Nach jahrelanger Debatte um die von Wölfen ausgehende Gefahr für Alm- und Weidewirtschaft droht ein Schwarzer-Peter-Spiel zwischen dem Bund und Bayern: Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) will Schnellabschüsse von Wölfen ermöglichen, doch die Münchner Staatsregierung fordert ein weitergehendes Einlenken des Bundes.
Bayern an Bund: «Günstigen Erhaltungszustand» feststellen
Deswegen hängt derzeit die regierungsamtliche Feststellung, dass der Wolf sich in Deutschland in «günstigem Erhaltungszustand» befindet - eine Voraussetzung, die nach bayerischer Auffassung das bürokratische Prozedere vor dem Abschuss von Wölfen weniger aufwändig machen könnte. Lemke für den Bund sowie Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) für die Staatsregierung forderten bei der diesjährigen Hauptalmbegehung in Oberammergau wechselseitig Entgegenkommen von der jeweils anderen Seite.
Bund an Bayern: Es liegt an Euch
Lemke betonte, dass sie den Almbauern helfen wolle, die wegen der Rückkehr der Wölfe um ihre Existenz fürchten. Das Bundesumweltministerium hat deswegen eine sogenannte Schnellabschussregelung auf den Weg gebracht. «Ich fordere die Bundesländer energisch auf, diese Schnellabschlussregelung zu nutzen», sagte die Bundesumweltministerin. «Sie können das, Sie müssen es nur machen.» Sie könne den «guten Erhaltungszustand» des Wolfs morgen nach Brüssel melden. «Dafür brauche ich die Zustimmung Bayerns. Das ist die Zustimmung, die fehlt mir seit mehreren Monaten.»
Wechselseitiges Einlenken gefordert
Wirtschaftsminister Aiwanger entgegnete bei der Veranstaltung, es sei seines Wissens in Deutschland noch kein einziger Wolf auf Grundlage dieser Regelung geschossen worden. «Jeder Richter stoppt jeden Abschuss.» Grund der bisherigen bayerischen Nichtzustimmung zum «guten Erhaltungszustand» sei, dass dieser nach bayerischen Angaben nicht für das ganze Bundesgebiet gelten soll, sondern nur für einige Bundesländer - ohne Bayern.
«Lenken Sie ein», forderte Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) von Lemke. «Wir brauchen endlich eine Möglichkeit, ein Bestandsmanagement zu leisten, denn die Population der Wölfe in Deutschland und in Europa nimmt rasant zu.» Kaniber berief sich auf Zahlen des Deutschen Jagdverbands, wonach die Zahl der Wölfe in Deutschland jährlich um 40 Prozent wächst. «Wir verlieren das Gesicht der Alpen, wir verlieren das Gesicht Bayerns und damit natürlich auch die Grundlage unserer Heimat», warnte Kaniber.
«Hier hat er keinen Platz»
Die Stimmung unter den Bauern ist aufgeheizt. Eine Rückkehr der Wölfe bedeute das Ende der Almwirtschaft, warnte Landwirt Klement Fend. Der Schutz der Tiere durch Zäune sei nicht möglich. Eine Lösung müsse her: «Wenn nicht mit dem Naturschutz, dann gegen den Naturschutz» - er bezog sich damit auf die Kooperation der Landwirte mit dem Bund Naturschutz.
Auch die Kommunalpolitiker in den bayerischen Alpen sind ganz überwiegend Gegner einer Rückkehr der Wölfe. «Wir wollen den Wolf nicht ausrotten», sagte der Oberammergauer Bürgermeister Andreas Rödl (CSU). «Hier hat er keinen Platz.»
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