Der Bundesgerichtshof (BGH) muss entscheiden, ob die Leugnung des Holocausts auch in einem Dokument an eine Behörde als Volksverhetzung zu bestrafen ist. Das Landgericht München II hatte dies beim Schreiben einer einschlägig vorbestraften Frau an ein Finanzamt verneint.
Da sich dort nur wenige Menschen mit den Ausführungen befassten und diese der Verschwiegenheitspflicht unterliegen, sah die 4. Strafkammer kein Verbreiten im Sinne des Straftatbestandes. Sie sprach die Angeklagte frei. Der BGH in Karlsruhe prüft heute dieses Urteil (9.30 Uhr). Wann er ein Urteil spricht, ist offen.
Konkret geht es um Sylvia Stolz aus dem oberbayerischen Ebersberg, die schon zwei Gerichte wegen Volksverhetzung zu Haftstrafen verurteilt haben. 2021 schickte sie laut dem Münchner Urteil ein 339 Seiten langes Schreiben an das Finanzamt München, in dem sie passagenweise den Holocaust leugnet.
Im Grunde nur auf der ersten Seite geht es den Angaben nach um eine Steuerangelegenheit. Auf den Seiten 36 bis 89 stelle die Angeklagte mehrmals «den geschichtlich anerkannten Holocaust» - also den Massenmord an europäischen Juden durch die Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg - in Abrede.
Steuergeheimnis und Verschwiegenheitspflicht
Wegen «Reichsbürger»-Verdachts schaltete die Finanzbehörde die Polizei ein - so landete der Fall vor Gericht. Dies entschied, das Dokument sei als Einspruch zu einem Steuervorgang gemeint und behandelt worden. So habe sich auch die Angeklagte in ihrem letzten Wort geäußert und gesagt, dass daher das Steuergeheimnis und die Verschwiegenheitspflicht gelten. Auf eine Anfrage vor dem BGH-Prozess reagierte Stolz' Anwalt nicht.
Die Kammer kam zu dem Schluss, dass die Verfasserin es weder darauf abgesehen noch es billigend in Kauf genommen habe, dass ihr Schreiben an einen größeren Personenkreis weitergegeben wird. Ferner habe man bei dem Urteil unter anderem die «hohe Datensensibilität der Finanzbehörden und die Verschwiegenheitspflicht» berücksichtigt.
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