Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat Mutmaßungen zurückgewiesen, er habe seinen Vize Hubert Aiwanger auch aus Angst vor einem Solidarisierungseffekt von Wählern bei der Landtagswahl im Amt belassen. "Angst ist für mich kein Maßstab", sagte Söder am Sonntag im ZDF-Sommerinterview. "Wer mich kennt, weiß, dass Angst jetzt auch kein Motiv ist. Nein, am Ende ging es mir darum, einfach fair zu sein. Mir ging es einfach um Fairness."
Bayerischer Ministerpräsident: Eine Entlassung wäre ein Übermaß
Söder verteidigte in dem Interview seine Entscheidung, trotz der Vorwürfe rund um ein antisemitisches Flugblatt aus Aiwangers Schulzeit an seinem Wirtschaftsminister festzuhalten. "Etwas, was 35 Jahre her ist und wo man heute sich klar davon distanziert, das wäre ein Übermaß, dort eine Entlassung jetzt vorzunehmen", sagte er, betonte aber auch: "Ich gebe zu, das ist eine schwere Entscheidung gewesen, aber ich habe sie nach bestem Wissen und Gewissen getroffen."
Auffällig war, wie Söder Aiwanger zum Teil in Schutz nahm, auch gegen Kritik an dessen Klagen über eine angebliche "Schmutzkampagne": "Ich habe doch den Eindruck, da ist auch jemand selbst - man merkt es auch richtig, wenn man mit ihm redet - natürlich in einer persönlichen Ausnahmesituation. Da würde ich jetzt auch nicht jedes Wort und auch jede Emotion auf die Goldwaage legen", sagte der CSU-Politiker.
Markus Söder vergleicht Hubert Aiwangers Verhalten mit dem von Olaf Scholz in der Cum-Ex-Affäre
Gleichzeitig wehrte sich Söder, wie in den vergangenen Tagen schon die Freien Wähler, gegen übermäßige Aufklärungsforderungen aus Berlin. Konkret nannte er Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der in der Cum-Ex-Steueraffäre ebenso wie Aiwanger bei einem Teil der gegen ihn erhobenen Vorwürfe Erinnerungslücken geltend macht. "Ich will jetzt keine Vergleichsfälle in der Bundespolitik ziehen, wo ganz namhafte deutsche Politiker sich an Dinge nicht erinnern können, die vor zwei Jahren waren", sagte Söder und fügte dann hinzu: "Auch der Bundeskanzler sagt, da müssen Fragen aufgeklärt werden, die sich an ihn ja an anderer Stelle auch gewaltig richten."
Zudem sagte Söder in dem Interview, es stellten sich auch Fragen "im medialen Umfeld". Das sei Teil der Debatte. "Die Geschichte scheint ja auch, so haben wir es gelesen, ich glaube sogar im "Spiegel", auch anderen Medien angeboten worden zu sein. Die haben es aber nicht abgedruckt, weil sie offensichtlich das nicht als so stark empfunden haben. Deswegen stellt sich auch die Frage, dass man nach einer Medienberichterstattung nicht sein abschließendes Urteil fällen sollte." (dpa)