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Walchensee: Beliebte Alm müsste künstlichem See weichen

Walchensee

Beliebte Alm müsste künstlichem See weichen

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    Am Jochberg oberhalb des Walchensees soll ein Pumpspeicherkraftwerk entstehen.
    Am Jochberg oberhalb des Walchensees soll ein Pumpspeicherkraftwerk entstehen. Foto: Andreas Gebert, dpa

    Nach seinem triumphalen Wahlerfolg in Bayern hat Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) mehrfach erklärt, dass er „eine Koalition mit den Bürgern“ eingehen will. Nun lieferte er ein Beispiel dafür, wie er sich dieses Bündnis vorstellt: „Das machen wir nicht über die Köpfe der Menschen hinweg“, antwortete Seehofer nach der jüngsten Walchensee. Das 600-Millionen-Projekt mit einem über 20 Hektar großen Speichersee am Jochberg wird von Umweltschützern abgelehnt und stößt auch bei der Bevölkerung in der Region auf erheblichen Widerstand.

    Aus für das Wasserkraftwerk schon verkündet

    Schon verkünden die Gegner das Aus für das Wasserkraftwerk. „Wir freuen uns, dass der Ministerpräsident auf fachliche Einwände von uns reagiert“, sagt Richard Mergner vom Bund Naturschutz in Bayern (BN). Der Landesbeauftragte verweist auf die Position seines Verbandes, wonach das Pumpspeicherkraftwerk energiepolitisch nicht notwendig ist. „Die mit dem Projekt verbundene massive Landschaftszerstörung können wir uns daher sparen“, meint Mergner. Ähnlich äußert sich der Deutsche Alpenverein. Immerhin müsste für den Bau des Speichersees die bei Bergwanderern beliebte Jocheralm weichen.

    Die Landtags-Grünen sehen zwar grundsätzlich einen Bedarf für Pumpspeicherkraftwerke in Bayern. „Die CSU ist uns allerdings noch die Antwort auf die zentrale Frage schuldig, welche Standorte am besten geeignet und generell verfügbar wären“, schränkt Fraktionschef Ludwig Hartmann ein. „Seit mehr als drei Jahren fordern wir Grünen ein Pumpspeicherkataster für Bayern als dringend notwendige Planungsgrundlage. Diese Studie muss endlich auf den Tisch, damit Investoren und Bevölkerung verlässlich wissen, was auf sie zukommt.“ Die Staatsregierung verschleppe diese Untersuchung, „wie sie fast alles bei der Energiewende verschleppt“, so Hartmann.

    Auf diese Studie wartet auch die Energieallianz Bayern (EAB). Das Bündnis von 33 kommunalen Energieversorgern hatte vor Wochen seine Pläne für das Wasserkraftwerk auf Eis gelegt. Erst müsse die Staatsregierung Position beziehen, bevor die beteiligten Städte und der Unternehmer Max Aicher weiteres Geld in die Hand nehmen, so die Begründung. Die EAB hält die Eingriffe in die Natur am Jochberg nach wie vor für vertretbar.

    Die Worte Seehofers von der Bürgerkoalition sind nach Auffassung von EAB-Geschäftsführer Joachim Martini „nicht das, was wir jetzt brauchen. Die politische Führung muss vielmehr Verantwortung übernehmen“, sagt der Manager. Er verlangt, dass die Staatsregierung ihr im Mai 2011 beschlossenes Energiekonzept endlich umsetzt. Darin seien auch Aussagen zu Pumpspeicherkraftwerken enthalten.

    Opposition: CSU-Chef torpediert Energiewende

    CSU-Sprecher Jürgen Fischer wertet die Aussage Seehofers als Teil seiner Gesamtbetrachtung zur Energiewende. Der Parteivorsitzende sei der Meinung, dass alle Projekte nur mit den Bürgern und nicht gegen deren Willen zu schaffen seien. Als weiteres Beispiel dafür dient die Initiative Seehofers, hohe Windräder mit Rücksicht auf Bewohner nur noch mindestens zwei Kilometer von der nächsten Bebauung entfernt zuzulassen. Die Opposition warf dem CSU-Chef erst vergangenen Donnerstag wieder vor, mit dem Vorstoß die Energiewende zu torpedieren. Tatsächlich hat es Seehofer bei den erneuerbaren Energien nicht leicht. Er zieht mit der Botschaft der Bürgerbeteiligung bei Energieprojekten durchs Land und muss sich dafür von Grünen und Naturschützern vorwerfen lassen, den Ausstieg aus der Kernenergie nicht konsequent umzusetzen.

    Seehofers jüngster Hinweis zu dem Wasserkraftwerk wird auch als Signal an die neue Energieministerin Ilse Aigner (CSU) interpretiert, die Widerstände der Bevölkerung ernst zu nehmen. Sie hatte nach ihrem Amtsantritt Sympathien für das Projekt geäußert. In einem Sachstandsbericht ihres Ministeriums heißt es: „Naturschutzrelevante Ko-Kriterien bestehen nach den vorliegenden Informationen nicht.“

    Noch heuer will sich Aigner am Jochberg ein Bild von den Plänen machen. Es könnte gut sein, dass sie sich Fragen zu einer Aussage in dem Interview gefallen lassen muss, wonach ein nicht betonierter See, in dem man baden kann, eigentlich nichts Schlechtes sei. Was Aigner nicht wusste: Der Speichersee soll sehr wohl betoniert und kein Badeteich werden. (dpa)

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