Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Terrorverdacht in Augsburg: Was über den IS-Sympathisanten bekannt ist

Weihnachtsmarkt Augsburg

Was wir über den Terrorverdächtigen wissen – und was nicht

    • |
    • |
    Die Polizei hat einen 37 Jahre alten mutmaßlichen Anhänger der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in Abschiebehaft genommen. Er lebte zuletzt in einer Flüchtlingsunterkunft in Augsburg.
    Die Polizei hat einen 37 Jahre alten mutmaßlichen Anhänger der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in Abschiebehaft genommen. Er lebte zuletzt in einer Flüchtlingsunterkunft in Augsburg. Foto: Marcus Merk

    Ein 37-jähriger Asylbewerber aus dem Irak ist am Mittwochabend in Augsburg festgenommen worden. Er sitzt in Eichstätt in Abschiebehaft. Zudem gibt es Hinweise, dass der Mann sich radikalisiert hatte und in Kontakt zur islamistischen Terrororganisation Islamischer Staat (IS) stand. Was ist aktuell über den Terrorverdächtigen bekannt? Was ist noch unklar? Eine Übersicht.

    Hat der Mann ein Attentat geplant?

    Die Welt hatte am Donnerstagabend zunächst berichtet, der Mann habe einen Anschlag auf den Augsburger Christkindlesmarkt geplant. Inzwischen ist klar: Konkrete Pläne für ein Attentat gab weder für Augsburg noch für andere Weihnachtsmärkte. 

    Der 37-Jährige hat Fotos vom Augsburger Christkindlesmarkt gemacht - die Welt hatte in dem Zusammenhang von einer mutmaßlichen Ausspähaktion geschrieben. Die Sicherheitsbehörden hatten den Iraker laut Innenminister Joachim Herrmann (CSU) seit Oktober dieses Jahres „auf dem Schirm“. Ausschlaggebend seien unter anderem „Hinweise über Beiträge auf Social Media“ gewesen.  Nach Recherchen unserer Redaktion soll er unter anderem Videos von Hinrichtungen und Selbstmordanschlägen in sozialen Medien gepostet haben, bei denen mit Sprengstoff beladene Fahrzeuge eingesetzt wurden.

    Am Freitagmittag wurde bekannt, dass gegen den IS-Sympathisanten wegen des Verdachts der Terrorismusfinanzierung ermittelt wird. Die Ermittlungen führt die Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) bei der Generalstaatsanwaltschaft München

    Bei der Eröffnung des Christkindlesmarkt in Augsburg 2024.
    Bei der Eröffnung des Christkindlesmarkt in Augsburg 2024. Foto: Marcus Merk

    Was ist derzeit über den 37-jährigen Mann bekannt?

    Das Polizeipräsidium Schwaben Nord bestätigte am Freitagmorgen, dass gegen den 37-Jährigen ein Haftbefehl des Amtsgerichts Augsburg zur Sicherung der Abschiebung vorlag. Der Mann kam im März 2023 aus dem Irak nach Deutschland. Er lebte in einer Flüchtlingsunterkunft der Regierung von Schwaben in Augsburg, die Platz für bis zu 140 Menschen bietet. Seit Oktober 2024 hatten die Behörden den Iraker auf dem Schirm. Er wurde mit allen zur Verfügung stehenden und rechtlich möglichen Mitteln „durchleuchtet“.

    Zunächst sei nach Informationen unserer Redaktion diskutiert worden, den 37-Jährigen in Präventivhaft zu nehmen, allerdings habe es dafür nicht ausreichend strafrechtliche Gründe gegeben. Um die „Gefahr zu bannen“, die von dem Mann ausgegangen sei, habe das Bayerische Landesamt für Asyl und Rückführungen einen Haftbefehl beantragt, um ihn nach Paragraf 58a Aufenthaltsgesetz in Abschiebehaft nehmen zu können. Diesen Haftbefehl hat das Amtsgericht Augsburg erlassen. 

