Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat sich angesichts eines drohenden Gasmangels offen dafür gezeigt, die Laufzeit von Atomkraftwerken notfalls für eine kurze Zeit zu verlängern. "Die letzten Atomkraftwerke gehen zum 31. Dezember 2022 vom Netz. Sie machen derzeit etwa sechs Prozent unserer Stromversorgung aus. Wenn dieser Termin um drei oder vier Monate verlängert wird, um Gas sparen zu können, dann muss das ernsthaft und ideologiefrei diskutiert werden", sagte Woidke der Deutschen Presse-Agentur in Potsdam.
Mittel- und langfristig sehe er vor dem Hintergrund der ungeklärten Atommüllentsorgung aber keine Zukunft für die deutsche Atomenergie. Ein Großteil der Brennstäbe komme aus Russland, fügte Woidke hinzu.
Zuvor hatte der Regierungschef der "Märkischen Allgemeinen Zeitung" gesagt: "Ob ein kurzfristiger Weiterbetrieb von mehreren Monaten in der akuten Notlage helfen kann, muss vom Bundeswirtschaftsminister geprüft werden. Wir sollten heute nichts von vornherein ausschließen."
Beim grünen Koalitionspartner stieß Woidke mit seinem Vorstoß auf Widerspruch. Die Frage einer Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke sei bereits ausgiebig geprüft worden, sagte Grünen-Landeschefin Julia Schmidt am Donnerstag. "Das Ergebnis: Selbst eine Verlängerung um wenige Monate ist nicht sinnvoll, da dies die Wärmeversorgung nicht entlastet und in keinem Verhältnis zum Aufwand, den Kosten und den Sicherheitsrisiken steht", betonte sie. "Statt krampfhaft an alten Technologien festzuhalten und Scheindebatten zu führen, sollten wir den drängenden Problemen mit konstruktiven Lösungen begegnen und unsere Kraft in den Ausbau der erneuerbaren Energien investieren."
Die Ampel-Koalition im Bund streitet zunehmend über längere Laufzeiten der drei noch verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland. SPD und Grüne wiesen am Dienstag einen dahingehenden Vorstoß von FDP-Fraktionschef Christian Dürr zurück. Auch Unionspolitiker fordern wegen eines drohenden Gasmangels seit längerem, Atomkraftwerke über das Jahresende hinweg laufen zu lassen. Umweltverbände hingegen sprachen von einer "Scheindebatte".
(dpa)