Als Josef Wund in den Neunziger Jahren in Erding die größte Sauna der Welt bauen wollte, waren einige skeptisch. „Kein Bayer zieht sich aus, die Sauna könnt ihr euch sparen“, hieß es damals. So erzählte es Sohn Jörg Wund vor zwei Monaten zum 25. Geburtstag der Therme. Die Zweifler sollten sich irren: Heute ist das Großbad im Nordosten von München das größte der Welt – wenige Wochen nach dem Jubiläum allerdings nicht mehr im Besitz der Familie Wund.
Bereits am Montag bestätigte Jörg Wund gegenüber unserer Redaktion die Meldung, dass er die Therme Erding verkauft hat. Am Dienstag folgte die offizielle Verkündung. Demnach ist die Therme Erding nun Teil des internationalen Großkonzerns Therme Group, der weltweit Bäder plant, baut und betreibt. Was ändert sich durch den Eigentümerwechsel? Und wie wurde die Therme Erding überhaupt zur weltweit größten ihrer Art?
1,9 Millionen Besucher strömten 2023 in die Therme Erding
Zunächst ein paar Zahlen. Im Jahr 2023 vermeldete die Therme 1,9 Millionen Besucher – ein Rekord, der in diesem Jahr wohl noch übertroffen wird. Das Großbad lockt auf über 185.000 Quadratmetern, einer Fläche von fast 26 Fußballfeldern, mit 35 Saunen und Dampfbädern, 40 Pools, über 20 Wasserrutschen und mehr als 600 Palmen. Günstig ist das alles nicht. Als Erwachsener zahlt man für einen Tag 60 Euro, am Wochenende und in den Ferien gibt es einen Zuschlag, Sauna kostet extra – und da sind Essen und Trinken noch nicht dabei. Viele Besucherinnen und Besucher scheinen die Preise nicht abzuhalten. An Spitzentagen kommen bis zu 12.000 Gäste.
Die steile Entwicklung des Großbads war im Februar 1983 noch nicht abzusehen. Damals bohrte das Erdölunternehmen Texaco auf einem Acker im Erdinger Stadtteil Itzling nach Erdöl – und fand in über 2300 Meter Tiefe stattdessen 65 Grad heißes Wasser. Der Architekt und Unternehmer Josef Wund hörte davon und beschloss, das Thermalwasser für ein Spaß- und Wellnessbad zu nutzen. Seine Idee: ein Südsee-Urlaub, für den die Menschen nicht wegfliegen müssen. Banken wollten ihm für sein Vorhaben kein Geld leihen, also steckte er sein eigenes in das Projekt.
Oberbürgermeister Gotz deutet große Investitionen an
Zusammen mit seinem Sohn Jörg baute er die weltweit größte Therme auf – bis er im Dezember 2017 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Seitdem führt sein Sohn das Unternehmen. Zwar gab es zuletzt immer wieder Spekulationen über einen Verkauf, abgezeichnet hatte er sich allerdings nicht. Noch beim Jubiläum im Oktober dieses Jahres verlor Wund kein Wort über einen möglichen Verkauf. Sollte es gelingen, angrenzende Grundstücke zu kaufen, sei er bereit, 60 bis 100 Millionen Euro in einen Ausbau der Therme zu investieren, sagte er damals.
Das wird an seiner Stelle nun womöglich der neue Eigentümer tun – zumindest deutete das Erdings Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) an. Die Stadt sei in die Verhandlungen „sehr wesentlich“ eingebunden gewesen, sagte er der Süddeutschen Zeitung (SZ). Ihm sei wichtig gewesen, „dass jemand zum Zug kommt, der auch kräftig investieren will“. Nach Angaben der SZ zahlte die Therme Group über 320 Millionen Euro. Mit der Therme in Bukarest, die jährlich 1,6 Millionen Gäste begrüßt, gehört dem Großkonzern bereits die zweitgrößte Europas. Was Wund zum Verkauf bewogen hat, wollte dieser auf Anfrage unserer Redaktion nicht verraten.
Für die Therme in Bad Wörishofen ändert sich nichts
Für die insgesamt rund 1000 Mitarbeitenden wird der Eigentümerwechsel dem Vernehmen nach keine Auswirkungen haben. Einzige Änderung: Die bisherigen Geschäftsleiter Marcus Maier und Bernhard Margraf übernehmen die Geschäftsführung. Besucherinnen und Besucher werden im Becken, in der Sauna oder auf der Rutsche von dem Wechsel wohl nichts mitbekommen. Auch auf die Therme in Bad Wörishofen, die Jörg Wund gehört, hat der Verkauf des Erdinger Pendants keine Auswirkungen.
Die Therme in Bad Wörishofen eröffnete fünf Jahre nach der in Erding. Auch hier gab es zunächst viele Zweifler. „Wir hatten das Gefühl, dass in Bad Wörishofen niemand ein Thermalbad will“, erzählte Wund zuletzt. Sein Vater hatte mit dem großen Erfolg nicht gerechnet. Er war bei der Planung von 500.000 Besuchern im Jahr ausgegangen – stattdessen waren es bald 700.000.
Zu schaffen machte beiden Thermen die Corona-Pandemie. 60 Millionen Euro Umsatz gingen der Therme in Erding in den Jahren 2020 und 2021 verloren. Hinzu kam zuletzt die Energiekrise. Beidem hatte Wund mit seinem Unternehmen getrotzt. „Die Zukunft ist spannender denn je“, sagte er noch vor zwei Jahren. Die der Therme in Erding findet ohne ihn statt.
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