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Verbrechen: Sind wieder Kinder Täter? Tod einer Zehnjährigen löst Debatte aus

Verbrechen

Sind wieder Kinder Täter? Tod einer Zehnjährigen löst Debatte aus

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    In einem Kinder- und Jugendhilfezentrums wurde eine Zehnjährige tot aufgefunden.
    In einem Kinder- und Jugendhilfezentrums wurde eine Zehnjährige tot aufgefunden. Foto: Daniel Vogl, dpa

    Eine Zehnjährige wird tot in einer Kinder- und Jugendhilfe-Einrichtung in Oberfranken gefunden. Der Fall schockiert, auch weil erneut ein fast Gleichaltriger im Fokus der Ermittler steht. Die Polizei geht aufgrund der Spurenlage davon aus, dass ein elf Jahre alter Junge tatbeteiligt ist - auch er wohnte in der Einrichtung. "Da der elfjährige Junge nicht strafmündig ist, wurde er in einer gesicherten Einrichtung präventiv untergebracht", heißt es in einer Mitteilung der Ermittlungsbehörden vom Karfreitag.

    Es ist nicht der erste Fall dieser Dimension in jüngster Vergangenheit, bei dem die Tatverdächtigen minderjährig sind. Bundesweit für Entsetzen hatte zuletzt der gewaltsame Tod der 12-jährigen Luise aus Freudenberg in Nordrhein-Westfalen gesorgt, die durch zahlreiche Messerstiche starb. Zwei Mädchen im Alter von 12 und 13 Jahren haben die Tat gestanden.

    Kriminalstatistik zeigt: Anstieg tatverdächtiger Kinder

    Aber häufen sich solche Fälle tatsächlich? Belastbare Zahlen zur Kriminalität von strafunmündigen Kindern gibt es in der vor kurzem vorgelegten Polizeilichen Kriminalstatistik für das vergangene Jahr 2022.

    Demnach stieg der Anteil von Kindern an der Zahl der Tatverdächtigen über alle Verbrechensbereiche hinweg. Zwar lebten 2022 - unter anderem wegen der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine - mehr Minderjährige im Deutschland als im Jahr zuvor. Doch das alleine erklärt den Trend nicht. Mit dem Anstieg um 35,5 Prozent auf 93 095 tatverdächtige Kinder (0 bis unter 14 Jahre) wurde das Niveau des noch stark von Corona geprägten Vorjahres deutlich überschritten. Die Zahl lag auch um fast 28 Prozent höher als im Jahr 2019 (72 890).

    Ursachen sind Geldknappheit und Stress durch die Pandemie

    BKA-Präsident Holger Münch wies bei der Vorstellung darauf hin, dass es sich bei den von Kindern verübten Taten ganz überwiegend um Ladendiebstahl, Sachbeschädigung, Beleidigung oder leichte Körperverletzung handelte. Münch sagte, hier könnten auch wirtschaftliche Aspekte wie Geldknappheit in den Familien als Folge der Inflation eine Rolle spielen. Auch lebten durch die Zuwanderung von Flüchtlingen aktuell viele Kinder und Jugendliche in Deutschland, die in jungen Jahren in Kriegsgebieten Gewalt erlebt hätten.

    Ein weiterer Faktor sei Stress, betonte Münch und erinnerte daran, dass Minderjährige während der Corona-Pandemie durch Schulschließungen besonders hart getroffen waren. Kinder müssten gewaltfrei und in einem Umfeld aufwachsen, "in dem sie sich auch entwickeln können und eine reelle Chance haben, in der Leistungsgesellschaft anzukommen".

    Politiker wollen Altersgrenze für Strafmündigkeit überprüfen lassen

    Mit dem aktuellen Fall aus Wunsiedel dürfte nun auch die Diskussion um die Strafmündigkeit von Minderjährigen wieder aufflammen. Kinder unter 14 Jahren sind grundsätzlich schuldunfähig - selbst bei einem so schlimmen Verbrechen wie Mord oder Totschlag. Denn es wird davon ausgegangen, dass sie die Folgen ihres Handelns noch nicht ausreichend überblicken.

    Zumindest aus Baden-Württemberg kamen bereits Rufe der Politik, das Strafrecht anzupassen. Landesinnenminister Thomas Strobl und Justizministerin Marion Gentges wollen die Altersgrenze für Minderjährige im Strafrecht überprüfen lassen. Die beiden CDU-Politiker schrieben einen entsprechenden Brief an ihre Amtskollegen in der Bundesregierung. In dem Schreiben fordern Strobl und Gentges die Regel, wonach Kinder erst ab 14 Jahren als strafmündig gelten, zu überprüfen. Strobl und Gentges verweisen in dem Brief auch auf den Fall aus Freudenberg.

    Bundesjustizminister mahnt, bei der Debatte einen kühlen Kopf zu bewahren

    Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte kürzlich in der "Bild am Sonntag" gemahnt: "Jede Debatte über Anpassungen im Strafrecht sollte man mit kühlem Kopf führen." Die deutsche Rechtsordnung halte jenseits des Strafrechts Mittel bereit, um auch auf schwere Gewalttaten von Kindern unter 14 Jahren zu reagieren. "Das reicht bis hin zu einer geschlossenen Heimunterbringung und auch einer Unterbringung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie", sagte Buschmann.

    Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Kinder- und Jugendkriminalität zeigten klar, dass in der Entwicklung befindliche Kinder eine andere Behandlung als Jugendliche oder Erwachsene bräuchten. Er betonte: "Strafunmündigkeit bedeutet aber eben nicht, dass derlei Taten für Kinder keine Folgen haben." Nach Auskunft einer Sprecherin seines Ministeriums hat sich an dieser Haltung Buschmanns auch durch die Ermittlungen zu dem Fall in Wunsiedel nichts geändert. (Christoph Zeiher, Anne-Béatrice Clasmann und Kathrin Zeilmann, dpa)

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