Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Wintersport: Skifahren im Allgäu trotz Klimawandel: Hat der Wintersport eine Zukunft?

Wintersport

Skifahren im Allgäu trotz Klimawandel: Hat der Wintersport eine Zukunft?

    • |
    Kein Naturschnee in niedrigen Lagen – das wird sich in den kommenden Jahrzehnten wohl häufen. Wintersportler bleiben dann mancherorts auf dem Matsch sitzen.
    Kein Naturschnee in niedrigen Lagen – das wird sich in den kommenden Jahrzehnten wohl häufen. Wintersportler bleiben dann mancherorts auf dem Matsch sitzen. Foto: Ralf Lienert (Archivbild)

    Die Sonne scheint, der Schnee knirscht unter den Schuhen, die Pisten sind frisch präpariert, alle Lifte sind in Betrieb. Die Temperaturen: angenehm bei um die Null Grad. Wind? Kaum zu spüren. Kein Tropfen Regen oder Schnee fällt vom Himmel. Was nach einem perfekten Wintersporttag klingt, ist auch wissenschaftlich genau das: ein sogenannter "Optimaler Skitag". Doch diese Tage, die vor allem wirtschaftlich für Skiliftbetreiber enorm wichtig sind, werden auch im Allgäu weniger. Grund dafür ist der Klimawandel, erklärt Dr. Maximilian Witting von der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Vertragen sich Wintersport und

    Mit dieser Frage beschäftigte sich der Geograf Witting unter anderem bei einer Veranstaltung des Bayerischen Zentrums für Tourismus. Zunächst gab er Entwarnung: „Zu sagen, der Wintertourismus hat keine Zukunft, ist Quatsch.“ Was laut dem Wissenschaftler aber nötig sei, ist, dass sich in vielen Teilen Bayerns die Liftbetreiber anpassen. Dass sie auf den schwindenden Schnee in wenigen Jahrzehnten reagieren und sich auf geänderte Ansprüche der Gäste einstellen, um langfristig zu überleben. Laut Modellen könnte in den Landkreisen Ober- und Ostallgäu der Anteil der wirtschaftlich so wichtigen „Optimalen Skitage“ bis zum Jahr 2050 um bis zu 50 Prozent, auf nur noch einzelne Tage sinken. Schneekanonen seien in gewissen Höhenlagen allerdings durchaus eine potenzielle Lösung, erklärt Witting.

    Ein Beispiel aus Eschach im Oberallgäu: Die Schwärzenlifte haben sich angepasst

    Rupert Schön hat sich bereits angepasst. Im Jahr 2016 investierte seine Familie in Beschneiungstechnik für ihre Liftanlage in Eschach im Oberallgäu. Hat es minus drei Grad und weniger, werden die Schöns auch heuer ab Mitte November die Schneekanonen anwerfen und ihre Pisten vorrangig für Familien und Anfänger beschneien. Schön sagt: „Ohne Schneekanonen funktioniert es kaum noch.“ Der Kunde wolle die Schneegarantie – und die soll er haben. Auch auf etwa 1075 Metern, der Höhe der Schwärzenlifte. Vor allem in den Weihnachtsferien ist der Andrang groß. „Da ist jeder Tag ein Sonntag für uns“, sagt Schön mit Blick auf den Umsatz.

    Die Weihnachtsferien werden in Zukunft zum Problem. Witting erklärt das so: Der Schnee wird Modellrechnungen zufolge über die Feiertage in Höhen unter 2000 Metern weniger werden oder ganz verschwinden. Optimale Skitage werden über Weihnachten also auch weniger – ein Problem für die Wirtschaftlichkeit der Lifte. Stattdessen verschiebt sich die Saison nach hinten, viel Naturschnee liegt dann eher in den Monaten März und April auf den Pisten. Witting betont allerdings, dass es sich um Modellrechnungen handelt – nicht um Prognosen.

    Wie kann man dem Klimawandel in Skigebieten begegnen?

    Skiliftbetreiber Schön ist das bekannt, natürlich denke auch er über den Klimawandel nach. Doch im März wollen deutlich weniger Menschen auf die Piste als an Weihnachten, die Saison neigt sich bereits dem Ende zu. Bislang konnte ihm die Technik über die Feiertage hinweg helfen, danach reiche der Naturschnee meist von selbst aus, sagt er. Die Schneekanonen hätten bei ihm 200 bis 300 Stunden Laufzeit pro Jahr. Das sei nicht sehr viel. Um das Areal auch im Sommer zu nutzen, habe die Gletscheralp ganzjährig geöffnet und es gebe es einen Bikepark. Außerdem haben die Schöns die Energiekosten im Blick: „Unser Ziel ist es, langfristig autark Strom zu produzieren.“ Photovoltaik-Anlagen seien schon jetzt im Einsatz.

    Die Wissenschaft geht davon aus, dass sich auch der Wintersportler an sich ändern wird. Es wird diejenigen geben, die den Ort oder die Aktivität wechseln. Vielleicht höher gelegene Skigebiete den Pisten im Allgäu vorziehen. Es gibt diejenigen, die ihr Verhalten nicht ändern und weiter machen wie bisher. Andere werden sich wiederum anpassen und den Winterurlaub auf einen anderen Zeitpunkt mit besseren Bedingungen verschieben. Und es wird die geben, die für den Wintersportmarkt ausscheiden, also keinen Wintersport mehr betreiben, erklärt Witting.

    Investitionen müssen also sorgsam und individuell abgewogen werden, sagt der Geograf. Neue Beschneiungsanlagen bedeuten meist auch, dass mehr Mitarbeiter notwendig sind und damit die Kosten steigen. Die Frage, die sich Betreiber stellen sollten, lautet: Wie sieht das eigene Potenzial aus, kann die Seilbahn auch im Sommer genutzt werden und ist eine Investition in Schneekanonen wirklich sinnvoll?

    Klimawandel und Wintersport: Oberstdorf arbeitet an einer Lösung

    In Oberstdorf wird bereits seit Längerem in Alternativen investiert, erklärt die stellvertretende Tourismusdirektorin Petra Genster. Man sei im engen Austausch mit Wintersportverbänden. Es werde viel diskutiert, auch im Zuge der nun steigenden Energiekosten.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden