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Umstritten: Mehr Pflanzenschutz für Bodensee-Äpfel nötig

Allgäu

Pilzbefall auf Früchten: Mehr Pflanzenschutzmittel für Bodensee-Äpfel nötig

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    Die Bodensee-Region zählt zu den größten Apfelanbaugebieten in Deutschland.
    Die Bodensee-Region zählt zu den größten Apfelanbaugebieten in Deutschland. Foto: Patrick Seeger, dpa

    Die Apfel-Ernte am Bodensee steht kurz bevor, der Saison-Start Ende August ist bereits angekündigt. Williams-Birnen sind dagegen jetzt schon reif, sagt Obstbauer Andreas Willhalm aus Lindau. Knackfrisch liegen die Früchte vom Bodensee also bald wieder in den Märkten. Und das in gewohnt guter Qualität, sagt Willhalm. Doch kurzzeitig drohten schwarze Flecken den Bauern die Ernte zu zerstören. Damit das nicht passiert, dürfen sie in der Region nun ausnahmsweise höhere Dosen eines Pflanzenschutzmittels sprühen. Zum Ärger des Bundes Naturschutz.

    Bodensee Äpfel 2024: Die Ernte hat begonnen - Offizielle Saisoneröffnung Ende August

    Über die Äpfel vom Bodensee ist nun eine Diskussion entfacht. Genauer gesagt über das Pflanzenschutzmittel, mit dem sie behandelt werden dürfen. Es geht um das Mittel Folpan. Die „Bundesfachgruppe Obstbau“ hatte beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) eine sogenannte Notfallzulassung beantragt. Grund dafür war das nasse Wetter in der Bodenseeregion, dass „massive Schorfinfektion an Kernobst bediente“, teilt das BVL mit. Und diese Schorfinfektion verursacht schwarze Flecken auf Obst.

    Schorf ist eine Pilzkrankheit. Befällt sie Äpfel, könne das zu erheblichen Qualitäts- und Ernteeinbußen führen, heißt es beim BVL. Deshalb dürfen die Obstbauern in den Landkreisen Lindau, Ravensburg und Bodenseekreis also mehr des Mittels Folpet einsetzen. Seit Mitte Juli und noch bis zum 14. November. Für Willhalm eine „wichtige Geschichte“. Für den Bund Naturschutz „fahrlässig“.

    Grenzwert für Pflanzenschutzmittel für Kernobst nach oben verschoben

    Grund zur Diskussion gibt es nun jede Menge. Zum einen ist da der Grenzwert. Dessen Rückstände im Obst dürfen nun auf das 20-fache erhöht sein. Zu viel, kritisiert der Bund Naturschutz. „Das Fungizid Folpet ist akut toxisch. Es gilt als wahrscheinlich krebserregend und erbgutverändernd. Es gehört zur Stoffgruppe der Pestizide und wird eingesetzt, um pilzliche Schaderreger zu töten“, heißt es in einer Stellungnahme.

    Allein das Wort „Pestizide“ stört Obstbauer Willhalm. Es sei wahnsinnig negativ behaftet. Er bevorzuge „Pflanzenschutzmittel“, weil es ohne diese den Apfel, den Verbraucher sich im Supermarkt wünschen, gar nicht mehr gebe. „Der Verbraucher kauft nach Optik ein. Das ist so in den Köpfen drin.“ Und das bekomme man wohl auch nicht mehr raus. Dabei sei der Schorf an sich nicht gefährlich, betroffene Äpfel könne man bedenkenlos essen.

    Die Flecken seien lediglich ein „Schönheitsmakel“. Darin sind sich Obstbauern und Bund Naturschutz sogar einig. „Apfel-Schorf ist ein rein ästhetisches Problem“, sagen die Naturschützer. Ein viel größeres Problem sei es stattdessen, wenn Obst Rückstände von Pflanzenschutzmitteln - der Bund Naturschutz schreibt von Pestiziden - habe.

    Wird Tettnanger Hopfen von Pflanzenschutzmitteln betroffen sein?

    Ein weitere Haken ist: Werden an den Äpfeln nun höhere Rückstände von Folpet gemessen, können sie zwar innerhalb Deutschlands verkauft werden. Nicht aber im EU-Ausland. Denn dort gilt nicht der neue vorübergehende Grenzwert. Dennoch betont das BVL: Ein abweichender nationaler Wert könne nur festgelegt werden, wenn es keine Bedenken für die menschliche Gesundheit gebe.

