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Bundespräsident: Trillerpfeifen und Eierlikör: Steinmeier besucht Senftenberg

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Trillerpfeifen und Eierlikör: Steinmeier besucht Senftenberg

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    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (l) wird nach seiner Ankunft von Schaulustigen begrüßt.
    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (l) wird nach seiner Ankunft von Schaulustigen begrüßt. Foto: Soeren Stache, dpa

    Auf dem Marktplatz von Senftenberg kam am Dienstag alles zusammen. Erbitterte Gegendemonstranten hinter AfD-Symbolen, die Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit Trillerpfeifen und "Kriegstreiber"-Rufen empfingen. Schaulustige, die gar nicht wussten, dass das Staatsoberhaupt für drei Tage seinen Amtssitz in die Kleinstadt in die Lausitz verlegt hat. "Ach so, der Steinmeier?", sagte eine Frau im roten Pullover, die mit ihrem Mann als Dauercamperin am nahen See die Rente genießt. Und dann noch der Shanty-Chor.

    Genau genommen war es der "Chor der Bergarbeiter", der vor dem Rathaus Seemannslieder anstimmte. Ein Symbol: vom Bergbau zum Wasser. Früher hing Senftenberg am Kohlebergbau, heute sind es die umliegenden Seen - geflutete Tagebaue -, die die Region mit Tourismus wirtschaftlich stützen. Der Chor schien mit seiner Liedauswahl den richtigen Ton getroffen zu haben. Bei "Wir lagen vor Madagaskar und hatten die Pest an Bord" bewegte auch Steinmeier die Lippen.

    Der Bundespräsident hat Senftenberg mit seinen 23.000 Einwohnern bewusst für seine siebte "Ortszeit Deutschland" ausgesucht, jener Reihe, die ihn seit dem vergangenen Jahr immer wieder in kleinere Städte weit ab von Berlin führt. Die Stadt habe schon einige Umbrüche hinter sich, sagte Steinmeier. Hier könne man lernen, wie Menschen mit Verunsicherungen umgingen. "Wie gelingt es einer Stadt wie Senftenberg, sich buchstäblich neu zu erfinden?"

    Politik werde von

    Einmal im medialen Rampenlicht sein - das sei für seine Stadt sehr wichtig, bestätigte Bürgermeister Andreas Pfeiffer, der Steinmeier den ganzen Tag begleitete. Und der Besuch sei eine Gelegenheit, dem Bundespräsidenten von den Herausforderungen zu berichten. Topthema für Pfeiffer derzeit: die Finanzierung von Schulen und Kitas und die Sicherung der ärztlichen Versorgung. Noch sei alles in Ordnung. "Auch mit den Flüchtlingen sind wir noch gut aufgestellt, das passt", sagte der CDU-Politiker. Aber perspektivisch brauche man mehr Unterstützung. Bei Steinmeier finde er ein offenes Ohr. "Es waren sehr angenehme Gespräche, die wir hatten", sagte Pfeiffer.

    Steinmeier sucht bei diesen "Ortszeiten" vor allem die Begegnung mit Bürgern. Solche Besuche seien ihm wichtig in einer Zeit, in der Auseinandersetzungen vor Ort und in den Medien immer schwieriger würden und man sich mit großer Heftigkeit begegne. "Demokratie braucht Auseinandersetzung mit Vernunft", sagte Steinmeier. "Und Demokratie braucht Vertrauen. Vertrauen entsteht durch Nähe. Nähe braucht Begegnung. Und Begegnung braucht Zeit. Und diese Zeit habe ich mitgebracht."

    Ausdrücklich will sich Steinmeier auch kritischen Stimmen stellen, den Politikverdrossenen und Demokratieskeptischen. Allerdings ist dieser Austausch im Konkreten dann doch nicht so leicht. Beim Rundgang auf dem Marktplatz von Senftenberg trat eine Frau mit auffällig grüner Brille an Steinmeier heran. Sie hätte da eine Menge kritischer Fragen, sagte sie - die Not des Mittelstands, dass wieder ein Bäcker geschlossen habe, dass alles immer teurer werde. Steinmeier hörte ihr einige Minuten zu, aber richtig zufrieden war die 66-Jährige danach nicht. "Früher waren wir frei", sagte sie. Jetzt müsse sie ihre Kinder finanziell unterstützen. Alles schwierig.

    Trotzdem sind diese "Ortszeiten" für Steinmeier auch Wohlfühltermine. Bei schönstem Sonnenschein umringten auch in Senftenberg Neugierige das Staatsoberhaupt, wechselten ein paar Worte mit ihm, machten Selfies. Steinmeier nahm es leutselig, scherzte, lachte. Ganz am Ende landete er auf dem Markt beim Eierlikör-Stand "scharfes Gelb", wo der Likör in Waffelbechern ausgeschenkt wurde. Was solle es sein,

    (Von Verena Schmitt-Roschmann, dpa)

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