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Tierschutzgesetz Entwurf spaltet: Bauern vs. Tierschützer

Tierschutz

Heftiger Streit um neues Tierschutzgesetz

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    Angebunden im Stall oder frei auf der Wiese? Der neue Gesetzesentwurf des Bundeslandwirtschaftsministers Cem Özdemir betrifft auch Bayerns Almwirtschaft.
    Angebunden im Stall oder frei auf der Wiese? Der neue Gesetzesentwurf des Bundeslandwirtschaftsministers Cem Özdemir betrifft auch Bayerns Almwirtschaft. Foto: Lino Mirgeler, dpa

    Der Tierschutz soll verbessert werden. Darin waren sich die Koalitionsparteien in Berlin einig. Doch nun liegt ein überarbeiteter Entwurf für ein neues Gesetz vor und der Streit ist groß. „Tierschutzgesetz: so nicht!“ hat der Bayerische Bauernverband auf seiner Homepage geschrieben. Beim Deutschen Tierschutzbund heißt es, der Entwurf enttäusche, Versprechen seien gebrochen worden.

    Tierschützer sehen vor allem die FDP als Blockierer

    Von den Vorhaben im Tierschutz, auf die sich die Ampel-Parteien im Koalitionsvertrag verpflichtet haben, findet sich im Entwurf „praktisch nichts wieder“, sagt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. „Dieses Tierschutzgesetz reicht uns nicht aus“, betont er im Gespräch mit unserer Redaktion und ergänzt: „Der Hauptschuldige ist Herr Özdemir, er ist eingeknickt.“ Der Bundeslandwirtschaftsminister von den Grünen habe „aus eigenen politischen Karrieregründen den Tierschutz geopfert, weil er sich mit den Bauern aus seiner Heimatregion in Süddeutschland nicht anlegen will“. Aber auch das Kabinett und der Kanzler haben für Schröder „versagt“: „Die FDP scheint komplett zu blockieren, für sie ist Tierschutz nie wichtig. Sie setzt ja immer auf Freiwilligkeit statt auf Ordnungsrecht. Die SPD ist bei dem Thema leider auch nicht kampfeslustig und die Grünen stehen verzweifelt daneben – das alles ist einfach enttäuschend.“

    Auch Peter Höffken vom Tierschutzverband PETA kritisiert das neue Tierschutzgesetz. Er wirft ebenfalls der FDP eine Blockade auf „breiter Front“ vor. Dennoch sagt er gegenüber unserer Redaktion: „Immerhin sind die 16 Jahre Stillstand durch CDU/CSU-Landwirtschaftsminister ein bisschen aufgebrochen.“

    Bayerns Bauernpräsident sieht die alpine Kulturlandschaft in Gefahr

    Enttäuscht von dem Gesetzentwurf sind auch die Bauern, ihnen geht das Ganze allerdings viel zu weit. „Die gesamte alpine Kulturlandschaft ist in Gefahr“, warnt Günther Felßner, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes, gegenüber unserer Redaktion. Denn künftig soll die sogenannte Kombihaltung, bei der Tiere im Stall angebunden sind und im Sommer auf der Alm stehen, nur noch unter Auflagen und nur für kleine Betriebe mit weniger als 50 Tieren erlaubt bleiben. „Da sind sie schnell drüber“, sagt Felßner. Außerdem sei die Kombihaltung schon jetzt tierfreundlich, auch die Lebensmittelindustrie habe diese Haltungsform akzeptiert. Bei den geplanten Betäubungen zum Amputieren von Schwänzen und Ausbrennen von Hörnern, kritisiert Felßner, es gäbe hierfür nicht genügend Tierärzte. Denn anders als die bisherigen Schmerzmittel dürften Bäuerinnen und Bauern Narkosemittel nicht selbstständig verabreichen. Man habe erwartet, dass im Vorfeld des Gesetzes mit den Betroffenen geredet würde. „Das ist aber nicht passiert“, sagt Felßner, der das Vorgehen mit dem Heizungsgesetz vergleicht, bei dem auch einfach aus Berlin abstrakt entschieden worden sei.

    Das Bundeslandwirtschaftsministerium spricht von einem ausgewogenem Kompromiss

    Das Bundeslandwirtschaftsministerium verteidigt dagegen den Gesetzentwurf. Man habe die Kriterien für die Kombihaltung weiterentwickelt und auch bei anderen Fragen einen ausgewogenen Kompromiss für alle Beteiligten gefunden, sagt ein Sprecher des Ministeriums. Genauer geht das Ministerium aber nicht auf die Kritik ein: Die Abgeordneten im Bundestag bearbeiteten das Gesetz nun. Dem wolle man nicht vorgreifen, heißt es.

    Die Tierschützer wiederum verweisen auch immer wieder auf den Wunsch in der Gesellschaft nach mehr Tierwohl: Erst Anfang diesen Jahres meldete die Verbraucherzentrale Bundesverband, dass eine repräsentative Umfrage ergeben habe, dass Verbraucherinnen und Verbrauchern in ganz Europa und damit auch in Deutschland Tierschutz wichtig ist. „Sie wollen wissen, unter welchen Bedingungen Nutztiere gehalten werden und sie sind bereit, mehr Geld für Lebensmittel auszugeben, wenn diese tiergerechter hergestellt worden sind.“

    Vize-Ministerpräsident Aiwanger warnt vor einem weiteren Höfesterben in Bayern

    Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), selbst Landwirt, sieht den Tierschutz dagegen bereits gewährleistet und warnt: „Ständige Gesetzesverschärfungen im Tierschutzbereich führen nur dazu, dass die heimische Produktion die Wettbewerbsfähigkeit verliert und dann im Ausland mit niedrigeren Standards produziert wird. Die deutschen Bauern arbeiten seit Jahren auf hohem Tierschutzniveau und müssen sich nicht ständig von Ideologen die Arbeit erschweren lassen.“ Vize-Ministerpräsident kritisiert, „dass die Landwirte immer stärker durch realitätsfremde Regeln und Verordnungen der Bundesregierung und der EU gegängelt werden und letztendlich gezwungen sind, ihre Höfe aufzugeben. Das Höfesterben in Bayern ist heute schon ein Problem“. Im Bereich der Viehhaltung hätten knapp 25 Prozent der Höfe in den letzten zehn Jahren aufgegeben. „Ideologiegeprägte neue Vorschriften gehören zu den Hauptursachen dafür.“ Anstatt die bayerischen Bauern „durch immer mehr absurde Tierschutzvorgaben wie in der Novelle des Tierschutzgesetzes zu gängeln, sollte man auf ihre Erfahrung vertrauen und dankbar sein, dass sie ihre Arbeit nach wie vor täglich machen – und damit natürlich auch die Bürger mit frischen, regionalen Nahrungsmitteln versorgen.“ Bayern habe im Juli daher zwei Anträge im Bundesrat gestellt, „um die Bundesregierung auf ihre Fehlsteuerung in Sachen Tierschutzgesetz hinzuweisen. Wenn wir jetzt nicht handeln, werden zahlreiche weitere Betriebe schließen“. Damit sei weder der deutschen Wirtschaft noch dem Tierwohl geholfen.

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