    Deshalb habe die Behörde das Bundesinstitut für Risikobewertung damit beauftragt, die Werte zu prüfen. Dieses gab salopp gesagt sein „Go“. Ein gesundheitliches Risiko für Verbraucherinnen und Verbraucher sei „praktisch ausgeschlossen“.

    Obstbauer aus Lindau: Thema durch Medien hochgepusht

    Das sagt auch Obstbauer Willhalm. Das Thema sei durch einige überregionale Medien hochgepusht worden. Giftig sei daran nichts - er selbst esse zehn bis 15 Äpfel pro Tag während der Erntezeit. Die Bauern bringen das Pflanzenschutzmittel selbst auf die Felder und hätten keine Probleme. Viele seiner Kollegen würden vor dem Nichts stehen, könnten sie ihre Ernte jetzt nicht auf den Markt bringen.

    Würde es der Bodensee-Apfel nicht in das Obst-Regal schaffen, stünden auf den Etiketten unter „Herkunftsland“ eben Südafrika oder die Namen anderer weit entfernter Länder, moniert Willhalm.

    Alternative Pflanzenschutzmittel kommen derzeit nicht in Frage

    Laut BVL kommen alternative Pflanzenschutzmittel nicht in Frage. Eines der Mittel, sogenannte Captan-haltige Präparate, könnten in diesem Gebiet nicht eingesetzt werden, weil gleich nebenan der Hopfen angebaut wird. Etwa in Tettnang. Über die Luft könnte das Mittel auf dem Gewächs landen und darauf Rückstände hinterlassen. Doch in einige Ländern, in die der Hopfen exportiert wird, ist dieses Pflanzenschutzmittel verboten. Das sind etwa Japan und die USA.

    Viel Wirbel also um den Bodensee-Apfel. Wie ist nun die aktuelle Lage auf den Feldern? Momentan sei alles gut. Das Wetter der vergangenen Tage spielte den Obstbauern in die Karten, sagt Andreas Willhalm. Auch Wasser gebe es genügend. Einer guten Ernte stehen jetzt nichts mehr im Wege.

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    4 Kommentare
    Maria Reichenauer

    Wenn einem "ästhetischen Problem" bei Äpfeln ein Spritzmittel eingesetzt werden muss bzw. die angewendete Menge ordentlich erhöht werden darf, dann hat der Verbraucher nichts dazugelernt und vergiftet sich freiwillig selbst. Denn mit Folpet handelt man sich ganz schön was ein. Kann man auf Wikipedia nachlesen. Da vergeht einem der Appetit. https://www.bund.net/themen/aktuelles/detail-aktuelles/news/giftige-aepfel-bundesamt-will-grenzwert-fuer-gefaehrliches-pestizid-in-aepfel-und-birnen-um-das-20-fache-erhoehen/ Ich hoffe, dass dieses Zeug den Bioäpfeln erspart bleibt. Die Information zu Bioprodukten fehlt mir in dem Bericht.

    Renate Frey

    Der Verbraucher ist ja da nicht dran schuld. Mich stört es ernsthaft, wenn jetzt die 20-fache (!) Menge an Gift verwendet werden darf. Ich kaufe dieses Jahr bestimmt keine Bodensee-Äpfel. Es liegt doch an den Bauern, dass sie die Äpfel vermarkten und das klar kommunizieren, dass sie dieses Jahr eben optisch nicht so schön wären, aber dafür giftfrei.

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    Franz Xanter

    Genau vollkommen falsch! Nicht die Bauern sind die Verursacher, nein, die Verbraucher. Wie im Artikel erwähnt, der Verbraucher möchte bzw. kauft nur optisch 1a-Äpfel. Folglich würden ohne Schutzmaßnahmen die Bauern auf ihrem Obst sitzenbleiben! Leider, leider gibt es nur noch wenige bis sehr wenige naturbelassene Äpfel, mit all ihren angeblichen negativen Erscheinungen, welche aber in Geschmack weit über den gewünschten "künstlichen" Äpfeln liegen. Und auch noch für viele Allergiker geeignet sind; im Gegensatz zu den optisch 1a-Äpfeln! Also, nicht immer ist optische Schönheit auch Qualität!

    Klara Rasper

    Ich kaufe seit Jahrzehnten keine Aepfel aus Suedtirol und seit langem keine vom Bodensee. Meistens habe ich selber genug davon. Die sind dann optisch nicht so toll, aber voller Geschmack und garantiert giftfrei. Die Bauen koennten doch mal bei einem Teil ihrer Baeume auf das Spritzen verzichten und testen, wie sich die giftfreien Aepfel mit passender Werbung verkaufen.

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