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Weiler-Simmerberg: Aktion Laienreanimation im Westallgäu: Gemeinsam gegen den plötzlichen Herztod

Weiler-Simmerberg

Aktion Laienreanimation im Westallgäu: Gemeinsam gegen den plötzlichen Herztod

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    Das Gerät kann Leben retten: Roman Gaißer (links) und Bernd Ferber mit einem Defibrillator.
    Das Gerät kann Leben retten: Roman Gaißer (links) und Bernd Ferber mit einem Defibrillator. Foto: Matthias Becker

    Die Defibrillatoren hängen neben Rathaustüren, in Banken, am Eisplatz oder im Fußballstadion. Im Westallgäu wissen viele Menschen auch, was sie bei einem Herzstillstand tun müssen. Das ist vor allem ein Verdienst des Mediziners Bernd Ferber, 73, und von Roman Gaißer, 48. Die beiden haben 2006 die Aktion Laienreanimation gegründet. „Früher hat im Ernstfall fast nie jemand etwas getan. Heute kommt es kaum noch vor, dass keiner etwas tut“, sagt Gaißer über den Erfolg. Für ihren ehrenamtlichen Einsatz erhalten sie die Silberdistel unserer Zeitung.

    Bernd Ferber und Roman Gaisser sind dem plötzlichen Herztod oft beruflich begegnet. Ferber war Oberarzt und Kardiologe in der Rotkreuzklinik in Lindenberg, Gaißer fuhr im Rettungsdienst des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK). Allerdings kam die professionelle Hilfe bei einem Herzstillstand oft zu spät. „Wenn die Patienten überlebten, hatten sie hinterher oft schwere zerebrale Schäden“, sagt Ferber. Denn nach fünf Minuten sei das Hirn bei einem Herzstillstand „irreversibel geschädigt“.

    Reanimation nach Herzstillstand: Alles begann 2006 mit ehrenamtlichen Kursen

    Der Schluss der beiden: Die Hilfe muss viel schneller an den Patienten. Am besten von Menschen, die direkt daneben stehen. Die Idee der Aktion Laienreanimation war geboren. Ferber und Gaißer begannen 2006, ehrenamtlich Kurse in Sachen Wiederbelebung anzubieten. Die Idee fiel auf fruchtbaren Boden. Schon in den ersten Monaten besuchten 2000 Bürgerinnen und Bürger die Kurse – bei einer Bevölkerung von 32.000 Menschen im Westallgäu.

    „Notlage erkennen, Rettungsdienst alarmieren, drücken und dann schocken“, nennt Ferber den Ablauf bei einer Reanimation. Diese vier Punkte haben er und Gaißer an unzähligen Abenden Laien vermittelt. Parallel zu den Schulungen haben sich die beiden um Defibrillatoren gekümmert. Die ersten zehn haben Banken im Westallgäu finanziert, dann kamen Privatleute, Firmen, Vereine und Gemeinden dazu.

    Lindenberg, Weiler und Co.: Flächendeckend Defibrillatoren im Westallgäu

    Mittlerweile hängen die Geräte, die das Herz mit kleinen Stromstößen wieder in Takt bringen, im Westallgäu flächendeckend an öffentlich zugänglichen Orten. Allein in Weiler, dem Heimatort der beiden, sind es sechs. „Die Versorgung ist sicher überdurchschnittlich gut“, sagt Gaißer, der mittlerweile Geschäftsführer des BRK-Kreisverbandes Lindau ist, aber immer noch regelmäßig ehrenamtlich Rettungsdienst fährt.

    Die Kurse haben vor allem zwei Dinge bewirkt. „Sie nehmen den Menschen die Furcht, etwas falsch machen zu können und die Hemmung vor einer Beatmung eines fremden Menschen“, sagt Gaißer. Die ist laut Ferber in den ersten Minuten ohnehin zweitrangig. „Da geht es ums Drücken“, also die Herz-Kreislauf-Massage. Nicht bewahrheitet haben sich Befürchtungen, Menschen könnten bei der Reanimation durch Laien größere Schäden erleiden als ohne. „Das Gegenteil ist passiert“, sagt Ferber.

    Herzstillstand auf dem Eisplatz in Lindenberg: Der Defibrillator rettet Leben

    Wie es laufen kann, zeigt ein Beispiel aus Lindenberg. Dort brach ein 56-jähriger Mann beim Sommertraining der Alten Herren auf dem Eisplatz zusammen, seine Freunde erkannten den Ernst der Lage. Zwei begannen mit der Herzdruckmassage, ein dritter raste auf Inline-Skates zum nächsten Defibrillator, brachte das Gerät und schockte den Patienten. Der 56-Jährige überlebte ohne Schäden. Für Ferber ein „Musterbeispiel“ einer gelungenen Reanimation durch Laien.

    Wie viele Menschen ihre Gesundheit oder das Leben Laien zu verdanken haben, können die beiden nicht sagen. Von einem aber ist Gaißer überzeugt: „Wenn heute im Westallgäu jemand zusammenbricht und nicht mehr atmet, dann hat er eine gute Chance, dass ein kompetenter Laienhelfer in der Nähe ist“.

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