinde an, verstünden sich als säkular oder lehnten "die partikularistische Politik des Zentralrats" ab. "Aber wir alle müssen auf einer zivilisierten, respektvollen Debatte bestehen und können sie nicht nur von den anderen verlangen", forderten die unterzeichnenden Prominenten.
(dpa)