Stürzt Hubert Aiwanger über die Flugblatt-Affäre? Nein, wenn es nach der Mehrheit der Deutschen geht. 53 Prozent halten die Rücktrittsforderungen aus Teilen der bayerischen Politik für falsch. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für unsere Redaktion. Die Umfrage zeigt, wie sehr das Thema polarisiert. Während knapp die Hälfte der Befragten die Rücktrittsforderungen sogar als "eindeutig falsch" erachtet, empfindet jede und jeder Dritte diese berechtigt. Der Rest ist unentschlossen. Noch eindeutiger fällt das Ergebnis in Bayern aus: 62 Prozent halten es für überzogen, dass Aiwanger nach dem Wirbel um ein antisemitisches Flugblatt zurücktreten solle. 30 Prozent sind anderer Meinung.
In der vergangenen Woche wurden Vorwürfe bekannt, dass Aiwanger als Schüler in den 1980er Jahren ein Pamphlet im NS-Jargon geschrieben haben oder zumindest in dessen Besitz gewesen sein soll. In der Folge bestellte Ministerpräsident Markus Söder seinen Stellvertreter zu einer Sondersitzung des Koalitionsausschusses ein. Die Stellungnahme Aiwangers hätte jedoch nicht ausgereicht, um den Sachverhalt auszuräumen, sagte Söder später auf einer Pressekonferenz. Deshalb solle Aiwanger nun "rasch" und "umfangreich" einen Katalog aus 25 offenen Fragen beantworten. Eine Entlassung des Freien-Wähler-Chefs zum jetzigen Zeitpunkt sei jedoch "ein Übermaß", sagte Söder.
Für den Erfolg und die Zukunft der Freien Wähler ist Aiwanger jedenfalls essenziell, glaubt eine deutliche Mehrheit der Deutschen. 58 Prozent geben in einer weiteren Umfrage an, dass der Erfolg der Partei eng mit der Person Hubert Aiwanger zusammenhängt. 19 Prozent sind anderer Meinung. Auch hier fällt das Ergebnis in Bayern deutlicher aus: 79 Prozent halten den Einfluss Aiwangers auf den Erfolg oder Misserfolg der Freien Wähler für wichtig, lediglich 13 Prozent sehen das nicht so.
Das Meinungsforschungsinstitut Civey zählt für seine repräsentativen Umfragen nur die Stimmen registrierter und verifizierter Internetnutzerinnen und -nutzer, die Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angegeben haben. Die Stimmen werden nach einem wissenschaftlichen Verfahren gemäß der Zusammensetzung von Deutschlands Bevölkerung gewichtet. Für die Frage "Wie bewerten Sie die Forderung von Teilen der bayerischen SPD, dass Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger aufgrund seines Zusammenhangs mit einem antisemitischen Flugblatt zurücktreten sollte?" wurden im Zeitraum vom 28.08. bis 29.08.2023 die Antworten von 5003 bevölkerungsrepräsentativ ausgewählten Bundesbürgerinnen und Bundesbürgern berücksichtigt. Für die Frage "Wie wichtig ist der Partei-Vorsitzende Hubert Aiwanger Ihrer Meinung nach für den Erfolg der Partei Freie Wähler?" wurden im Zeitraum vom 28.08. bis 29.08.2023 die Antworten von 5006 bevölkerungsrepräsentativ ausgewählten Bundesbürgerinnen und Bundesbürgern berücksichtigt. Der statistische Fehler liegt jeweils bei 2,5 Prozent.