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U-Ausschuss Stammstrecke: Landrat Reichhart zur Stammstrecke: „Zahlen waren immer im Kostenpuffer“

U-Ausschuss Stammstrecke

Landrat Reichhart zur Stammstrecke: „Zahlen waren immer im Kostenpuffer“

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    Der damalige Bauminister Hans Reichhart (Mitte) fuhr im Februar 2019 öffentlichkeitswirksam mit Markus Söder S-Bahn.
    Der damalige Bauminister Hans Reichhart (Mitte) fuhr im Februar 2019 öffentlichkeitswirksam mit Markus Söder S-Bahn. Foto: Peter Kneffel, dpa (Archivbild)

    Hans Reichhart scheint recht glücklich zu sein mit seinem Posten als Landrat im Kreis Günzburg. Und am Freitag ist er vielleicht sogar froh wie selten, dass seine Zeit als bayerischer Bauminister lediglich von November 2018 bis Februar 2020 währte. Das Ausmaß des Debakels um die 2. Münchner Stammstrecke war da noch nicht abzusehen – und so kann sich der CSU-Minister a. D. als Zeuge im Untersuchungsausschuss immer wieder auf den Satz beschränken, die Ereignisse seien vor oder nach seiner Zeit gewesen. Dennoch hat das Jahrhundertprojekt seine Amtszeit geprägt. 

    „Es verging kein Monat, in dem man nicht darüber diskutiert und gesprochen hätte“, sagt der 40-Jährige vor dem Ausschuss. Aber: „Die Zahlen, die jetzt im Raum stehen, waren von der Bahn so nicht kommuniziert.“ Nach heutigem Stand kostet die 2. Stammstrecke nach Planungsfehlern der Bahn und allerlei Unwägbarkeiten 8,5 statt 3,5 Milliarden Euro. Die Fertigstellung verzögert sich von 2028 um fast ein Jahrzehnt auf 2037. 

    Reichhart: Baukosten der Stammstrecke in München waren damals im Rahmen

    „In meiner Amtszeit hat die Bahn signalisiert, dass es länger dauern könnte“, räumt Reichhart ein. Die Finanzen aber seien „immer innerhalb des Kostenpuffers“ gewesen. Trotzdem scheint im Ministerium die Skepsis um sich gegriffen zu haben. Zu Reichharts Zeit nahm dort eine interne Baubegleitung die Arbeit auf – ein Novum. Ob er selbst die Idee hatte, wisse er nicht mehr. 2019 hatte die Bahn dem Ministerium ein ganzes Bündel an nötigen Umplanungen präsentiert. Unter anderem hatte sich das ursprüngliche Konzept der Bahn für den Münchner Ostbahnhof „wegen erheblicher Baurisiken“ als nicht realisierbar erwiesen. Dann kam ein notwendiger Rettungstunnel hinzu, der Abbruch und Neubau des Hauptbahnhofs mit einem zusätzlichen Verkehrsknoten für eine neue U-Bahn-Linie 9.

    Eine der vielen großen Fragen, die der U-Ausschuss zu klären hat: Wann wusste die Staatsregierung von den explodierenden Kosten und warum unternahm sie nichts? Aus Wahlkampfgründen, weil Markus Söder (CSU) damals die Kanzlerkandidatur anstrebte, wie manches interne Dokument in der Sache zumindest vermuten lässt? Auf die Frage, ob zu seiner Amtszeit die Staatskanzlei regelmäßig über die Stammstreckenplanung informiert worden sei, sagt Reichhart: „Das kann ich Ihnen nicht sagen, das war Arbeitsebene“ – heißt: Darum kümmerte sich nicht der Minister, sondern die zuständigen Fachreferate.

    Andreas Scheuer (CSU) vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags.
    Andreas Scheuer (CSU) vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Der Günzburger Landrat, der im Zeugenstand oft grübelnd den Kopf in die Hände legt und konzentriert die Augen zusammenkneift, muss grinsen, als die Rede auf den Ex-Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) kommt. Warum, bleibt sein Geheimnis. Scheuer saß vor ein paar Tagen selbst auf dem Zeugenstuhl im Landtag, machte eine Erinnerungslücke nach der anderen geltend und wies jede Verantwortung von sich, obwohl der Bund den Stammstreckenbau mit 60 Prozent der Kosten fördert. Reichhart ist bei der Aufklärung zur Rolle Scheuers nicht allzu hilfreich: Er wisse nicht, wie intensiv das Projekt im Bundesinnenministerium begleitet wurde.

    Vor ihm war Staatskanzleichef Florian Herrmann in den U-Ausschuss geladen. Er machte – wie schon viele Regierungsvertreter vor ihm – vor allem die Bahn für das aus dem Ruder laufende Megaprojekt und die mangelnde Kommunikation verantwortlich, die lange keinerlei verlässliche Zahlen zu den Kosten geliefert habe. Ihn nahm der Ausschuss mehr als zwei Stunden lang in die Zange – anders als den heutigen Kommunalpolitiker Reichhart, der nach einer Stunde entlassen ist: „Sie waren ja nur 14 Monate im Amt“, bemerkt der FDP-Mann Albert Duin fast fürsorglich. Fest steht: Dadurch blieb ihm eine Menge Ärger erspart.

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