    Nach Informationen unserer Zeitung leidet der Festgenommene an einer psychischen Erkrankung. Wie aus Sicherheitskreisen verlautete, wurde er zwischenzeitlich im Bezirkskrankenhaus psychiatrisch behandelt.

    Was geschieht nun mit dem Mann?

    Der Iraker wurde am Mittwochabend festgenommen, teilte das Polizeipräsidium Schwaben Nord mit. Auch das Amtsgericht Augsburg bestätigt gegenüber unserer Redaktion am Freitagvormittag, dass der Ermittlungsrichter die Haft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet hatte. Daraufhin habe die Polizei den 37-Jährigen dem Ermittlungsrichter vorgeführt. Laut Innenminister Herrmann sitzt er inzwischen in Eichstätt in Abschiebehaft.

    Wie ist die Abschiebehaft geregelt?

    Das Augsburger Amtsgericht verordnete Abschiebehaft, diese ist durch das Aufenthaltsgesetzt geregelt (§58a Abschiebungsanordnung). Demnach ist es möglich, eine ausländische Person ohne vorgehende Ausweisung abzuschieben. Eine Gerichtssprecherin erklärte gegenüber dem BR am Freitag, dass es sich um ein verkürztes Verfahren handle. Die bisherigen Ermittlungen der Polizei hätten ausgereicht, um von einer Gefahr für die Sicherheit Deutschlands auszugehen. Bei der Abschiebehaft handle es sich jedoch nicht um eine übliche Vorgehensweise.

    Woher kam die Warnung zu den mutmaßlichen Anschlagsplänen in Augsburg?

    Die Hinweise auf den Mann kamen ursprünglich von einem ausländischen Nachrichtendienst. Es ist nicht das erste Mal, dass derlei Warnungen von Diensten aus dem Ausland kommen. Im Juni 2022 zum Beispiel informierte der niederländische Militärgeheimdienst MIVD den BND und andere Partnerdienste über einen geplanten Anschlag auf die Nord-Stream-Pipeline. 

    Was macht die Überwachung Terrorverdächtiger so schwierig?

    Eine große Hürde für die deutschen Sicherheitsbehörden ist, dass Absprachen und Kommunikation potenzieller Attentäter meist digital erfolgen. Auf diesem Weg lässt sich nicht ohne weiteres mitverfolgen, was womöglich geplant ist. Gegenüber unserer Redaktion erklärte der Vizepräsident des bayerischen Verfassungsschutzes, Josef Schinabeck, dass der technische und finanzielle Aufwand dafür immens sei. Das könne Deutschland allein sich nicht leisten. Darum sind die deutschen Behörden sehr stark auf die Hilfe ausländischer Dienste angewiesen.

    Welche Sicherheitsmaßnahmen gibt es auf dem Augsburger Christkindlesmarkt?

    Die Stadt Augsburg hat die Sicherheitsvorkehrungen für den Christkindlesmarkt schon vor Jahren erhöht. In diesem Jahr gilt etwa ein Messerverbot und es wurden erneut mobile Sperren errichtet, die an den Zufahrtsstraßen aufgebaut wurden um die Zugänge zu regeln und etwa einen Anschlag wie am Berliner Breitscheidplatz 2016 zu verhindern. Dort raste ein islamistischer Attentäter mit einem Lkw auf den Weihnachtsmarkt und tötete dabei 12 Menschen. Mindestens 67 weitere Besucher wurden zum Teil schwer verletzt.

    August 2024: Mutmaßlicher Islamist tötet drei Menschen in Solingen

    Zuletzt ereignete sich in Deutschland im Sommer 2024 ein Attentat, das bei vielen Ängste auslöste: Ein mutmaßlicher Islamist, dessen Abschiebung gescheitert war, tötete in Solingen (Nordrhein-Westfalen) drei Menschen mit einem Messer und verletzte acht weitere teils lebensgefährlich. Immer wieder gelingt es den Behörden zwar, mutmaßliche Anschläge zu verhindern. Dennoch macht sich bei manchen Menschen ein Gefühl der Bedrohung breit - gerade bei größeren öffentlichen Veranstaltungen. (mit dpa)

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden