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Virtuelle Realität: Projekt "Holodeck": Das bayerische LKA geht virtuell auf Verbrecherjagd

Virtuelle Realität

Projekt "Holodeck": Das bayerische LKA geht virtuell auf Verbrecherjagd

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    Ralf Breker, Leiter der forensischen Medientechnik beim LKA, demonstriert während einer Pressekonferenz die Funktionsweise des neuen "Holodecks".
    Ralf Breker, Leiter der forensischen Medientechnik beim LKA, demonstriert während einer Pressekonferenz die Funktionsweise des neuen "Holodecks". Foto: Sven Hoppe, dpa

    Ein Anruf von den Kolleginnen und Kollegen der Spurensicherung, und schon sind Ralf Breker und sein Team unterwegs. Breker ist der Leiter des Sachgebiets "Forensische Medientechnik" beim Landeskriminalamt (LKA) Bayern, er und seine Kollegen sind mit Laserscannern und Spiegelreflexkameras an Tatorten in ganz Bayern im Einsatz. Ihr Ziel: Einen millimetergenauen, digitalen Zwilling des Verbrechensschauplatzes zu erzeugen – den man mithilfe von Virtuelle-Realitäts(VR)-Brillen auch danach noch begehen kann.

    In der Zentrale des LKA in München wurde zu diesem Zwecke ein Raum eingerichtet, dessen Name nach Zukunft und Science-Fiction klingt: das "Holodeck", benannt nach dem gleichnamigen Raum aus der populären SciFi-Serie "Star Trek", in dem die Besatzung mit Hologrammen interagieren kann. Auch das Münchner Holodeck funktioniert ähnlich: Ortsunabhängig können sich bis zu 100 Anwenderinnen und Anwender an einem virtuellen Tatort versammeln, Tathergänge besprechen oder Zeugenaussagen auf ihre Glaubwürdigkeit überprüfen. Im Holodeck funktioniert das mit VR-Brillen und einem Kamerasystem, das die Bewegung der Anwender im Raum erfasst und auf deren digitale Versionen im Tatort überträgt; die Schauplätze können aber auch ganz einfach am Handy oder am Computerbildschirm begangen werden.

    70 Kameras scannen Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach (CSU) ein und erzeugen eine virtuelle Kopie der Politikerin. Mit diesem Avatar kann sie digitalisierte Tatorte begehen.
    70 Kameras scannen Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach (CSU) ein und erzeugen eine virtuelle Kopie der Politikerin. Mit diesem Avatar kann sie digitalisierte Tatorte begehen. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Fotorealistische 3D-Modelle: "Holodeck" wird unter anderem bei Morden eingesetzt

    Vorrangig eingesetzt werde das Holodeck und die zugrunde liegende Technik etwa bei Zugunglücken oder Mord, sagt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bei der Präsentation des VR-Raumes. Die digitale Verewigung eines Tatortes dauert laut Ralf Breker bis zu acht Stunden: Mithilfe der Laserscanner wird zunächst der Tatort dreidimensional erfasst, rund 30 Millionen Messpunkte sorgen für die notwendige Raumtiefe, für die Textur des Modells sorgen zwei- bis dreitausend Spiegelreflexbilder: "Das Ergebnis sind fotorealistische 3D-Modelle."

    Das Holodeck fand bereits nach der Messerstecherei am Würzburger Barbarossaplatz 2021 Verwendung, bei der drei Menschen starben. "In diesem Fall konnte der Staatsanwaltschaft der genaue Tatablauf gezeigt und Messungen durchgeführt werden", sagt Breker. Die Technik wurde ebenso vergangenes Jahr beim Zugunglück bei Garmisch-Partenkirchen eingesetzt: Laut Ralf Breker ein Paradebeispiel, denn Ziel sei es auch, dass Behörden nicht allein auf die dokumentierte Spurenlage, Fotografien und Zeugenaussagen angewiesen sind, "es ist eine Ergänzung". Darüber hinaus kann Brekers Abteilung auch längst vergangene Taten wie das Oktoberfest-Attentat 1980 anhand von Bildern, Videos und Berichten rekonstruieren und im Holodeck zugänglich machen.

    670.000 Euro kostete das Projekt "Holodeck" das bayerische Innenministerium

    In die digitale Szenerie können auch Fotos, Videos oder Befunde eingearbeitet und somit den Anwendern Hilfestellungen gegeben werden. "Mit Hightech auf Verbrecherjagd", fasst es Digitalministerin Judith Gerlach (CSU) auf dem Pressetermin zusammen. Sie sagt: "Bayern geht nun auch völlig neue Wege in der Ermittlung von Straftaten und stärkt mithilfe der Digitalisierung die Arbeit bei der Verbrechensbekämpfung."

    Seit 2009 setzt das LKA bereits Laserscanner an Tatorten ein, um diese zu vermessen. Momentan befinden sich zwei solcher Scanner im Besitz der Behörde. Auf VR wird seit 2013 zurückgegriffen, die Entwicklung des "Holodecks" wurde schließlich 2019 eingeleitet. Insgesamt kostete das Projekt rund 670.000 Euro, viel Geld, was auch Innenminister Herrmann unserer Redaktion sagt: "Aber es geht um schwere Delikte, die aufgeklärt werden müssen. Da gilt es, sich aller möglichen Mittel zu bedienen, und da den entsprechenden, auch finanziellen Aufwand einzugehen." Nun soll das laut Herrmann in dieser Form deutschlandweit einzigartige Programm in ganz Bayern ausgerollt werden.

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