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Würzburg: Neonazi-Demo befeuert Debatte über Verbot von Partei "Der III. Weg"

Würzburg

Neonazi-Demo befeuert Debatte über Verbot von Partei "Der III. Weg"

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    Dem guten Dutzend Aktivisten der rechtsextremen Partei „Der III. Weg“ stellten sich am Samstag in Würzburg rund 300 Gegendemonstranten entgegen.
    Dem guten Dutzend Aktivisten der rechtsextremen Partei „Der III. Weg“ stellten sich am Samstag in Würzburg rund 300 Gegendemonstranten entgegen. Foto: Fabian Gebert

    Der Auftritt der rechtsextremen Kleinpartei „Der III. Weg“ am vergangenen Samstag in Würzburg sorgt für ein politisches und juristisches Nachspiel. „Das ist ein Angriff auf unsere Demokratie“, sagte der Wahlkampf-Chef der Grünen, Bundesgeschäftsführer Michael Kellner, am Montag in Berlin. Er kündigte eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft in

    15 bis 20 Aktivisten der Neonazi-Partei hatten am Würzburger Barbarossaplatz, dem Tatort der Messerattacke, bei der ein Somalier am 25. Juni drei Frauen getötet hatte, drei mit Kunstblut verschmierte Puppen auf die Straße gelegt. Dahinter drapierten sie Bilder der drei Kanzlerkandidaten Annalena Baerbock (Grüne), Armin Laschet (CDU/CSU) und Olaf Scholz (SPD) sowie ein Schild „Schön bunt hier“.

    300 Gegendemonstranten bei rechtsextremer Partei "Der III. Weg"

    Passanten und die rund 300 Gegendemonstranten sahen in der Aktion zuallererst die pietätlose Instrumentalisierung der Opfer des Messerangriffs, viele interpretierten sie aber auch als eine Aufforderung zum Mord an den drei Kanzlerkandidaten. Die Szenerie mit den Puppen im Vordergrund und den Bildern dahinter habe ihn an ein Grab auf dem Friedhof erinnert, sagte ein Zeuge. Im Hintergrund sei zudem auf einem Kleinlaster auch noch ein Plakat mit der Aufschrift „Reserviert für Volksverräter“ zu sehen gewesen. Bei unvoreingenommenen Betrachtern habe so der Eindruck entstehen müssen, „hier handele es sich um die Hinrichtung dreier Politiker als Volksverräter“, sagt SPD-Mann Ritter.

    Die Staatsanwaltschaft Würzburg, die vor Ort am Samstag keine Straftatbestände erkennen konnte, bestätigte am Montag den Eingang mehrerer Strafanzeigen im Zusammenhang mit der Demo. Eine genaue Zahl nannte die Behörde nicht. Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach kündigte an, die Vorwürfe nun einer „umfassenden strafrechtlichen Würdigung“ zu unterziehen. In Betracht komme insbesondere der Tatbestand der Volksverhetzung sowie der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten.

    Unverständnis über Reaktion der Würzburger Behörden

    Dass Staatsanwaltschaft und Polizei nicht gleich vor Ort am Samstag eingegriffen haben, sorgt vielerorts für Unverständnis. Es sei eine „Schande“, dass „völlig unverhohlene Mordfantasien bei der Kundgebung dargestellt werden durften“, sagt Sebastian Hansen, der Bundestagskandidat der Grünen im Wahlkreis Würzburg. „Zwei Jahre nach dem Mord an Walther Lübcke“ habe man bei den Behörden „wohl immer noch nicht verstanden“, dass solcher Hass die Stimmung befördere, in der rechtsextreme Morde begangen werden, so Hansen.

    Die Polizei war bei der Demonstration ebenfalls vor Ort, griff aber nicht ein.
    Die Polizei war bei der Demonstration ebenfalls vor Ort, griff aber nicht ein. Foto: Fabian Gebert

    Auf die Frage, aus welchen konkreten Gründen die Staatsanwaltschaft keine Notwendigkeit zum Einschreiten gesehen habe, antwortete Sprecher Seebach nicht. Er verwies stattdessen auf die Stadt Würzburg, die die Demonstration erlaubt habe. Dort heißt es: So geschmacklos und „in höchstem Maße pietätlos“ wie der Auftritt der Neonazis auch gewesen sei, eine Möglichkeit, die Versammlung zu untersagen, habe man im Rathaus nicht gesehen, schreibt Pressesprecher Christian Weiß. Die Inszenierung sei bei der Anmeldung beschrieben worden, in Absprache mit Polizei und Staatsanwaltschaft sei man aber zu der Überzeugung gekommen, dass ein eventuelles Verbot der Demonstration vom Verwaltungsgericht gekippt worden wäre. Öffentliche Sicherheit und Ordnung seien durch die Versammlung nicht unmittelbar gefährdet gewesen, so Weiß.

    Laschet-Berater Neumann: "Welchen Sinn haben dann Parteiverbote?"

    Unterdessen befeuert die jüngste Provokation die Debatte, ob die rechtsextreme Kleinpartei, die sich laut Verfassungsschutz in Bayern auf rund 160 Mitglieder und Sympathisanten stützen kann, nicht verboten werden müsste. „Der III. Weg“ sei weniger eine Partei als vielmehr eine „kriminelle Vereinigung“, sagt Sebastian Hansen von den Grünen. SPD-Mann Ritter fordert von der Staatsregierung, einen Verbotsantrag zumindest ernsthaft zu überprüfen.

    Während das CSU-geführte Innenministerium für so eine Initiative aufgrund der Erfahrungen mit dem gescheiterten NPD-Verbotsverfahren keinerlei Erfolgsaussicht sieht, äußert sich der Würzburger Terrorismus-Experte Peter Neumann eindeutig. Bei Twitter schreibt der Berater von Unionskanzlerkandidat Armin Laschet: „Wenn diese verrückte, menschenverachtende, klar faschistische Partei nicht bald verboten wird, welchen Sinn haben dann Parteiverbote?“

    Landgericht verbietet Plakate "Hängt die Grünen!"

    Einen Tag vor der Würzburger Veranstaltung hatte das Landgericht München I der Splitterpartei das Aufhängen von Wahlplakaten mit dem Slogan „Hängt die Grünen!“ verboten. Der Beschluss sei räumlich nicht begrenzt und gelte damit grundsätzlich bundesweit, wenn nicht Widerspruch eingelegt werde, erklärte eine Gerichtssprecherin. Die Plakate sorgen seit zwei Wochen für Empörung – und juristische Auseinandersetzungen. In Sachsen ermitteln mehrere Staatsanwaltschaften. Auch die Staatsanwaltschaft in München hat Ermittlungen eingeleitet.

    Die Stadt Zwickau, wo das Motiv zuerst aufgetaucht war, hatte die Plakate abnehmen lassen. Das Verwaltungsgericht Chemnitz entschied jedoch, dass die Plakate trotz eines Verbots der Stadt

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