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Zweite Stammstrecke: Ronald Pofalla nimmt Söder beim Stammstrecken-Debakel in Schutz

Zweite Stammstrecke

Ronald Pofalla nimmt Söder beim Stammstrecken-Debakel in Schutz

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    Der ehemalige Bahn-Vorstand Ronald Pofalla überraschte manchen mit seiner Aussage im Untersuchungsausschuss Stammstrecke im Bayerischen Landtag.
    Der ehemalige Bahn-Vorstand Ronald Pofalla überraschte manchen mit seiner Aussage im Untersuchungsausschuss Stammstrecke im Bayerischen Landtag. Foto: Felix Hörhager, dpa

    Kann das sein? Eine bayerische Bauministerin sorgt sich um immense Zeitverzögerungen und milliardenschwere Kostensteigerungen bei Planung und Bau der zweiten Stammstrecke für die S-Bahn in München und ihre einzige Chance, den zuständigen Bahnmanager darauf anzusprechen, ist seine Zigarettenpause am Rande der Eröffnung eines ICE-Werks in Nürnberg? Die Antwort lautet: Ja, offenbar genau so hat es sich zwischen Ex-Bauministerin Kerstin Schreyer (CSU) und dem früheren Infrastrukturvorstand der Bahn, Ronald Pofalla, im Frühherbst 2020 zugetragen.

    Nachdem er vor knapp drei Wochen die bayerischen Landtagsabgeordneten massiv verärgert hatte, musste Pofalla an diesem Mittwoch zum zweiten Mal als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags Rede und Antwort stehen. Der ärgste Zorn der Abgeordneten war offenbar verraucht. Und auch Pofalla, der von 2017 bis Anfang 2022 Bahnvorstand für Infrastruktur war, zeigte sich offener für die Fragen der Parlamentarier, die das Planungs- und Kostendebakel bei dem gigantischen Verkehrsprojekt aufklären wollen. In der Sache aber prallten Welten aufeinander. 

    Das Projekt gehörte zu den wichtigsten Vorhaben der Bahn

    Nach Darstellung Pofallas ist der Infrastrukturvorstand der Bahn ein viel beschäftigter Mensch, der sich nicht um alles kümmern kann. Rund 30.000 Projekte habe die Bahn am Laufen. Die Berichte aus dem Konzern, die darüber auf seinem Schreibtisch landeten, hätten einen Umfang von mindestens 1000 Seiten pro Woche gehabt. "Da war erkennbar eine totale Überlast", sagte Pofalla. Auf Nachfrage des Ausschussvorsitzenden Bernhard Pohl (Freie Wähler) räumte er zwar ein, dass das Projekt in München "sicherlich zu den Top Five" in Deutschland gehöre. Wirklich intensiv beschäftigt aber habe er sich damit – von routinemäßigen Berichten im Bahnvorstand abgesehen – nur im Jahr 2019 im Vorfeld eines Termins, bei dem wesentliche Um- und Neuplanungen beschlossen wurden. 

    Die immensen Kostensteigerungen und Zeitverzögerungen – etwa 8,5 statt 3,5 Milliarden Euro, Fertigstellung 2037 statt 2028 – werden im wesentlichen auf diese Um- und Neuplanungen zurückgeführt. Eine zentrale Frage der Abgeordneten lautet, wer wann von dem sich abzeichnenden Debakel wusste und warum darüber offenbar nicht geredet wurde. 

    Kommunikation gab es angeblich keine

    Pofallas Antwort fiel recht grundsätzlich aus. Er habe bei der Bahn, so berichtete er, ein einziges Mal den Fehler gemacht, zu früh Zahlen zu nennen. Seitdem halte er sich an den Grundsatz: "Ich veröffentliche keine Zahl, bevor Beratungen nicht endgültig abgeschlossen sind." Und die neuerliche Ermittlung der Gesamtkosten habe sich eben ungewöhnlich lange hingezogen. 

    Bei den Experten im bayerischen Bauministerium machte sich nach den Um- und Neuplanungen im Jahr 2019 zunehmend Besorgnis breit, dass das Projekt aus dem Ruder laufen könnte. Ihre Schätzungen gingen weit über die ursprünglichen Kosten und Zeitpläne hinaus. Auf den üblichen Kommunikationskanälen aber waren von der Bahn offenbar keine Antworten zu erhalten. Auch von der bayerischen Staatskanzlei gab es, nach allem, was bisher bekannt ist, keine Unterstützung. 

    Die Opposition im Landtag hat den Verdacht, dass Ministerpräsident Markus Söder (CSU) das Thema aus dem Bundestagswahlkampf draußen halten wollte. Sein Streben nach der Kanzlerkandidatur sollte nach dieser Lesart durch nichts gestört werden. Die CSU-Abgeordneten im Untersuchungsausschuss sehen die Hauptschuld bei der Bahn

    Pofalla will nie mit Söder oder Scheuer darüber gesprochen haben

    Pofalla beteuerte, er habe Verständnis für die Kritik, verwies aber darauf, dass die Abläufe in dem Konzern so seien, wie sie nun einmal sind: "Ich glaube, dass die Bahn im Ergebnis nicht anders handeln konnte, als sie es getan hat." Den Verdacht, dass das Dilemma aus wahltaktischen Gründen zurückgehalten worden sein könnte, wies er zurück. Er habe weder mit Söder noch mit dem früheren Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) über das Projekt gesprochen. 

    Der offenbar einzige persönliche Kontakt in der Sache zwischen dem Bahnmanager und der Staatsregierung war das Gespräch in Pofallas Zigarettenpause in Nürnberg. Schreyer schickte noch einen Brief hinterher, in dem sie von ihrer "Bestürzung" über die Entwicklung des Projekts berichtete. Ein nachhaltigen Eindruck machte das auf Pofalla nach seiner Darstellung nicht. Eine gewisse Robustheit gehöre zu dem Job dazu. 

    Nach Ansicht von Ausschussvize Jürgen Baumgärtner (CSU) ist mit der Aussage Pofallas jeder Verdacht gegen Söder widerlegt. Ausschuss-Chef Pohl nannte es bemerkenswert, dass Pofalla das Projekt zu den "Top Five" zählte, „es aber nicht für nötig hielt, mit seinen Partnern in der bayerischen Staatsregierung oder der Bundesregierung darüber zu reden. Der Grünen-Abgeordnete Martin Runge sagte, Pofallas Auftritt sei "unterhaltsam und sehr geschickt" gewesen. "Da wo es konkret wurde, aber hat er sich nicht erinnert."

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