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Wohnungsnot: Mini-Wohnungen – zwischen Lifestyle und Abzocke

Wohnungsnot

Mini-Wohnungen – zwischen Lifestyle und Abzocke

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    Wohnraum ist selten und daher oft teuer. Das führt zu unterschiedlichen Auswüchsen.
    Wohnraum ist selten und daher oft teuer. Das führt zu unterschiedlichen Auswüchsen. Foto: Paul Zinken/dpa (Symbolfoto)

    Wohnraum ist teuer, eine Binsenweisheit, die alle bestätigen können, die schon mal in einer Großstadt etwas Bezahlbares gesucht haben. Da liegt die Rechnung nahe, eine kleine und damit günstigere Behausung zu suchen. Ein Fall aus Paris hat nun aber die Behörden auf den Plan gerufen. Kleine Wohnungen sind dabei nicht aus Prinzip schlecht. Zu klein dürfen sie aber auch nicht sein. Und das ist die Unterkunft in

    Wenn er auf sein Hochbett will, muss Massi, Kellner aus Paris, gelenkig sein. Der 42-Jährige hat nur 50 Zentimeter Platz zwischen Matratze und der Zimmerdecke. Er lebt auf lediglich 4,7 Quadratmetern, für die er 550 Euro Miete bezahlt, berichtet die Zeitung Le Parisien. Zum Vergleich: Einem Hund bis zu 50 Zentimeter Schulterhöhe müssen im Zwinger mindestens sechs Quadratmeter zur Verfügung stehen. "Ich komme nur zum Schlafen her, ansonsten ist es deprimierend", sagt Massi. Nun stellt sich die Stadt Paris an seine Seite: Die Wohnung wurde für unbewohnbar erklärt, im Streit mit dem Vermieter will man dem Kellner zivilrechtlich beistehen.

    Denn auch in Paris sind solche kleinen Wohnungen nicht erlaubt. Es ist vorgeschrieben, dass eine Wohnung aus einem Hauptraum mit mindestens neun Quadratmetern Oberfläche und mindestens 2,20 Meter Deckenhöhe bestehen muss. Alternativ muss das Volumen der Wohnung bei 20 Kubikmetern liegen. Hier habe Massis Vermieterin geschummelt und 24 Kubikmeter angegeben, obwohl seine Wohnung nur etwa die Hälfte umfasst. Mit Massi bewarben sich 2018 sechs andere Menschen um die Wohnung. Er zahlte 300 Euro an eine Immobilienagentur. Ein Verantwortlicher der Pariser Wohnbehörde erklärte angesichts des Falls, dass es in Paris 58.000 frühere Dienstbotenzimmer gebe, die kleiner als acht Quadratmeter sind und vermietet werden.

    In München ist die Wohnungsnot groß

    Nun ist Paris weit weg, aber in Deutschland gibt es ähnliche Regeln, wie mehrere Fälle auf dem Wohnungsmarkt zeigen. So wurde einer vierköpfigen Familie ihr Ein-Zimmer-Apartment in München gekündigt. Der Vater hatte die Wohnung 2011 alleine bezogen. Sie misst etwa 26 Quadratmeter, der Wohnraum selbst nur 16. Später kam die Frau des Mieters hinzu, 2010 und 2013 wurden ihre Kinder geboren. Laut Mietvertrag war verboten, dass dort so viele Menschen leben – wegen der geringen Größe der Wohnung. Es kam zur Kündigung und Räumungsklage. Das Amtsgericht München hat den Vermietern 2016 recht gegeben. Es entschied, dass jedem Familienmitglied mindestens zehn Quadratmeter Platz zustehen müssen.

    Winzige Wohnungen: Positiv oder negativ?

    Auf dem Gelände der TU München stehen schon seit 2005 mehrere sehr kleine Häuser. Die kleinen Würfel sind nur sieben Quadratmeter groß und bieten Wohnraum für Studierende. Das sogenannte m-ch-Projekt wurde zunächst an der Hochschule gestartet, die kleinen Behausungen können aber frei bestellt und wie ein Tiny House genutzt werden. Die Würfel würden sich an Menschen richten, die selbstbestimmt leben und sich etwas beschränken möchten, erklärt John Höpfner vom Architekturbüro "Haack + Höpfner", das als Bauherr die Häuser errichtet hat. Sich beim Wohnen auf das zu beschränken, was man wirklich brauche, sei eine Haltung, die Respekt erfordere. Wer sich eines ihrer kleinen Häuser kaufe, entscheide zudem selbst, worauf es ihm oder ihr ankommt. Mit diesen "kleinsten Tiny Houses" am Markt könne jemand mit wenig Geld selbst ein Haus und ein Grundstück besitzen, am sinnvollsten natürlich in Gemeinschaft mit anderen Häuschen.

    Beim Bau der Häuser sei wichtig zu wissen, welche Funktionen es brauche, theoretisch kann alles eingebaut werden, was eine normal große Wohnung auch hat. Vier Personen können sich darin aufhalten und es gibt auch ein Gästebett. Viele Funktionen seien durch Verschieben und Verändern miteinander vereint, sagt Höpfner.

    So groß sollte eine Wohnung sein

    Wenn man sich nach den Grundsätzen für Arbeitslosengeld-II-Empfangende richtet, liegt angemessener Wohnraum für einen Single-Haushalt vor, wenn die Wohnung nicht größer als 45 bis 50 Quadratmeter ist. Zwei Personen könnten auf 60 Quadratmetern wohnen, heißt es vom bayerischen Landesverband des Deutschen Mieterbunds. "Für jede weitere Person sind 15 Quadratmeter zusätzlich einzurechnen. Allerdings sind das nur grobe Richtwerte."

    Gerichte hätten in der Vergangenheit entschieden, dass pro Person in etwa acht bis zehn Quadratmeter vorhanden sein sollten. Die Bundesländer hätten aber eigene Wohnungsaufsichtsgesetze. Sie konkretisierten diesen Grundsatz, weisen teilweise aber Unterschiede auf, teilt der Verein weiter mit. Bayern hat das Wohnungsaufsichtsgesetz 2005 außer Kraft gesetzt. Man geht laut einer diesbezüglichen Bundesdrucksache davon aus, dass die Gemeinden mittels anderer Regelungen wie etwa dem Mietrecht genug Steuerungsmöglichkeiten haben. (mit dpa)

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